Kopenhagen (© Anna Kodek)

Schlaftrunken rieb ich mir die Augen und blickte aus dem Fenster des Nightjets, während meine 16-jährige Tochter noch schlummerte. Es war bereits hell, ich ging in den Flur und sah Orte mit den typisch roten Häusern aus Backstein, Wiesen und Felder an mir vorbeiziehen. Ich streckte meine Glieder, frühstückte, und schneller als gedacht fuhren wir in Hamburg ein.

Unser heutiges Tagesziel: Kopenhagen. Eine grosszügige Umsteigezeit erlaubte es uns zur Aussen – und Binnenalster und über das Rathaus zurück zum Bahnhof zu gehen. Das Gepäck blieb währenddessen sicher verstaut in der Gepäcksaufbewahrung.

Die innere Vorfreude steigerte sich zum Höhepunkt, als der Zug über eine Brücke auf die Insel Seeland fuhr und die Weite der Ostsee sich auf beiden Seiten der Fenster zeigte.

Im «Venedig des Nordes» angekommen, blieb uns nachmittags genug Zeit erste Eindrücke bei einem Stadtbummel zu sammeln.

Am nächsten Tag ging es vom Bahnhof Kopenhagen mit dem Busunternehmen «Bornholmerbussen» mit nur einem Stopp in das schwedische Ystad und dort per Fähre zur grössten Stadt der Insel, nach Rønne. Praktisch, wenn das Bus- und Fährenticket aufeinander abgestimmt ist, und als ein Ticket buchbar ist.

Nicolai Kirche (© Anna Kodek)

Bornholm – ein Paradies für Radler*innen

Auf der Fähre begrüsste uns von weitem die Kirche Sankt Nicolai, das mit Abstand höchste Gebäude in Rønne. Angekommen, war es ein kurzer Spaziergang zum Radverleih. Die Insel eignet sich aufgrund eines ausgezeichneten Radwegenetzes und der vielen kleinen Nebenstrassen hervorragend zum Radfahren. Dank eines Gepäckservices radelten wir mit E-Bike für den Teenager und klassischem 7-Gang Fahrrad für mich locker in den Tag hinein.

Aufgrund des Windes, der bescheidenen Gangzahl und der hügeligen, von Granit und Gneis geprägten Landschaft im Inselnorden, wurde mir beim Treten immer schnell warm, während meine Tochter sich den Pullover an- statt auszog. Im Süden wurde die Insel flacher, aber nicht weniger windig.

Der Westen – unvergessliche Sonnenuntergänge

In Hasle begrüsste uns als Erstes ein Friedhof, eine Røgeri (Fischräuchereien) und ein überdimensionierter Hafen. Dieser wurde zu einem Teil als Erholungsgebiet mit Hafen-Bad, einer Aussichtsplattform und einer Sauna umgestaltet.
Ein paar Strassen vom Hafen entfernt ist die Galerie Grønbechs Gård, wo lokales, aber auch nationales und internationales Kunsthandwerk ausgestellt wird.
Die erste grössere Menschenansammlung sahen wir in Hammershus, der grössten Burgruine Nordeuropas.

Hammershus (© Anna Kodek)
© Anna Kodek

Der Norden – rau und landschaftlich sehr abwechslungsreich

Geradelt sind wir von Hasle nach Sandvig. Das 1 km entfernte Allinge, mit dem Sandvig zusammengewachsen ist, empfand ich als eine Mischung aus bunten Fachwerkhäuschen, Boutiquen, Restaurants und Cafés.
Wagemutige Teenager*innen stürzten sich von den senkrecht abfallenden Kanten ins kalte Nass des Opalsøen. Ein ehemaligen Granitsteinbruch, der sich im Laufe der Zeit mit Wasser gefüllt hat.

Oberhalb des Sees, am 68 Meter hohen Ørnebjerg, genossen wir vom 1872 erbauten Leuchtturm Hammeren eine traumhafte Aussicht auf die gleichnamige Halbinsel (super Wanderwege!) bis nach Schweden. Die Granitblöcke, welche für den Bau des Leuchtturms verwendet wurden, stammen aus dem benachbarten Steinbruch.

 

Sandvig (© Anna Kodek)
Allinge (© Anna Kodek)

Der Inselwesten – Klippen, Rundkirchen und die malerischste Stadt der Insel

Von Sandvig über Rø und die um 1160 erbaute Østerlars Kirche radelten wir nach Gudhjem und erhielten dabei neben der Küste einen Einblick in das landwirtschaftlich geprägte Hinterland.

Die Schärenküste im Osten eignet sich bis auf wenige Sandbuchten nur bedingt zum Baden in dem knapp 20 Grad warmen Wasser, umso mehr ist sie zum Wandern geeignet. Die faszinierende Klippenlandschaft der Helligdomsklipper (Heiligen Klippen) mit dem Rauschen des Meeres im Hintergrund war für uns eine ideale Abwechslung zum Radeln.

Die bunten Häuser der östlichste Stadt Svaneke gelten als die Schönsten. Die Stadt wurde im Gegenzug zu Rønne im 2. Weltkrieg nicht bombardiert.

Østerlars Kirche (© Anna Kodek)
Helligdomsklipper (© Anna Kodek)

Der Inselsüden – Dünen und Karibikfeeling

Die letzten beiden Etappen unserer Mutter-Tochter-Radtour brachte uns zum kilometerlangen Balka Strand und zwei Tage später wieder zurück nach Rønne.

Am Ende der Badebucht liegt Snogebæk mit kleinen Restaurants, einer Røgeri und Kjærstrup Schokolade, wo handgemachte Qualitätsschokolade und legendäre Schokoküsse verkauft werden. Das Ziel der innovativen Familie Kjærstrup ist, dass ab 2025 die gesamte Kakaofrucht, die nachhaltig und fair angebaut wird, verwertet wird.

Am puderweissen Sandstrand, so fein, dass er damals durch Sanduhren rieselte, sonnten wir uns ausgiebig. Wir machten einen Ausflug zum Bornholmertårnet, einer ehemaligen Abhörstation der NATO sowie den hohen Dünen von Dueodde, dem südlichsten Punkt der Insel.

Schweren Herzens fuhren wir von Rønne zurück aufs Festland. Zurück ging es auf dem gleichen Weg wie wir gekommen sind.

Balka Strand (© Anna Kodek)

Warum Bornholm mein Herz erobert hat?

Fischerdörfer mit bunten Häusern, verstreute Siedlungen im Landesinneren mit Landhäusern und Bauernhöfen prägen die Insel genauso wie Sand- und Felsstrände, steile Klippen, Schärenküsten, Spaltentäler, Wälder und Felder. Perfekt für einen Aktivurlaub mit Meerblick!

Grosse Hotelkomplexe oder Fast-Food-Ketten sucht man auf der Insel vergeblich. Stattdessen fügen sich kleine Hotels, Pensionen, Ferienhäuser und die charakteristischen Fischräuchereien (Røgeri) mit ihren charakteristischen Schornsteinen malerisch in die Landschaft ein.

Røge (Fischräucherei) (© Anna Kodek)

Mein Unterkunftstipp: Green Solution House

Am Stadtrand von Rønne befindet sich dieses innovative und experimentierfreudige Hotel- und Konferenzzentrum, in der für den Gast erlebbar gemacht wird, wie es ist, in einer nachhaltigen Welt ohne Abfall zu leben.

Die auf der Website aufgezählten über 60 Lösungen reichen von der Rasenpflege in Form von Schafen bis hin zu Solarbalkonen, luftreinigenden Decken und Vorhängen sowie einer schonenden Flächenversiegelung.

​Das Hotel gehört zur Carl-Edvard-Mogens-Stiftung, deren Zweck nicht die Erzielung von Gewinnen, sondern die Schaffung von Arbeitsplätzen mit hohen sozialen Standards und die Entwicklung Bornholms ist.

Umweltfreundliche Anreise ab Zürich

So wie ab Wien gibt es auch einen Nachtzug nach Hamburg. Alternativ kann man auch über Berlin und Rügen nach Bornholm anreisen.

Anna Kodek ist in ihrem Element, wenn sie die Natur zu Fuss, mit dem Rad oder im Kajak erkundet. Privat betrachtet die Österreicherin auf ihrem Blog «Verantwortungsvoll Reisen» die bezauberndsten Regionen Europas aus verschiedenen Perspektiven. Beruflich setzt sich Anna bei der Nichtregierungsorganisation respect_NFI für mehr Nachhaltigkeit im Tourismus ein.