ECPAT-Kampagne: «Nicht wegsehen – www.stopchildsextourism.ch»
Dabei erhält die Fachstelle starke Unterstützung. So stellte sich im November letzten Jahres erstmals das Staatssekretariat für Wirtschaft, SECO im Rahmen einer grossen Presskonferenz zur Lancierung der Kampagne öffentlich hinter das Anliegen. Gleiches taten das Bundesamt für Polizei (fedpol) und namhafte Tourismusakteure wie Kuoni, Globetrotter und der Schweizerische Reisebüroverband. Deren Engagement auf dem Sektor der Prävention von sexueller Ausbeutung von Kindern im Tourismus ist nicht neu. Seit Jahren unterstützt das SECO im Rahmen seiner Aktivitäten zur Nachhaltigkeit im Tourismus die Einführung des "Tourism Child Protection-Code", eines Verhaltenskodex für Reise- und Tourismusakteure zum Schutz der Kindern vor sexueller Ausbeutung im Tourismus". Die Hotelplan Group, Kuoni Travel Holding, Accor Hospitality Switzerland, Globetrotter Travel Services, TUI und der Schweizerische Reisebüro-Verband sind Unterzeichnende des Code, die aktiv Massnahmen in ihren Unternehmen umsetzen.
Neu aber ist das klare Ja zum Schulterschluss, oder, wie es Eric Scheidegger, stellvertretender Direktor des SECO an der Pressekonferenz formulierte "Mit dieser Unterstützung geben wir über die Grenzen hinweg dem politischen und wirtschaftlichen Willen Ausdruck, dass alle Kinder und Jugendlichen in der Welt die Möglichkeit erhalten sollen, ein würdevolles Leben zu führen". Neu ist auch, dass das bereits vor zwei Jahren vom Bundesamt für Polizei und ECPAT Switzerland entwickelte, weltweit einzige behördengestützte Onlineformular, mit dem global Meldungen über Verdachtsfälle von Kindersextourismus getätigt werden können, mittlerweile internationale Anerkennung erlangte und nun in der Öffentlichkeit als wirksames Instrument explizit beworben werden soll.
Zeit für Kampagne ist reif
Warum erst jetzt dieser breite Gang an die Öffentlichkeit, mag man sich fragen. "Couragierte und engagierte Reisende, die nicht wegsehen, sondern Meldung machen, wenn Ihnen das Verhalten von Erwachsenen gegenüber Kindern aus den Ferienländern sonderbar vorkommt, sind für uns äusserst wichtig. Das Meldeformular musste sich erst bewähren. Jetzt sind wir sicher, ein gutes Instrument anbieten zu können", erläutert Ronja Tschümperlin, Leiterin der Fachstelle ECPAT Switzerland. Bereits im ersten Bestehensjahr gingen zwölf Meldungen aus verschiedenen Ländern ein. Klingt wenig, ist jedoch viel, bedenkt man die extrem hohe Dunkelziffer an Taten von sexueller Ausbeutung an Kindern und den Fakt, dass besonders der Beweis für solche Taten sehr schwer zu führen ist. Gemäss Schätzungen geht man von 2 Millionen Kindern aus, die ins Sexgewerbe gezwungen werden. Für die kriminellen Netzwerke dahinter ist dies ein lukratives Geschäft, das Minderjährige zu lebenslangen Opfern macht.
Umfragen, welche in den letzten beiden Jahren im Auftrag von ECPAT Switzerland durchgeführt wurden, zeigten zudem, dass eine Mehrheit der Schweizer Reisenden sehr sensibilisiert auf das Thema sind, mehr Information zur "Prävention von Kindersextourismus" und mehr Handlungsmöglichkeiten wünschten, dass aber das Meldeformular und dessen Handhabung noch weitgehend unbekannt waren. "Deshalb haben wir nun entschieden, eine grosse Kommunikationsoffensive zu starten, um dem Wunsch der Reisenden nachzukommen und so hoffentlich mehr Meldungen über www.stopchildsextourism.ch" zu bekommen, so Tschümperlin. Wolle man alle Minderjährigen wirklich vor Kindersextourismus schützen wollen, brauche es das Engagement der Politik, der Tourismuswirtschaft, der Strafverfolgungsbehörden, der Kinderschutzorganisationen und besonders auch jenes der Reisenden, um gemeinsam am Netz zum Schutz der Kinder und Jugendlichen zu knüpfen, betont die Fachstellenleiterin und Juristin.
Die Kampagne
Herz der Kampagne ist die Website www.stopchildsextourism.ch. Dort findet sich nicht nur der Link zum Meldeformular, sondern auch der Videospot "Nicht wegsehen!", den die Kampagnenpartner weit verbreiten wollen. Deshalb steht der Spot auch im Downloadbereich zur Verfügung – herunterladen und verschicken gewollt! Auch auf facebook und Twitter ist die Kampagne präsent und hofft auf möglichst grosse Verbreitung und Unterstützung. Auf www.kinderschutz.ch gibt es zudem zahlreiche Informationen zur Fachstelle und ihren Themen. Auch in Österreich und Deutschland wurden zeitgleich von Politik, Tourismuswirtschaft und NGOs getragene Kampagnen gestartet – ein trilaterales Engagement zum Schutz von Kindern in Urlaubsländern, wie es bisher noch nicht da war.
Ganz aktuell
Vom 27.-30. Janaur 2011 wird ECPAT Switzerland auf der FESPO in Zürich mit ihrem Stand 6.011b in Halle 6 zu finden sein, ebenso auf der Basler Ferienmesse vom 4.-6. Februar 2011 in Halle 3, Stand F14. Dort wird das Fachstellen-Team Reisenden alle Fragen gerne beantworten. "Wir wissen, dass es nicht einfach ist, in diesem Bereich Zivilcourage zu zeigen, aber wir setzen auf die Schweizer Reisenden", sagt Tschümperlin.
Der E-Learning- Kurs für Interessierte
Für alle, die sich mit dem Thema "Prävention von Kindersextourimus" auf einem Einstiegslevel beschäftigen möchten, gibt es ganz neu einen mehrsprachigen E-Learning-Kurs, den man in knapp einer halben Stunde durchlaufen kann. Dieser wurde von ECPAT Deutschland in Zusammenarbeit mit der Tourismusbranche erarbeitet und lohnt sich! Am Ende gibt es sogar ein Zertifikat.
Weitere Informationen:www.stopchildsextourism.ch; www.childprotection-tourism.org; www.kinderschutz.ch
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Das müssen Sie zum Meldeformular wissen
Wovon sprechen wir?
Sex mit Kindern ist ein Geschäft, das jährlich Milliarden von Dollar in die Kassen krimineller Netzwerke spült. Über 2 Millionen Kindern sind gemäss Schätzungen betroffen. Die Täter sind nicht primär Pädophile, es sind unterschiedlichste Personen, welche die Anonymität des Ferienortes nutzen, um Gelegenheiten zu ergreifen, die ihre Fantasie anregen. Die sexuelle Ausbeutung von Minderjährigen ist weltweit strafbar und macht Kinder zu lebenslangen Opfern.
Was will das Meldeformular von mir wissen?
Das Meldeformular ist ein Behördenformular. Es fragt Ihre Personalien ab, um zu vermeiden, dass unter dem Deckmantel der Anonymität falsche Angaben gemacht werden und so Missbrauch betrieben wird. Danach folgen sechs Fragen zu Ihren Beobachtungen. Sie müssen dabei nur ausfüllen, was Sie beantworten können. Die übrigen Felder bleiben leer. Auch schon ein kleiner Hinweis kann zum Schutz der Kinder beitragen.
Was passiert, nachdem ich das Formular genutzt habe?
Experten des Bundesamtes für Polizei (fedpo)l unterziehen die Meldungen einer ersten sorgfältigen Auswertung. Informationen, welche als sachdienlich erachtet werden, gehen über die Bundeskriminalpolizei an die zuständigen kantonalen Polizeistellen oder – bei internationalen Fällen – an Interpol und Europol. Diese Stellen leiten anschliessend weitere nötige Schritte ein. Es besteht die Möglichkeit, dass Sie für Nachfragen von der zuständigen Justizbehörde kontaktiert werden.
Sind meine Daten sicher?
Ihre Angaben werden selbstverständlich vertraulich behandelt.
Kann ich mit meiner Meldung Unschuldige anschwärzen?
Wir hoffen, dass Sie nicht wegschauen, wenn Ihnen das Verhalten Erwachsener gegenüber einheimischen Kindern mehrmals seltsam erscheint oder Unwohlsein bereitet. Bitte zeigen Sie Zivilcourage und nutzen Sie das mehrsprachige Online-Formular www.stopchildsextourism.ch. Die Fachpersonen der Strafverfolgung sind geschult in der Einordnung von Verdachtsmeldungen und werden nur dann aktiv, wenn die Hinweise vor etlichen Rahmenbedingungen fundiert und rechtlich relevant erscheinen.
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