Die zwei schlimmsten Branchen für die Ausbeutung von Frauen und Männern ist in Neuseeland der Gartenbau und die Hotellerie. Und von der Ausbeutung hauptsächlich betroffen sind Menschen, die zugewandert sind. Das sind die Erkenntnisse von Christina Stringer, Forscherin an der Universität in Auckland Business School: "Sie werden in Neuseeland wie moderne Sklaven behandelt!", so Stringer. Für ihre Studie führte sie 105 Interviews mit MigrantInnen und erfuhr über verschiedenste Formen von Ausbeutung und Misshandlung: Die einen werden gar nie bezahlt, andere dürfen keine Pause machen und nicht einmal zur Toilette. Pässe werden konfisziert, viele berichteten von Drohungen, Misshandlungen und entwürdigender Behandlung. Anstellungen ohne Verträge sind häufig, oft wird den ArbeiterInnen übermässig viel vom Lohn abgezogen für Unterkünfte. "Im Hospitality-Sektor erhalten viele nur einen Teil der Stunden bezahlt, die sie arbeiten. Eine Person berichtete von einer 90-Stunden-Woche, während sie nur für 45 Stunden bezahlt wurde. Einige erhalten gerade mal 4 Dollar pro Stunde." Stringer plädiert dafür, dass in Neuseeland ein Gesetz gegen moderne Sklaverei erlassen wird, so wie in England vor zwei Jahren.

England führt einmal mehr den Abolitionismus an

Schon im 19. Jahrhundert waren es die Briten, welche den Abolitionismus anführten, die Bewegung zur Abschaffung der Sklaverei. Das Gesetz gegen moderne Sklaverei, das 2015 vom britischen Parlament erlassen wurde, enthält nebst der Definition neuer Delikte, Zuständigkeiten und Sanktionen auch die sogenannten "Transparency in Supply Chain Provisions" – die Vorkehrungen zur Transparenz in den Zulieferketten. Diese zielen direkt auf die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht von international tätigen Unternehmen ab. Firmen mit einem jährlichen Umsatz ab 36 Millionen britischen Pfund müssen offenlegen, welche Schritte sie unternommen haben, um Sklaverei und Menschenhandel zu verhindern, und zwar überall dort, wo sie geschäftlich verbunden sind, also über die ganze Wertschöpfungskette.

Shiva-Hotelgruppe lanciert Anti-Sklaverei Programm

Dieses Gesetz hat einiges in Bewegung gebracht. Im Sommer hat die Hotelgruppe Shiva ein Anti-Sklaverei-Programm lanciert. Gäste und Angestellte werden auf das Thema sexueller oder Arbeits-Ausbeutung aufmerksam gemacht. 400 Angestellte erhalten eine Weiterbildung, bei der sie lernen, Zeichen für Übergriffe zu erkennen. Sie sollen aufmerken, wenn zum Beispiel Gäste verbergen, wer sie sind oder unübliche Wiederholungsbuchungen in bar vornehmen. Sie sollen auch ein Auge auf Anzeichen von Ausbeutung bei Zulieferern haben, etwa die Wäscherei oder die Busfahrer. "Wir haben schnell gemerkt, dass es kaum spezifische Daten für den Bereich Hotellerie gibt und der einzige Weg, Daten zu erhalten, darin besteht, Fälle zu erkennen – weshalb wir unsere Angestellten weiterbilden. Wir stecken in der Zwickmühle", kommentierte Nishma Jethwa der Shiva Stiftung, die das Projekt koordiniert. "Je mehr Berichte wir erhalten, desto besser, denn es zeigt, dass die Weiterbildung wirkt."

Die moderne Sklaverei in Zahlen

In regelmässigen Abständen werden Schätzungen publiziert über die globale Anzahl Menschen, die versklavt sind. In den jüngsten Berichten gehen die internationale Arbeitsorganisation, die Internationale Organisation für Migration und die Walk Free Foundation von 40,3 Millionen Sklaven aus, davon 71 Prozent Frauen und 25 Prozent Kinder. Die Arbeitsorganisation ILO veröffentlichte auch neuste Zahlen zur Kinderarbeit. Sie schätzt, dass 156 Millionen Kinder oder jedes zehnte Kind weltweit von Kinderarbeit betroffen ist, wovon 64 Prozent Mädchen sind.  Die genaue Zahl der Sklavinnen und Kinderarbeiter, die im Tourismus beschäftigt sind, ist unbekannt. Schätzungen zufolge arbeiten 115’000 Opfer von Menschenhandel im Hospitality-Sektor in Europa. Von ihnen werden 93’500 sexuell ausgebeutet, während fast 7’000 als moderne Arbeitssklaven ausgebeutet werden.
Immer wieder wurde in den Medien von Fällen von Sklaverei in Hotels berichtet. So etwa von Abul Kamal Azad aus Bangladesh, der über ein Jahr als Sklave in einem abgelegenen schottischen Hotel schuftete. Er war in der Meinung nach England gereist, er habe eine Anstellung als Chef de Cuisine in einem Hotel in London. Das Anti-Sklaverei-Programm der Shiva-Hotelgruppe möchte auch Fälle moderner Sklaverei bei ausgelagerten Tätigkeiten aufdecken. In Spanien arbeiten etwa 100’000 RaumpflegerInnen zu miesesten Löhnen und Arbeitsbedingungen. Las Kellys, eine Gruppe, die in den Medien auf sich aufmerksam machte, erklärte, ihre Löhne seien um 40 Prozent gesunken und die Arbeitsbelastung gestiegen nach Reformen des Arbeitsgesetzes, die den Hotels erlauben, Arbeiten an Firmen auszulagern, die weniger bezahlen.