Frau Roques, vergangenen September haben Accor und Interhill einen Bericht publiziert, der Interhill eine Reihe von Verstössen gegen die Forstgesetze von Sarawak nachweist. Welche Folgen wird dieser Bericht haben?
Folge dieses Berichts ist ein Massnahmenplan von Interhill, der ab Oktober 2009 umgesetzt wird und das ganze Jahr 2010 betrifft. Er umfasst 25 Massnahmen, von denen die meisten durch den Bericht angeregt wurden. Dazu zählt, dass Interhill einen Umwelt- und einen Sozialexperten einstellen wird, dass alle Interhill-Manager einen Leitfaden für verantwortliches Handeln erhalten werden und dass ein permanentes Verbindungsgremium aufgebaut wird, über das die Penan-Gemeinden im voraus über die Pläne von Interhill informiert werden. In den Holzcamps werden neue Forstkarten ausgehängt, und schliesslich soll ein Warnsystem aufgebaut werden, um sicherzustellen, dass die beschlossenen Massnahmen auch tatsächlich umgesetzt werden.

Im Massnahmenplan hat sich Interhill grosszügige Fristen zur Umsetzung der wichtigsten Massnahmen eingeräumt. Müsste Accor nicht den Druck auf Interhill verstärken, um sofortige Verbesserungen zu erzielen?
Nein. Ich denke, die beste Strategie besteht darin, den Druck auf die Qualität der Massnahmen zu richten. Es wäre sehr einfach, oberflächliche Massnahmen umzusetzen. Hingegen braucht eine grundsätzliche Änderung der Arbeitsweise einer Firma Zeit, und der aufgestellte Zeitplan scheint uns nicht einfach einzuhalten.

Ist es für Accor üblich, Einfluss auf die Arbeitsweise ihrer Geschäftspartner auszuüben?
Ja, wir haben eine Charta für nachhaltige Einkäufe, die seit 2003 bei unseren Lieferanten die Schwerpunkte von Accor in Bezug auf die Nachhaltigkeit bekannt macht. Beispielsweise serviert ein Viertel unserer Hotels weltweit Produkte aus fairem Handel. Oft berücksichtigen unsere Lieferanten den fairen Handel in ihren Offerten, um uns weiterhin beliefern zu können.

Haben Sie in anderen Ländern schon ähnliche Probleme gehabt wie mit Interhill in Malaysia?
Dies ist für uns der interessanteste Fall seit mehreren Jahren. Mit dem Pullman Interhill – Hotelprojekt in Kuching haben wir die Möglichkeit erhalten, ganz konkret das Verhalten eines Geschäftspartners zu beeinflussen, und wir sehen darin positive Rückwirkungen.

Welche Nachhaltigkeitsstandards wendet Accor auf internationaler Ebene an?
Das sogenannte Earth Guest – Programm von Accor enthält acht soziale und ökologische Schwerpunkte, namentlich den Wasser- und Energieverbrauch, das Management unserer Abfälle, die Erhaltung der Biodiversität, den Kampf gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern im Tourismus, den Kampf gegen AIDS und die lokale Entwicklung. Die vom Bruno Manser Fonds aufgeworfenen Fragen zu Interhill betreffen fast alle unsere Schwerpunkte.

Die Penan aus dem mittleren Baram beklagen sich, dass Interhill nach wie vor gegen ihren Willen den Regenwald abholzt. Wie stellt Accor sicher, dass der begonnene Prozess auch wirklich zu greifbaren Resultaten führen wird ?
Eine der wichtigsten Massnahmen im Massnahmenplan besteht im Aufbau einer Datenbank zu all diesen Fragen. Diese wird für die Umsetzung des Massnahmenplans ein zentrales Instrument sein. Auf Grund der Datenbank wird Accor in der Lage sein, von Interhill regelmässig Bericht über die erzielten Fortschritte zu verlangen. 

Welchen Nutzen werden die Penans aus der Zusammenarbeit von Accor mit Interhill ziehen ?
Die Penan werden erstmals im Zentrum einer Geschäftspolitik stehen, die sie respektiert. Diese Politik wird von beiden Unternehmen auf oberster Führungsebene verfolgt. Das heisst, dass der Präsident der Accor-Gruppe von nun an persönlich über die Existenz des Interhill-Masnahmenplans informiert ist.

Welche Nachricht möchten Sie den Penan übermitteln?
Die Verantwortlichen von Accor im Hauptsitz in Paris wissen jetzt, dass es die Penan gibt. Wir haben viel Zeit damit verbracht, zu verstehen, wo unsere Verantwortung gegenüber ihnen liegt. Wir wissen dass die Penan eine wichtige Rolle bei der Erhaltung der Biodiversität auf der Erde spielen.
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Hélène Roques (42) hat seit 2002 als Direktorin für nachhaltige Entwicklung die Nachhaltigkeitsabteilung des französischen Touristikkonzerns Accor aufgebaut. Sie studierte Ökonomie und absolvierte das Institut d’Études politiques (Sciences Po) in Paris. Ende November hat sie Accor verlassen, um unter dem Namen "Doing good doing well" ein Beratungsunternehmen für Nachhaltigkeit zu gründen. Hélène Roques lebt mit ihrem Partner und ihren zwei Kindern in Paris. 
Dieser Beitrag erschien in Tong Tana, dem Magazin des Bruno Manser Fonds, im Dezember 2009
Bild: Am 16. März 2009 besuchte eine ACCOR-Delegation den Bruno Manser Fonds in Basel. Von links nach rechts: BMF-Geschäftsleiter Lukas Straumann, Penanvertreterin Tello Abing, ACCOR-Gesandte Hélène Roques und Gilles Finchelstein (Copyright: BMF)