«Eure Wildnis, Unser Zuhause» – die Kampagne von Survival International
Basel, 17.12.2014, akte/ Als der botswanische Präsident Ian Khama letzten September eine riesigen 4.9 Milliarden-US-Dollar-Diamantmine im Herzen des Central Kalahari Game Wildschutzparks eröffnete, gab es unter den geladenen Gästen auffällige Abwesende: die 700 San ("Buschmänner"): Zusammen mit ihren Familien waren die traditionellen Jäger und Sammler vom Gebiet, in dem ihre Ahnen schon vor Tausenden von Jahren gelebt hatten, an den Rand des Wildschutzparks vertrieben worden. Und es wurde ihnen verboten, in ihrem angestammten Land zu jagen.
Anlässlich des Internationalen "World Park Congress", zu dem der Weltnaturschutzbund alle zehn Jahre seine Mitglieder einlädt – Regierungsstellen, NGOs und weitere Organisationen – lancierte Survival International, die globale Bewegung für die Rechte indigener Völker die Kampagne "Eure Wildnis, Unser Zuhause". Zum Kampagnenstart publizierte Survival International unter dem Titel "Parks need Peoples" einen Bericht über die Verletzung von Menschenrechten Indigener Völker im Namen des Naturschutzes.
Auf den 24 Seiten geht es einerseits um die Message, dass es eben eine "Wildnis" im Sinne eines Menschenfreien Gebiets nicht gibt: Alle Naturschutz- oder "Welterbe"-Gebiete sind – oder waren – Land von Urvölkern. Sie haben vom Land gelebt, waren davon abhängig und haben es in seiner Vielfalt erhalten. Wenn sie im Namen des Naturschutzes oder auch im Namen der Entwicklung in so genannte Umsiedlungsgebiete gezwungen werden, ist das nicht nur für ihre Lebensart, ihre Kultur und ihren gesamten Sinnzusammenhang eine Katastrophe, sondern auch das Land leidet darunter: Feuer, Wilderei, Überbeanspruchung des Landes nehmen parallel zum Tourismus und Modernisierung zu.
Menschenrechtsverletzungen im Namen eines falsch verstandenen Naturschutzes
Der Bericht enthüllt, wie Millionen Indigener im Namen des Naturschutzes von ihrem Land vertrieben wurden. Involviert in dieses Unrecht seien viele der weltweit grössten Naturschutzorganisationen wie WWF, The Nature Concervancy und die von Prinz William und Prinz Harry gegründete "United for Wildlife"-Initiative, und diese Form des Rassismus habe eine lange Geschichte.
Menschenrechtsverletzungen im Namen des Naturschutzes umfassen gemäss Bericht unrechtmässige Vertreibungen, Verhaftungen, Schikanen und Misshandlungen aufgrund des Vorwurfs der Wilderei, die bis zu Folter und Ermordung gehen. Vollends absurd wird diese Behandlung auf dem Hintergrund erlaubter Grosswildjagd betuchter Touristen auf privaten Gebieten derselben Region.
Gründe dafür seien Paternalismus, wenn etwa eine Regierung die "rückständigen" Indigenen in die Mainstream-Gesellschaft eingliedern will; das lukrative Tourismusgeschäft, bei dem die Urvölker nur noch als folkloristische Kulisse willkommen ist; und der Wunsch, diese Gebiete zu kontrollieren und zu "managen", was oft von internationalen Naturschutzorganisationen verstärkt wird.
Beeindruckend im Bericht sind die Beispiele und die Stimmen der Betroffenen. So ist er ein guter Auftakt zur Kampagne "Eure Wildnis, Unser Zuhause", mit der engagierte Personen dafür gewonnen werden sollen, verschiedene aktuellen Beispiele von Vertreibungen kennenzulernen und die Möglichkeit zu nutzen, sich aktiv für den Schutz der Indigenen einzusetzen.