Enteignungen für den Golfplatz Randa-Täsch vom Bundesgericht abgesegnet
Basel, 11.04.2012, akte/ Für den Golfplatz Randa-Täsch hatte die Golfplatzinvestorin, die "Golf Mischabel AG", Land von zwei Eigentümern gepachtet. Als diese nach fünf Jahren den Pachtvertrag nicht mehr verlängern wollten, verlangten die "Golf Mischabel AG" und der Golfclub Matterhorn als Betreiber beim Staatsrat die Enteignung des Bodens. Sie stützten sich dabei auf das Walliser Tourismusgesetz, das die Möglichkeit von Enteignungen für touristische Zwecke vorsieht. Der Staatsrat folgte dieser Argumentation und entzog den Eigentümern das Land. Die Eigentümer gingen durch alle Instanzen bis vor Bundesgericht. Zum einen, machten sie geltend, entspreche ein Golfplatz nicht einem öffentlichen Interesse, sondern diene dem privaten Vergnügen einer Minderheit. Zum anderen sei eine Enteignung zugunsten Privater eine Abkehr von der bisherigen Rechtspraxis, die Enteignungen durch die öffentliche Hand vorsehen. Im Februar entschied die höchste Instanz gegen die Eigentümer. Somit sind die Enteignungen rechtsgültig.
Dieser Entscheid schafft Rechtsunsicherheit. Nach schweizerischem Recht darf Boden enteignet werden, wenn dafür ein wichtiges öffentliches Interesse vorliegt, etwa der Bau einer Autobahn oder einer transnationalen Stromleitung, oder für eine notwendige grössere Flusskorrektur – irgendetwas, das für das alltägliche Leben der Bevölkerung wichtig ist. Gemäss dem Berner Dozenten für Enteignungs- und Bodenrecht, Beat Stalder, hätte der Entscheid des Bundesgerichts durchaus anders ausfallen können, wie er gegenüber dem Schweizer Fernsehen erklärte: "Ich sehe das als Grenzfall. Das öffentliche Interesse an einem Golfplatz liegt sicher nicht auf der Hand, sondern es braucht eine spezielle Grundlage, und die hat man in diesem Fall im Tourismusgesetz gefunden. Doch man hätte durchaus auch anders entscheiden können, vor allem auf der Stufe des Staatsrates." Tatsächlich stehen den rund 100’000 Golferinnen und Golfern in der Schweiz bereits heute 95 Golfplätze zur Verfügung. Doch für Staatsrat Jean-Michel Cina ist das öffentliche Interesse gegeben, denn: "Die Wirtschaft und das wirtschaftliche Fortkommen des Wallis sind stark mit dem Tourismus verbunden."
Die Eigentumsbeschränkung auf den eigenen Boden zugunsten einer Freizeit- oder Tourismusanlage von Privaten stützte das Bundesgericht schon einmal. Damals im Jahr 2001 in "Heid" in Klosters-Serneus ging es um die Benutzung einer Parzelle als Skiübungsgelände und zum Betrieb eines Skilifts, in einer Landwirtschaftszone, die auch für Wintersport genutzt wird. Die Eigentumsbeschränkung beantragten die Gemeinde und verschiedene kantonale Departemente Graubündens. Mit ihrem Entscheid interpretierten die Bundesrichter das Enteignungsgesetz neu: Zwar könnten im Normalfall nur öffentlich-rechtliche Körperschaften das Enteignungsrecht beanspruchen. Aber das Gesetz mache nur Sinn, wenn auch zugunsten Privater Land enteignet werden dürfe, damit diese Werke von öffentlichem Interesse realisieren könnten.
Es scheint, dass der unbedingte Glaube an die positive Wirkung des Tourismus auch in der Schweiz die Rechte der Lokalbevölkerung infrage stellt. Martin Würsch vom Schweizerischen Bauernverband jedenfalls ist alarmiert. Er fürchtet, dass diese Beispiele Schule machen könnten: "Das Eigentumsrecht ist nicht mehr gewährleistet, wenn irgendein Betreiber einer Tourismus- oder Freizeitanlage eine Enteignung erwirken kann."
Den Enteigneten in Täsch bleibt nur noch die Möglichkeit, um eine angemessene Entschädigung für ihr Land zu kämpfen.
Quellen: www.1815.ch; 10 vor 10 vom 07.02.2012, www.videoportal.sf.tv; Bundesgerichtsentscheid {T 0/2}1C_455/2010, www.polyreg.ch; Bundesgerichtsentscheid 1P 26 2001, www.polyreg.ch;
Weitere Beispiele von Menschenrechtsverletzungen im Tourismus finden Sie auf unserer Aktionsplattform "Menschenrechte".