Wenn das Traumschiff ein Kühlschrank wäre, wäre es wohl ein Ladenhüter: Die MS Deutschland erreicht nur die Energieeffizienzklasse "C". Das geht aus dem in Cancún vorgestellten Schiffsregister shippingefficiency.org hervor. Eine Initiative um den Milliardär und Gründer der Fluglinie Virgin Atlantic, Richard Branson, und den Expräsidenten von Costa Rica, Rosé Maria Figueres, hat die kostenlose Online-Datenbank für 60’000 Schiffe aufgebaut. Dazu errechneten sie aus Daten des Lloyd-Schiffregisters in London und den Designrichtlinien der Weltschifffahrtsorganisation IMO ein Index für die Effizienz von Frachtschiffen und Kreuzfahrern. Der Index reicht von A bis G und macht Schiffe verschiedener Typen vergleichbar.
Noch schlechter als die MS Deutschland schneidet die "Aida Aura" ab, sie erhielt ein "E". Der charismatische Expräsident Figueres mit einem Talent für markige Auftritte mit raumgreifender Gestik und der britische Serienunternehmer Branson bringen damit überraschende Dynamik in eines der in Cancun heftig diskutierten Themen: Die Frage der Regulierung von Emissionen von Schiffen und Flugzeugen. Beide Sektoren wurden 1997 beim Kyoto-Protokoll ausgelassen, seit Jahren versucht man deswegen, endlich auch Regelungen für die Senkung der Kohlendioxid-Emissionen der bisher ungebremst wachsenden Transporte einzuführen. 
Die "Bunker Fuels" könnten Schlupflöcher schliessen und Finanzmittel generieren
Experten halten die sogenannten "Bunker Fuels" für eins der spannenden Themen der Klimaverhandlungen, weil es zwei Dinge verspricht: Zusätzliche Finanzmittel bereitzustellen und ein grosses Schlupfloch für Emissionen zu schliessen. Die Dynamik entstand vor allem aus den Empfehlungen im "AGF-Report". Das von einer Gruppe von Finanzexperten wie Lord Nicholas Stern und Caio Koch-Weser (Deutsche Bank) erstellte Papier für UN Generalsekretär Ban Ki Moon schlägt vor, Abgaben auf Treibstoff für Schiffe und Flugzeuge zu erheben. Das Geld könne in den in Kopenhagen versprochenen Klimafonds fliessen.
Selbst wenn von den Abgaben nur 25 bis 50 Prozent in den Klimafonds fliessen und Entwicklungsländer für die entstehenden Nachteile durch höhere Importkosten entschädigt werden, bleibt viel Geld übrig: 9 bis 19 Milliarden Dollar pro Jahr. Sie könnten bereits in sechs Monaten zur Verfügung stehen. Sowohl die IMO als auch die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation ICAO sind bereit für die Einführung einer weltweiten Regelung. Es wäre genau das frische, zusätzliche Geld, das das Vertrauen des globalen Südens in die Glaubhaftigkeit von Finanzzusagen erhöhen könnte.
"Keine Bevorzugung" versus "Gemeinsame aber unterschiedliche Verpflichtungen"
Aber dies wären nicht die UN-Klimagespräche, wenn nicht doch noch aus einer überraschenden Ecke Probleme auftauchen würden. Eine Intervention von Kuba im Namen einer ganzen Reihe von Ländern wie Argentinien, Brasilien, China, Indien und Saudi Arabien und Südafrika sorgte in Cancun für Kopfschütteln. Sie sagten, Abgaben würden die Berücksichtigung von Entwicklungsländern gefährden. Liz Gallagher, Spezialistin für Schiffe und Flugzeuge beim Thinktank E3G sagte, dies sei "eine interessante und ungewöhnliche Allianz" aus OPEC, Schwellenländern und der südamerikanischen ALBA-Gruppe. "Aber die Aktion ist so sinnvoll, wie wenn sich jemand die Nase abschneidet, um seinem Gesicht eins auszuwischen."
Christoph Hessling, Doktorand zum Thema CO2-Emissionen im Schiffsverkehr an der Bucerius Law School in Hamburg erklärt die fast schon philosophischen Hintergründe der Frage. In der internationalen Schifffahrtsorganisation der UNO, IMO, wird jedes Land gleichbehandelt. Es gilt der Grundsatz "No more favorable treatment" – keine Bevorzugung. "Da Schiffe im Zweifelsfall schnell die Flagge des Heimathafens wechseln können, regelt die IMO traditionell weltweit Umweltfragen", so Hessling. "Bereits 21 der 52 weltweiten Verträge der IMO betreffen Umweltprobleme wie Schwefel im Sprit und Ballastwasser." Das Klimagas CO2 hinzuzufügen wäre kein Problem. Wenn nicht bei den Klimagesprächen das Gegenteil gelten würde – das Prinzip "Common but differentiated responsibilities". Alle Länder haben gemeinsame aber unterschiedliche Verpflichtungen – kurz gesagt müssen Industriestaaten mehr tun und mehr zahlen als Entwicklungsländer.
"Ein Flug Berlin-Barcelona für 19 Euro ist kein Menschenrecht"
Sabine Minninger vom Evangelischen Entwicklungsdienst EED kennt die Skepsis der Entwicklungsländer. "Das Vertrauen der Entwicklungsländer und Schwellenländer, dass das Geld bei ihnen wirklich ankommen wird, ist nicht vorhanden", sagt sie. Ausserdem sei es für viele Politiker immer noch unattraktiv, fliegen teurer zu machen. "Dabei ist ein Kurzstreckenflug Berlin-Barcelona für 19 Euro kein Menschenrecht", so Minninger. "Wenn die Reisebranche von der Demokratisierung des Fliegens spricht, verschwiegt sie dabei, dass nur zwei Prozent der Menschheit überhaupt fliegen".
Der hier leicht gekürzte Beitrag erschien als Hintergrund zu den Verhandlungen in Cancún am 08.12.2010 auf www.klimaretter.info ; Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung. 

Weitere Informationen: Das Schiffsregister www.shippingefficiency.org