Welche Hauptziele hat NAFSO?

Herman Kumara: Unsere Schwerpunkte sind der Schutz natürlicher Ressourcen, die Gleichberechtigung von Mann und Frau, die Harmonie zwischen den ethnischen und religiösen Gruppen und die ökonomische und soziale Entwicklung der Gemeinschaften. Zudem wollen wir nachhaltig den Friedensprozess im Land fördern.

Weshalb ist eine Interessensvertretung von Fischern wichtig?

Fischer werden in Sri Lanka vernachlässigt und ihre Rechte ernsthaft verletzt. So ist zum Beispiel die ungenügende Mitsprache ein grosses Thema. Um zu erreichen, dass Fischer in der Öffentlichkeit eine Stimme erhalten, müssen die Betroffenen informiert, über ihre Rechte aufgeklärt, organisiert und mobilisiert werden. Alles Gründe, warum wir NAFSO gegründet haben.

Wie sieht Ihre tägliche Arbeit aus?

Die 17 Organisationen unseres Netzwerks befinden sich in 14 Landkreisen. Diese Organisationen arbeiten direkt mit der lokalen Bevölkerung, sowohl zu ökonomischen Themen, Umweltthemen und Menschenrechtsthemen. Wir treffen uns alle einmal im Monat. Ein grosser Teil meiner Arbeit sind daher Koordinations- und Strategieaufgaben.

Im Jahr 2012 wurden Sie bedroht und Opfer einer Schmierkampagne. Was hatte dies für Folgen?

2012 erhöhte die Regierung von einem Tag auf den anderen die Preise für Benzin und Kerosin um 50 Prozent. Damals gab es spontane Protestaktionen der betroffenen Fischer, eine Benzinerhöhung wirkt sich ganz direkt auf ihre ohnehin schon kleinen Einkommen aus. Die Regierung reagierte auf diese Kundgebungen äusserst brutal, ein Fischer kam dabei ums Leben. Nachfolgend machte der damalige Fischereiminister mich und NAFSO für die Krawalle verantwortlich. Ich wurde angegriffen und musste mich aus Sicherheitsgründen verstecken. Auch viele meiner NAFSO-Kollegen wurden bedroht, diese Situation führte zu grossen Spannungen innerhalb der Organisation.

Seit Januar 2015 ist in Sri Lanke eine neue Regeirung an der Macht. Wie beurteilen Sie die momentane Situation?

Die neue Regierung ist liberaler und demokratischer. Jedoch folgt sie der neoliberalen Politikagenda des früheren Machtinhabers Mahinda Rajapaksa. Ökonomische und kulturelle Rechte werden den Fischern deshalb immer noch verweigert. Doch wenigstens ist das Recht auf Organisations- und Meinungsfreiheit nun nicht mehr so stark eingeschränkt wie früher. Und wir können endlich mit der Regierung kommunizieren. Zumindest mit einigen Vertretern.

Wie ist die aktuelle IDP-Situation in Sri Lanka?

Auch nach Kriegsende leben heute auf der Jaffna-Halbinsel immer noch mehr als 30’000 Personen in Flüchtlingslagern für Binnenvertriebene, sogenannten IDP-Camps. Diese Menschen leben am Rande der Gesellschaft. Und dies zum Teil seit 25 Jahren! Sie sollten in Entwicklungsprozesse integriert werden und haben das Recht auf ein menschenwürdiges Leben. Und sie haben das Recht in ihre Heimatorte zurückkehren zu dürfen. Wir verlangen von der Regierung, dass sie ihnen sowohl Häuser und Wasser wie auch die nötige Ausstattung für ihre Existenzgrundlage, zum Beispiel Fischernetze, bereitstellt. Auch die Problematik der Kriegswitwen ist in Sri Lanka ein grosses Problem. 89 000 Frauen haben während des Krieges ihre Männer verloren. Sie haben kein Einkommen und brauchen Unterstützung. Es gibt einige Organisationen, wie die unsere, welche mit diesen Frauen und den IDPs arbeiten und die nach Lösungen für eine Versöhnung zwischen den tamilischen und singhalesischen Gemeinschaften suchen. Diese Bemühungen müssen gefördert und unterstützt werden. Wenn diese schrecklichen Umstände nicht geändert werden, besteht das Risiko, dass ein neuer Krieg ausbrechen könnte.

Was kann man als TouristIn tun, um die Situation in Sri Lanka zu verbessern?

Unbedingt Hotels, die das Militär führt, meiden! Die lokale Bevölkerung sollte vom Tourismus profitieren können und der Gewinn aus den touristischen Aktivitäten des Militärs muss minimalisiert werden.