Faires Reisen scheint leichter gesagt als getan: Immer wieder geben viele Menschen in Befragungen an, ihren Urlaub nachhaltig gestalten zu wollen – und gestehen zugleich ein, dies selten oder nie umzusetzen. Auch bei Städtereisen ist die Versuchung gross, einfach das günstigste oder schickste Angebot zu buchen. Nina Sahdeva arbeitet bei dem Schweizer Portal fairunterwegs und erklärt, wie der nächste Städtetrip nicht nur schöne Tage, sondern auch ein gutes Gewissen bringt.

SZ: Warum sollen sich Reisende überhaupt Gedanken darüber machen, wo und wie sie während einer Städtereise wohnen?

Sahdeva: Die Idee der Sharing Economy war toll – man wird von Einheimischen willkommen geheissen und würde umgekehrt auch bei sich Gäste empfangen. Seit das vor allem bei Airbnb zum Geschäft umgebaut wurde, führten höhere Preise und Mieten bei Einheimischen aber zu verständlicher Ablehnung, zu Protesten, zu Graffitis wie „Tourist go home“. Man kann auch daran denken, wie es einem selbst in der eigenen Stadt als Einheimischer geht.

Gerade Menschen, die in einer privat vermieteten Wohnung absteigen, halten sich doch meist für besonders bewusste Reisende.

Der Wasserverbrauch und der Abfall pro Gast und Tag ist in der Regel geringer als im Hotel und der Zugang zu Recycling leichter, sagt zumindest eine im Auftrag von Airbnb verfasste Studie der Cleantech-Gruppe. Die Gäste in Airbnbs sind demnach tatsächlich umweltbewusster und fühlen sich mehr verantwortlich, im Urlaub einen guten Eindruck zu hinterlassen.

Andererseits wurden gewisse Quartiere und Gebiete bis zur Pandemie so vom Airbnb-Tourismus dominiert, dass sich die Einheimischen zu Recht kolonisiert, benachteiligt und verdrängt fühlten. Im Gegensatz zu Hotels brauchen die Vermieter ausserdem normalerweise keine Angestellten, also schafft diese neue Branche kaum Arbeitsplätze oder Steuereinnahmen und bringt dem Gemeinwohl somit wenig.

Was also tun, um gut zu reisen?

Es gibt nicht nur die grossen Portale, wenn man eine Ferienwohnung sucht. Die Plattform Fairbnb etwa wurde als Antwort auf den Overtourism gegründet. Wir haben im Netz auch einen Überblick zu nachhaltigen Buchungsportalen wie Ecobnb oder Fairhotel zusammengestellt.

Falls man trotzdem grosse Portale bevorzugt – wie kann man dort faire Angebote finden?

Eigentlich ganz einfach: die Profile der Vermieter genau anschauen und eventuell googeln. Wie viele Wohnungen bietet jemand an, wo sind diese? Wohnt der Vermieter im selben Haus oder zumindest in der selben Stadt? Vermietet er gelegentlich oder so häufig, dass es auf Zweckentfremdung hindeutet? Das ist auch erkennbar anhand der Anzahl der Bewertungen. Wie sind die Bewertungen, und wie bewertet er seine Gäste? Wie sieht ein Zimmer aus: wie ein bewohnter Raum, in dem vorübergehend für Gäste Platz geschaffen wurde, oder steril und ohne persönliche Gegenstände des Vermieters und das ganze Jahr buchbar? Wie steht es mit der Airbnb-Dichte in dem Viertel? Genau hinzuschauen und bei Zweifeln nachzufragen ist übrigens nicht nur eine Frage der Nachhaltigkeit, Reisende müssen sich doch auch um ihre persönliche Sicherheit kümmern.

Angenommen, ich schwanke schliesslich doch noch immer zwischen einem Hotel und einer Ferienwohnung, was wäre besser?

Das fair geführte Hotel schafft zusätzlich Arbeitsplätze, hat wirtschaftlich also eine noch positivere Wirkung. Das sind aber schon wieder Luxusprobleme.  

Warum fällt es überhaupt so schwer, nachhaltig zu buchen?

Wenn ich eine Stadt gewählt habe und dann auf einer Karte Unterkünfte suche, den Nadeln folge, nur noch die Preise und Bilder vergleiche, bleibe ich letztlich passiv. Aktiv zu suchen, bedeutet dagegen auch zu fragen: Entspricht das meinen Ansprüchen an Nachhaltigkeit, an Fairness? Also ein stärkeres Einbeziehen der eigenen Werte in die Urlaubsplanung. Bevor man bucht, sollte man sich zwischendurch vor Augen halten, was einem auch sonst im Leben wichtig ist. Und falls nötig, eben noch einmal weitersuchen. So kann jede und jeder einen Unterschied machen – egal, ob das am Ende in eine fair vermietete Wohnung führt oder in ein Boutique-Hotel oder in eine familiengeführte Pension.

Mit Verzicht hat all das also nichts zu tun?

Wir sagen immer, wir sollten lernen, Genuss mit Fairness zu verbinden.

Gut gebucht, alles gut?

Ein guter Anfang, aber am Urlaubsort gibt es natürlich auch noch viele weitere Möglichkeiten: Machen Sie alternative Stadtführungen von Einheimischen mit, essen und kaufen Sie in kleinen Lokalen und Läden. Bleiben Sie beim Fotografieren und Posten bei sozialen Medien respektvoll, verzichten Sie zur Vermeidung von Flash- Overtourism aufs Geotaggen. Lassen Sie keinen Müll liegen und nerven Sie die Nachbarn nicht. Seien Sie ein angenehmer Gast!