Ende gut, alles gut; oder erst der Anfang?
Seit dem 5. Juni 2009 ist das Siedlungsgebiet von Prainha do Canto Verde durch ein Dekret des brasilianischen Präsidenten Lula als RESEX ausgeschieden worden. Die Zone umfasst 252 Quadratkilometer Land und Meer, wovon 660 Hektaren Land sind. Man muss sich diese Zone als eine Art Schutzgebiet vorstellen, das durch die einheimische Bevölkerung unter Auflagen weiter bewirtschaftet werden darf. Die Vorschriften sollen dazu beitragen, die Artenvielfalt im Meer zu schützen und der lokalen Bevölkerung zu ermöglichen, ihre Traditionen und ihre Kultur zu bewahren. Der einheimischen Bevölkerung wird das eminent wichtige Wohnrecht zugesichert.
Ende der Unsicherheit
Durch das Dekret sollte Prainha nicht länger zum Spielball der spekulativen Immobilienfirmen werden und die lokalen nachhaltigen Fischer dürften vor der Willkür der Piratenfischerei geschützt bleiben.
Der Bundesgerichtsentscheid im Jahre 2006 war bahnbrechend für die Schaffung der RESEX.
Die Amigos erinnern sich, dass das Thema Landkonflikt bereits lange vor unserer Vereinsgründung die Einwohner von Prainha bedrückte. Die Immobilienfirma Henrique Jorge versuchte immer wieder mit illegalen Landkäufen spekulative Tourismusprojekte zu verwirklichen. Seit zehn Jahren hat unser Verein die Bevölkerung in ihrem Kampf dagegen unterstützt und durch alle Instanzen prozessiert bis zum erfolgreichen, abschliessenden Entscheid des Bundesgerichts.
Jetzt kommt die Knochenarbeit; die Umsetzung….
Etappe 1: Bereitstellung der Strukturen
Mit dem Dekret des Präsidenten ist es noch nicht getan. Jetzt müssen Strukturen, sowohl im Dorf Prainha do Canto Verde als auch auf Regierungsseite geschaffen werden. Die Dorfgemeinschaft wird einen Verwaltungsrat bezeichnen, der die verschiedenen lokalen Interessen vertreten kann. Aber auch die Behörden müssen sich mit ihrer neuen Aufgabe zurechtfinden. Das dafür zuständige "Instituto Chico Mendes para Conservação da Biodiversidade" wurde ja erst vor drei Jahren gegründet.
Etappe 2: Erarbeitung des Nutzungsplans
Die dringendste Aufgabe ist es, einen Nutzungsplans zu erarbeiten, immer unter Einbezug sämtlicher Betroffener. Die bestehenden Verordnungen, welche die Bau- und Zonenplanung sowie die Fischerei regeln, müssen gemäss den RESEX-Prinzipien, nämlich einer verantwortungsvollen Nutzung, angepasst werden.
Etappe 3: Einen Management- und Entwicklungsplan schaffen
Ein umfassender Entwicklung- und Managementplan soll innert der nächsten drei Jahre ausgearbeitet werden. Sämtliche Lebensbereiche werden mit einbezogen.Bei der Fischerei gilt es, die Fischbestände zu sichern; durch Zertifizierung die Wirtschaftlichkeit zu verbessern sowie die illegale Fischerei zu unterbinden. Der Gesundheitsplan erfasst natürliche Heilmethoden und die Verwendung von Heilpflanzen. Familienplanung, ausgewogene Ernährung, Strategien gegen Alkohol und Drogenmissbrauch sind weitere Themen. Der langfristige Entwicklungsplan umfasst die Förderung der lokalen Kultur und die Pflege der Traditionen. Die Beschäftigungspolitik für Jugendliche, die Sicherung der Lebensqualität für die Alten gehören ebenso in den Plan wie andere Anliegen, z.B. die Entwicklung des Bürgersinns. Die Bewirtschaftung des Wasser muss angegangen werden – und vieles mehr!. Die Liste ist fast endlos und ihre Verwirklichung zwingt zu einem Spagat, nämlich wirtschaftliche Entwicklung bei heil bleibender Umwelt und hoher Lebensqualität mit friedlichem Zusammenleben zu vereinen.
Ein stolzer Blick zurück
Seit unserem Projekt Landkonflikt haben viele der von unserem Verein finanzierten Aktivitäten auch den Nährboden für die Resex vorbereitet:
Die Projekte Fischerschule, Meeresschutzgebiet, Katamaranwerft, Tourismusentwicklung lokal, nachhaltige Küstenentwicklung, SODIS, Biolandwirtschaft, Canto Verde Digital, Artescola und Generation Weltveränderer waren mitentscheidend, dass der Antrag für die RESEX-Sonderzone schliesslich bewilligt wurde. Die Mitglieder des Einwohnervereins haben im Juni 2010 an ihrer letzten Hauptversammlung unsere treue Hilfe noch einmal ausdrücklich verdankt und sie hoffen auch weiterhin auf unsere Unterstützung.
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Ein neues Kapitel im Landkonflikt
Das Resex Dekret hat nicht überall Freude ausgelöst. Heftiger Widerstand seitens einflussreicher Kreise.
Der Millionär Tales Montanto Sá Cavalcante, Anwohner und Villabesitzer in Prainha do Canto Verde, erklärte sich zum Besitzer von fast der Hälfte der Resexzone, obgleich mit dem Dekret das ganze Stück Land als im Bundesbesitz festgehalten wird. Er präsentierte Dokumente, wonach er 1985 (für einen Pappenstiel) 315 Hektaren im Gebiet von Prainha erworben habe und er läuft jetzt Sturm. Da er weder auf dem Rechtsweg noch via politischen Druck Chancen hat, versucht er, die Bevölkerung von Prainha mit Versprechungen und Drohungen zu spalten. Er schreckt nicht vor Lügen und Verleumdungen gegen Vorstandsmitglieder des Dorfs und gegen René Schärer zurück.