Zwei Millionen Menschen leben im Gazastreifen auf engstem Raum. Rund 5’000 Personen teilen sich hier einen Quadratkilometer – fast dreissig Mal mehr als in der Schweiz. Hinzu kommt ein überlastetes Gesundheitssystem, eine am Boden liegende Wirtschaft und eine Perspektivlosigkeit, die weltweit ihresgleichen sucht.

Für kleine Lichtblicke in diesem misslichen Alltag sorgt seit 1991 die Culture and Free Thought Association CFTA. Was einst als private Initiative von fünf Frauen begann, gilt heute als eine der am besten vernetzten und international angesehensten NGOs im Gazastreifen. Bei der Gründung zur Zeit der ersten Intifada ging es vor allem darum, Kindern und Frauen in der Stadt Khan Younis, im südlichen Teil des Gazastreifens, einen sicheren Rück z ugsort zu bieten. Damals wurde das erste Gemeinschaftszentrum Al Shruq Wal Amal (Sonnenaufgang und Hoffnung) mit einfachsten Mitteln eröffnet. Heute wird in
fünf Zentren gespielt, gelernt, gepflegt und vieles mehr. "Die Organisation hat sich in diesen Jahren enorm weiterentwickelt", sagt Jaser Abu Mousa, Mitarbeiter der DEZA im Gazastreifen. "Einen nicht unwesentlichen Anteil daran hat auch das langfristige Engagement der Schweiz."

Säkular und basisorientiert

Diese unterstützt die CFTA seit 1999 indirekt und seit 2003 direkt mittels finanziellen Zuschüssen (insgesamt 5.2 Millionen Franken). Die Kosten der aktuellen Phase, die von Anfang 2016 bis Ende 2018 dauert, betragen rund 1.2 Millionen Franken. Ermöglicht wurde mit diesen Geldern die kontinuierliche und bedürfnisorientierte Weiterentwicklung des Angebots für vulnerable Gruppen. Heute gehört dazu das Aktivieren von Gemeinschaften, die Entwicklung von Kindern, die Ermächtigung von Frauen, sowie Initiativen für das gemeinnützige Engagement von Jugendlichen oder verschiedenste kulturelle Aktivitäten wie künstlerische Werkstätte, Theater oder Sommerlager. In einem Gesundheitszentrum werden zudem spezifisch Dienstleistungen und Beratungen für Frauen angeboten. Ab 2012 konnte CFTA dank Unterstützung der Schweiz eine organisatorische Reform und eine Kompetenzerweiterung durchführen, die aufgrund des Wachstums der Organisation nötig geworden waren.

Ein externer Bericht von 2015 kommt zum Schluss, dass CFTA ein "ausgezeichnetes Beispiel einer Basisorganisation mit Wurzeln in der Gemeinschaft» sei. In den vergangenen Jahren hat die Organisation mit ihren Angeboten jeweils fast 20’000 Personen erreicht. Die Begünstigten sind dabei in erster Linie Kinder, Jugendliche und Frauen, mit einem besonderen Fokus auf marginalisierte und unterprivilegierte Gruppen. Was die Institution zudem besonders macht, ist ihre Positionierung als unabhängige und säkulare NGO in einem politisch sowie religiös stark aufgeladenen Umfeld. Aufgrund der Perspektivlosigkeit besteht gerade bei jungen Menschen im Gazastreifen – drei Viertel ist jünger als 25 Jahre – ein erhöhtes Risiko der Radikalisierung. Dass Projekte wie die CFTA dem entgegenwirken, ist einer der Gründe dafür, dass die Schweiz die Organisation unterstützt.

Die Lage bleibt schwierig

Doch aller Errungenschaften zum Trotz sind die Probleme nicht weniger geworden. Als NGO in Gaza zu operieren, sei schwer, sagt Jaser Abu Mousa – besonders wenn man sich unparteiisch positionieren wolle. Neben den politischen Bedingungen würde die Arbeit aber auch durch eine veraltete öffentliche Infrastruktur sowie die mangelhafte Strom- und Wasserversorgung erschwert. Zudem sei die Organisation chronisch unterbesetzt – die grosse Anzahl der Menschen, die Unterstützung benötigen, könnten von den rund 70 Mitarbeitenden und den vielen Freiwilligen kaum bewältigt werden.

Erschwerend komme hinzu, dass Geldzuflüsse in den Gazastreifen seit 2017 grundsätzlich weniger geworden seien. "Ohne Beitrag der Schweiz wäre CFTA in einer misslichen Lage", so Jaser Abu Mousa. Ende 2018 läuft die aktuelle Unterstützungsphase durch die DEZA aus. Für die nächste Phase wurde bereits ein neuer Kredit beantragt. In diesem Rahmen soll die CFTA ihr Wissen und ihre Dienstleistungen mit noch mehr Menschen und Organisationen teilen.

Die Lösung ist politisch

Dass allerdings auch das erfolgreichste Programm die grundlegenden Probleme im Gazastreifen nicht lösen kann, weiss Jaser Abu Mousa nur allzu gut. Zwar seien die Jungen generell gut ausgebildet, aber es fehle an Jobs und an langfristigen Perspektiven. Die private Wirtschaft liegt am Boden, die Arbeitslosigkeit ist auf weit über 40 Prozent gestiegen und mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Gaza lebt unter der Armutsgrenze.

"Was wir hier erleben, ist eine von Men-schen gemachte Krise", sagt Jaser Abu Mousa. "Nur eine ständige Öffnung der Grenzen für Menschen, Waren und Dienstleistungen könnte die wirtschaftliche Lage in Gaza nachhaltig verbessern." Weil solche Massnahmen aber ausserhalb der Möglichkeiten der Entwicklungszusammenarbeit liegen, müsse man sich mit der gegenwärtigen Lage arrangieren. Bis die Politik Lösungen finde, so der DEZA-Mitarbeiter, seien Projekte wie das CFTA ein kleiner Hoffnungsschimmer für die Menschen.