Basel, 22.01.2009, akte/ „An elephant in a living room“ ist die englische Redewengung für etwas Offensichtliches, das aber dennoch ignoriert wird. Ein solcher Elefant ortet die Erklärung von Bern in der bislang vernachlässigten Bedeutung der Steuern in der Entwicklungszusammenarbeit.
    Für die Erreichung der Millenniumsziele braucht es nicht nur Entwicklungshilfe, sondern die Entwicklungsländer brauchen Staatseinnahmen. In den Neunziger Jahren führte aber die Entwicklungsdoktrin von Marktöffnung, Liberalisierung und Privatisierung (der so genannte Washington Consensus) zum Abbau von Zöllen und zur Senkung von Steuern insbesondere für Unternehmen. Gerade Freihandelszonen – auch im Tourismus beliebt – sind für den Staat nach Abzug der Vorleistungen in Form von Infrastrukturen oft gar ein Nettoverlust. Einführend würdigt die Dokumentation die Bedeutung von Steuern für die Entwicklung und die Verkleinerung des sozialen Gefälles eines Landes.
    Die Erklärung von Bern ist Mitgründerin des internationalen Netzwerkes Steuergerechtigkeit (Tax Justice Network – tjn), in dem eine Reihe von SpezialistInnen verschiedener Fachgebiete zum Thema forschen. Die Broschüre ist eine Zusammenstellung des Wissenstands vier Jahre nach der Gründung dieses Netzwerks. Die beschriebenen Vorgänge sind eigentlich bekannt und doch, so zusammengetragen und mit Zahlen unterlegt frappant: 245 Milliarden US Dollar an Steuern entgehen den Entwicklungsländern durch Steueroasen, Offshoregeschäfte und Steuerflucht. Wie das geht, wird verständlich erklärt und mit Fakten und seriösen Schätzungen unterlegt.
    An der Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung letzten Dezember mahnten verschiedene Hilfswerke und NGOs an, das Thema Steueroasen ganz oben auf die Prioritätenliste zu setzen und eine umfassende Reform des internationalen Finanz- und Wirtschaftssystems einzuleiten, um Armut und Unterentwicklung dauerhaft zu bekämpfen. Der Druck auf Steueroasen wachse, analysiert auch die EvB, aber die Konferenzen zur Entwicklungsfinanzierung – erstmals in Monterrrey 2001 – verwässerten stets die wirksamsten Ansätze und Analysen. Dabei blockiere auch die Schweiz bei allen Steuerthemen und manövriere sich zunehmend ins Abseits. Hart ins Gericht geht die EvB auch mit der Rechts- und Amtshilfepraxis der Schweiz und ihrer Unterscheidung zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug, womit sie Beihilfe zur Steuerhinterziehung leiste.
    Nützlich sind die Zusammenstellung von Entgegnungen zu den bekanntesten Argumenten zugunsten des Schweizer Finanzplatzes und die Forderungsliste der EvB und des internationalen Netzwerks Steuergerechtigkeit. Einmal mehr ist diese EvB-Broschüre ein Muss für alle, die sich aktiv in die aktuellen entwicklungspolitischen Diskussionen einmischen wollen.
    Erklärung von Bern: Ein Elefant im Wohnzimmer: Die Entwicklungsländer verlieren durch Steueroasen 245 Milliarden Dollar jährlich“; EvB Dokumentation 4-2008, Zürich 2008; SFr. 6.-;

    Erhältlich bei: Erklärung von Bern (EvB), Dienerstrasse 12, Postfach, CH-8026 Zürich, Tel. +41 (0)44 277 70 00; Fax +41 (0)44 277 70 01; info(at)evb.ch, www.evb.ch;