Ein Report des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie: Fair Future
„Es wäre nicht erstaunlich, wenn künftige Historiker auf die Fair-Trade-Bewegung als auf ein Laboratorium für die Neugestaltung der Weltökonomie zurückblickten. In einer Nische werden da Prinzipien ausprobiert, die eines Tages zu Bausteinen einer zukunftsfähigen Welthandelsordnung werden können.“ Eine der vielen Erkenntnisse des renommierten Wuppertaler Instituts, das seit Jahren wegweisend für eine nachhaltige Zukunft arbeitet und nun unter der Leitung von Wolfgang Sachs und Tilman Santarius Untersuchungen von Fachleuten zu verschiedenen Aspekten der globalen Ressourcengerechtigkeit zusammenfasst. Leitmotiv der neuen Publikation Fair Future ist die Gerechtigkeit vor dem Hintergrund der heutigen Umweltbelastungen, der Verschmutzung, des Verschleisses an kostbaren, begrenzten Ressourcen und der Machtverhältnisse in der globalisierten Welt. Gerechtigkeit war, so halten die Autoren fest, eine Sache für „Gutmenschen“, solange einseitige Abhängigkeiten auf der Welt vorherrschten. Da hatten die Mächtigen vor Ungerechtigkeit nichts zu befürchten. Anders in den heutigen Zeiten der Globalisierung: „Seit hingegen wechselseitige Abhängigkeiten an der Tagesordnung sind, ist Gerechtigkeit zu einer Sache für Realisten geworden. Denn auch die Mächtigen werden – wie der Angriff auf das World Trade Center unübersehbar zeigt – von den Leidensfolgen ihrer fernen Taten heimgesucht.“ Allzu lange hat die „Öko-Bewegung“ die soziale Frage vernachlässigt. Doch, so die Wuppertaler, ist Ökologie nicht ohne Gerechtigkeit und, umgekehrt, Gerechtigkeit nicht ohne Ökologie zu haben. In sieben Kapiteln nehmen sie eine Bestandesaufnahme vor, die nicht nur aktuelle Fakten zu Klima, Biodiversität, Wasser, Energie, Öl, Land und Landwirtschaft liefert, sondern auch den Begriff Globalisierung, die Aneignung der Mächtigen von Ressourcen und Reichtum sowie die unfairen Welthandelsmechanismen auf den Punkt bringt. Sie benennen ganz differenziert, handfest dokumentiert mit Fakten, wer in welchem Masse heute wieviel Ressourcen konsumiert und auf wessen Kosten dies geht. Dabei führt der Graben längst nicht mehr entlang der traditionellen Aufteilung zwischen Nord und Süd: Zur „Triade der Allesfresser“, Nordamerika, Europa und Japan, gesellen sich die aufkommenden Eliten in den Schwellen- und Entwicklungsländern, während sich im reichen Norden die Schere zwischen arm und reich öffnet. Und sie zeigen, was dies heisst für die seit der Umweltkonferenz von Rio 1992 vielbeschworene gemeinsame, geteilte Verantwortung für die Nachhaltigkeit, wie ein fairer Austausch aussehen müsste und was dies für KonsumentInnen, für die Privatwirtschaft und die Politik, insbesondere in der EU, bedeutet. Es fällt – zugegeben – nicht ganz leicht, die vielfältigen Einsichten aus Fair Future in eine Besprechung zu fassen. Denn konzeptuell kreist die Publikation verschiedene Themenkreise so ein, dass Wichtiges aus immer wieder unterschiedlichen Blickwinkeln verschiedentlich wiederholt wird. Nun – wir glauben in diesem Falle durchaus an das pädagogische Konzept, dass mehrfach wiederholt – umso eingängiger wird. Und werden viel aus dem Buch zitieren, sind doch die Aussagen so prägnant und klar und dazu auch gleich überzeugend mit den einschlägigen Fakten untermauert.
Verlag C. H. Beck, München 2005, 278 Seiten, SFr.34.90 /€ 19.90, ISBN 3-406-52788-4