In Georgien ist fast die Hälfte der arbeitenden Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig, erzielt damit aber nur neun Prozent des Volkseinkommens. Das heisst, die Bauernfamilien produzieren nicht für den Markt, sondern praktisch nur für sich selbst. Die Einkommen sind tief, abgelegene Gebiete entvölkern sich, Perspektiven für die Jungen gibt es kaum.

Joghurt aus Büffelmilch

Diese Trends will ein DEZA-Projekt in Georgien umkehren, indem es gute Geschäftsideen unterstützt, den Zugang zum Markt erschliesst, Produktivität und Einkommen erhöht und Chancen für regionale Produkte schafft. Im Fokus stehen Fleisch, Milch, Honig und Wolle. "Unsere Partner sind in erster Linie die verarbeitenden Betriebe", sagt Irène Kränzlin, in der DEZA zuständig für den Südkaukasus. Fördergelder oder Subventionen würden die schwachen Strukturen zementieren. Es gilt, ein funktionsfähiges System für die Vermarktung aufzubauen, von dem alle profitieren, von den Bauern bis zu den Konsumenten.
"Früher", so Irène Kränzlin, "haben die Bauern in Georgien die qualitativ eher schlechte Wolle ihrer Schafe einfach verbrannt. Sie haben sie für wertlos gehalten. Heute wird die Wolle nach Indien und England verkauft, um Teppiche herzustellen.» Dahinter steht eine Geschäftsidee, und dank des Projekts sind Beziehungen zwischen Produzenten, Verarbeitung, Handel und Vertrieb entstanden. Ein anderes Beispiel: Ein Geschäftsmann in Georgien bringt Joghurt aus Büffelmilch in hübschen Tontöpfchen auf den lokalen Markt. Das Projekt hat die Beteiligten zusammengebracht – vorher hat die Büffelmilch der Bauern nie einen Markt erreicht. Irène Kränzlin erinnert daran, dass die Länder im Südkaukasus Teil der Sowjetunion waren. Selbstinitiative und das Denken in Kategorien des Markts sind noch nicht sehr stark verankert.

Leben von und mit der Natur

Vom Projekt im Südkaukasus, das in der dritten Phase bis 2021 läuft, haben bisher rund 100 000 Menschen direkt und annährend eine halbe Million Menschen indirekt profitiert. Die Koordination und Finanzierung liegen bei der DEZA, die operative Umsetzung übernehmen NGOs vor Ort. Das Projekt verfolgt auch neue Ideen und Ansätze im Ökotourismus, namentlich in der Region Ajara in Georgien. Entstanden sind im Zusammenspiel von lokalen NGOs und Behörden etwa ein neuer Alpingarten, ein Handbuch über Ökotourismus für die Bauern und ein 60-minütiger Dokumentarfilm zur landschaftlich attraktiven Region. Lokaler Honig und Käse sind mittlerweile zu kulinarischen und touristischen Attraktionen in Ajara geworden.

Polen, Ungarn und RumänienDie Verknüpfung von regionaler wirtschaftlicher Tätigkeit mit Naturschutz und Biodiversität hat auch in weiteren DEZA-Projekten in strukturschwachen Regionen Polens, Ungarns und Rumäniens eine wichtige Rolle gespielt. Diese wurden im Rahmen des bisherigen Schweizer Beitrags an die erweiterte EU umgesetzt. Die Realisierung eines zweiten Schweizer Beitrags an ausgewählte EU-Staaten im Umfang von rund 1.3 Milliarden Franken verteilt auf zehn Jahre, hängt von der weiteren Entwicklung der Gesamtbeziehungen der Schweiz mit der EU ab. 

Die Verbindung von Naturschutz und ländlicher Entwicklung bildet auch den Kern eines Projekts in Bulgarien. Das Gebiet Severozapaden gilt als ärmste Region innerhalb der EU. Menschen finden hier nur schwer eine Existenz, viele suchen ihr Glück in der nahen Hauptstadt Sofia. Zugleich ist ein grosser Teil der Region ein Natura-2000-Schutzgebiet der EU mit besonders intensiver Biodiversität. "Das Projekt will Win-Win-Situationen schaffen und zeigen, wie sich mit geschützter Natur auch Geld verdienen lässt", sagt Sophie Delessert, in der DEZA zuständig für Bulgarien. Einen Ansatz dafür bildet der Verkauf von lokal und natürlich produzierten Joghurt, Käse, Honig und Eiern direkt ab Hof. Damit erzielen die Bauernfamilien bis zu dreimal höhere Einkommen.
Erst auf Initiative des Projekts haben die Behörden die rechtlichen Vorgaben für den Verkauf ab Hof und in Bezug auf Hygiene oder Kühlung geschaffen. Da die Bauernfamilien nicht alle Anschaffungen selbst finanzieren konnten, hat das Projekt sie bei diesen Investitionen unterstützt. Die regionalen Produkte stossen bei den Gästen aus Sofia bereits auf grosse Resonanz, was das benachbarte Naturparadies für Wochenendausflüge umso attraktiver macht. 

Innovatives Geben und Nehmen

Einen anderen Ansatz für die Verknüpfung von wirtschaftlicher Tätigkeit mit dem Schutz der Natur bildet ein im Projekt entwickelter, innovativer Finanzierungsmechanismus. Private Unternehmerinnen und Unternehmer der Region können in einen Fonds einzahlen, der durch eine lokale NGO geführt wird und aus dem Projekte des Ökotourismus oder zum Schutz der Natur finanziert werden. Entstanden sind zum Beispiel Wanderwege, Picknick-Plätze, ein kleines Museum zur lokalen Produktion von Teppichen, oder es ist gelungen, mit privaten Geldern geschützte Naturgebiete aufzuwerten. Solche touristischen Attraktionen haben das Potenzial, mehr Leute in die Region zu bringen. Davon profitieren wiederum die Unternehmungen, die in den Fonds einbezahlt haben.
Das Projekt in Bulgarien ist inzwischen abgeschlossen. Für Sophie Delessert ist der Paradigmenwechsel, der in den Köpfen stattgefunden hat, besonders wichtig. Die Menschen hätten erlebt, dass es möglich sei, im Sinne der Nachhaltigkeit die Natur zu schützen und gleichzeitig die lokale wirtschaftliche Entwicklung zu stärken. Auch eine externe Evaluation verteilt dem Projekt gute Noten, nicht zuletzt wegen der aktiven Mitwirkung von lokalen Organisationen der Zivilgesellschaft und des nachhaltigen Einflusses auf die Behörden.
Dieser Beitrag stammt aus dem DEZA-Magazin für Entwicklung und Zusammenarbeit Nr. 3/ September 2018. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung.

Polen, Ungarn und RumänienDie Verknüpfung von regionaler wirtschaftlicher Tätigkeit mit Naturschutz und Biodiversität hat auch in weiteren DEZA-Projekten in strukturschwachen Regionen Polens, Ungarns und Rumäniens eine wichtige Rolle gespielt. Diese wurden im Rahmen des bisherigen Schweizer Beitrags an die erweiterte EU umgesetzt. Die Realisierung eines zweiten Schweizer Beitrags an ausgewählte EU-Staaten im Umfang von rund 1.3 Milliarden Franken verteilt auf zehn Jahre, hängt von der weiteren Entwicklung der Gesamtbeziehungen der Schweiz mit der EU ab. 

Die Verbindung von Naturschutz und ländlicher Entwicklung bildet auch den Kern eines Projekts in Bulgarien. Das Gebiet Severozapaden gilt als ärmste Region innerhalb der EU. Menschen finden hier nur schwer eine Existenz, viele suchen ihr Glück in der nahen Hauptstadt Sofia. Zugleich ist ein grosser Teil der Region ein Natura-2000-Schutzgebiet der EU mit besonders intensiver Biodiversität. "Das Projekt will Win-Win-Situationen schaffen und zeigen, wie sich mit geschützter Natur auch Geld verdienen lässt", sagt Sophie Delessert, in der DEZA zuständig für Bulgarien. Einen Ansatz dafür bildet der Verkauf von lokal und natürlich produzierten Joghurt, Käse, Honig und Eiern direkt ab Hof. Damit erzielen die Bauernfamilien bis zu dreimal höhere Einkommen.
Erst auf Initiative des Projekts haben die Behörden die rechtlichen Vorgaben für den Verkauf ab Hof und in Bezug auf Hygiene oder Kühlung geschaffen. Da die Bauernfamilien nicht alle Anschaffungen selbst finanzieren konnten, hat das Projekt sie bei diesen Investitionen unterstützt. Die regionalen Produkte stossen bei den Gästen aus Sofia bereits auf grosse Resonanz, was das benachbarte Naturparadies für Wochenendausflüge umso attraktiver macht. 

Innovatives Geben und Nehmen

Einen anderen Ansatz für die Verknüpfung von wirtschaftlicher Tätigkeit mit dem Schutz der Natur bildet ein im Projekt entwickelter, innovativer Finanzierungsmechanismus. Private Unternehmerinnen und Unternehmer der Region können in einen Fonds einzahlen, der durch eine lokale NGO geführt wird und aus dem Projekte des Ökotourismus oder zum Schutz der Natur finanziert werden. Entstanden sind zum Beispiel Wanderwege, Picknick-Plätze, ein kleines Museum zur lokalen Produktion von Teppichen, oder es ist gelungen, mit privaten Geldern geschützte Naturgebiete aufzuwerten. Solche touristischen Attraktionen haben das Potenzial, mehr Leute in die Region zu bringen. Davon profitieren wiederum die Unternehmungen, die in den Fonds einbezahlt haben.
Das Projekt in Bulgarien ist inzwischen abgeschlossen. Für Sophie Delessert ist der Paradigmenwechsel, der in den Köpfen stattgefunden hat, besonders wichtig. Die Menschen hätten erlebt, dass es möglich sei, im Sinne der Nachhaltigkeit die Natur zu schützen und gleichzeitig die lokale wirtschaftliche Entwicklung zu stärken. Auch eine externe Evaluation verteilt dem Projekt gute Noten, nicht zuletzt wegen der aktiven Mitwirkung von lokalen Organisationen der Zivilgesellschaft und des nachhaltigen Einflusses auf die Behörden.
Dieser Beitrag stammt aus dem DEZA-Magazin für Entwicklung und Zusammenarbeit Nr. 3/ September 2018. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung.