Elefantentourismus: Abschied von Elefanten in Ketten?
Immer mehr Reiseveranstalter wollen Angebote aus dem Programm nehmen, die Touristen hautnahen Kontakt mit Elefanten versprechen. Dies ist das Ergebnis von Gesprächen der Artenschutzorganisation Pro Wildlife mit Reise-Anbietern, die Elefantenreiten und den Besuch von Elefantencamps im Angebot haben. AIDA Cruises, TUI Deutschland, Hauser Exkursionen und Geograf Exkursionen haben angekündigt, ihr Portfolio zu überarbeiten – zugunsten eines elefantenfreundlichen Tourismus. In Asien und zunehmend auch in Afrika werden Elefantenbabys oft in freier Natur eingefangen und brutal misshandelt, um als gezähmte Showtiere für Touristenattraktionen herzuhalten. Nicht selten werden solche Tiere für Mahouts und Besucher zur tödlichen Gefahr.
"Viele Reiseunternehmen schreiben sich Nachhaltigkeit gross auf die Fahnen. Bisher spielen Tier- und Artenschutz dabei allerdings kaum eine Rolle", sagt Daniela Freyer, Biologin bei Pro Wildlife. "Umso erfreulicher ist es, dass einige Unternehmen im Dialog mit Pro Wildlife zugesagt haben, tierquälerische Angebote aus dem Programm zu nehmen". Dazu zählen Elefantenreiten, der Besuch dubioser Elefantenhäuser und -Camps sowie Prozessionen mit Elefanten."Diese Unternehmen haben verstanden, dass ein tierfreundliches Programm ein wichtiger Teil der Nachhaltigkeitspolitik ist", so Freyer.
In Sri Lanka wurden in den letzten sieben Jahren mindestens 70 Elefantenkälber illegal aus der Natur geraubt und für den Tourismus brutal gezähmt. Nach Thailand wurden innerhalb von zwei Jahren mindestens 79 wildgefangene Elefanten gebracht, meist aus Myanmar. Die Dunkelziffer ist vermutlich weitaus höher.
So reagieren die Reiseunternehmen
Pro Wildlife hatte im Juni 19 Reiseveranstalter angeschrieben und gebeten, Elefantenreiten und andere Angebote mit direktem Kontakt zu Elefanten aus dem Programm zu nehmen. AIDA Cruises reagierte schnell und hat bis auf Weiteres Ausflüge in das umstrittene Elefantenwaisenhaus Pinnawela in Sri Lanka gestrichen. Auch TUI Deutschland zeigte sich gesprächsbereit und sagte zu, sukzessive alle Ausflüge aus dem Programm zu nehmen, bei denen Elefanten durch Bestrafung gefügig gemacht werden. Unter den kleineren Anbietern sticht Hauser Exkursionen positiv hervor. Der Münchner Reiseveranstalter hat ein klares "Nein zu Elefantentourismus" ausgesprochen. "Hauser Exkursionen hat sich dazu entschieden, sein Angebots-Portfolio zu überarbeiten und touristische Programmpunkte, die die Fütterung, das Reiten oder die Beobachtung von in Gefangenschaft gehaltenen Tieren beinhalten, aus dem Programm zu nehmen", teilt Elke Schnaus mit, die bei Hauser für Corporate Social Responsibility und Qualitätsmanagement zuständig ist. Auch der auf nachhaltige Reisen spezialisierte Veranstalter Geograf Reisen sagte zu, künftig nur noch elefantenfreundliche Projekte anzusteuern.
Immerhin kündigten sechs Unternehmen an, ihr Angebot zu überprüfen, haben aber bisher keine konkreten Veränderungen zugesagt. Nur zwei Unternehmen machen aus ihrem Desinteresse an tierfreundlichem Tourismus keinen Hehl und antworteten gar nicht. "Wir fordern alle Tourismusunternehmen auf, ihren Kunden nicht mehr Elefanten in Ketten anzubieten" sagt Freyer. "Tier- und Artenschutz und damit die Nachhaltigkeit darf nicht nur ein Lippenbekenntnis bleiben. Wir suchen weiterhin das Gespräch mit der Reiseindustrie", so Freyer, "denn schliesslich kann verantwortungsvoller Tourismus eine Chance für die Tiere sein."
Elefantentourismus – Ein brutales Geschäft
In Thailand werden etwa 4.000 Elefanten für touristische Zwecke in Gefangenschaft gehalten. Auch in Indien, Sri Lanka, Nepal, Laos und Kambodscha spielt Elefantentourismus eine Rolle. In Afrika werden in Südafrika, Botswana, Sambia und Simbabwe "Elephant Back Safaris" angeboten. Um die starken Tiere für den direkten Kontakt mit Menschen gefügig zu machen, werden sie mit brutalen Methoden eingebrochen und dressiert. Die Haltungsbedingungen sind meist katastrophal. Als Nachschub für touristische Attraktionen werden Elefantenbabys illegal in freier Wildbahn gefangen, auch weil Zucht in Gefangenschaft selten funktioniert.
Elefanten gelten als die gefährlichsten Tiere in Gefangenschaft
Vergangenen Sonntag trampelte ein Elefantenbulle in Thailand seinen Mahout zu Tode. Er floh mit zwei Touristinnen auf seinem Rücken und konnte nur durch einen Betäubungspfeil gestoppt werden. Ebenfalls in Thailand tötete nur zwei Tage später ein Elefant seinen Trainer, als dieser den Bullen für eine Trekking-Tour vorbereitete. Nicht nur Mahouts, auch Touristen kommen regelmässig durch Elefanten ums Leben. Laut der Organisation Elefantenschutz Europa wurden bei touristischen Veranstaltungen mit Elefanten alleine zwischen Dezember 2009 bis Mai 2010 fünf Menschen getötet und 17 verletzt.