Die wahren Kosten des Safaritourismus
Das Volk der Massai in Tansania sieht sich durch die tansanische Regierung sowie einige der im Land tätigen Safariunternehmen schrecklichen Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Dazu gehören Einschüchterung, gewaltsame Vertreibung, Verhaftungen, Schläge und Hungersnot, berichtet das Oakland Institute in seinem jüngsten Bericht.
"Loosing the Serengeti. The Maasai Land that was to run forever" enthüllt besonders die verheerenden Auswirkungen zweier ausländischer Unternehmen auf Leben und Lebensgrundlagen der Massai DorfbewohnerInnen der Region Loliondo im Ngorongoro District: Die Tansania Conservation Lt. (TCL), die von den Besitzern des Bostoner High-End Safari-Ausstatters Thomson Safaris betrieben wird; und die Ortello Business Corporation (OBC) aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), die Jagdausflüge für die königliche Familie des Landes und ihre Gäste organisiert.
Laut lokalen Dorfbewohnern hat TCL ihr Leben unmöglich gemacht, indem sie ihnen den Zugang zu Wasser und Land verweigert und mit lokalen Polizisten zusammengearbeitet hat, die die Massai geschlagen und verhaftet haben. Gleichzeitig hatte die OBC während 25 Jahre lang eine exklusive Jagdlizenz. Während dieser Zeit gab es mehrere gewaltsame Vertreibungen der Massai, viele Häuser wurden verbrannt und Tausende seltener Tiere wurden getötet. Obwohl das tansanische Ministerium für natürliche Ressourcen im vergangenen Jahr die Lizenz der OBC gekündigt hat, ist die OBC weiterhin in der Region aktiv, während die Dorfbewohner in Angst leben.
Der Bericht "Loosing the Serengeti. The Maasai Land that was to run forever" (Die Serengeti verlieren: Das Massai-Land, das für immer bestehen sollte), basiert auf Feldforschung, nie öffentlich gesehenen Dokumenten und einer gründlichen Untersuchung der Landgesetze Tansanias. Dieser Bericht ist der erste, der die Komplizenschaft zwischen tansanischen Regierungsbeamten und ausländischen Unternehmen aufdeckt, die die Massai über Umweltschutzgesetze enteignen, sie in immer kleinere Gebiete treiben und eine erdrückende Karte der Eingrenzung schaffen.
"Während der Tourismus zu einem der am schnellsten wachsenden Sektoren in der tansanischen Wirtschaft wird, zerstören Safari- und Wildparkprojekte das Leben und die Lebensgrundlagen der Massai", sagt Anuradha Mittal, Leiterin der unabhängigen Umweltforschungseinrichtung Oakland Institute in Oakland (USA) und Autorin des Berichts. "Aber es geht nicht nur um ein bestimmtes Unternehmen – es ist eine Realität, die indigenen Gemeinschaften auf der ganzen Welt nur allzu vertraut ist. In allzu vielen Orten, Regierungen, Unternehmen und sogar grosse Naturschutzgruppen machen im Namen des Naturschutzes gemeinsame Sache, um die Indigenen von ihrem Land zu zwingen und gar um ihre Existenz zu bringen."
Ab den 1950er Jahren verdrängte eine Reihe von "Naturschutz"-Gesetzen in Nord-Tansania die Massai von ihrem traditionellen Land. Später schränkten zusätzliche Erlasse ihre Rechte auf das Weiden von Rindern und den Anbau von Nahrung weiter ein, was zu verbreiteten Hungersnöten führte. Der Bericht bringt Belege aus einigen der am stärksten betroffenen Dörfer.
"Die tansanische Regierung behauptet, diese Gesetze seien geschaffen worden, um Ökosysteme zu erhalten und zu schützen, aber dann biegt sie dieselben Gesetze und ermöglicht es Unternehmen wie der OBC, eine private Landebahn auf demselben Land zu bauen", sagt Elizabeth Fraser, Co-Autorin des Bericht. "Das ist kein Naturschutz – es ist die völlige Verheerung und Zerstörung des Lebens der einheimischen Umweltschützer des Landes."
"Loosing the Serengeti" wirft aber nicht nur ein Licht auf die Notlage der Massai, sondern zeigt auch Lösungswege auf. Dazu gehören rechtliche und politische Abhilfemassnahmen sowie lokale Basis-Innovationen wie z. B. Bescheinigungen für das Gewohnheitsrecht (CCRO) zur Landnutzung – ein neues Modell von Landtiteln. Gemeinden erhalten so ihr unteilbares Recht über ihr angestammtes Land verbürgt und können es mit Statuten und Managementplänen verwalten.
Den Bericht gib es hier zum Download