Die Europäische Union hat anfangs Oktober 2001 ihre gemeinsamen Sanktionen gegen das Militärregime in Burma um weitere sechs Monate verlängert. Damit bringt sie zum Ausdruck, dass die ersten Schritte der Militärs zur politischen Öffnung in Burma noch nicht zu überzeugen vermochten. Gleichzeitig unterstreicht sie ihren Willen, im politischen Wandel in Burma eine aktivere Rolle einzunehmen und nach Wegen für humanitäre Hilfe sowie einen Schul-denerlass zu suchen.
Das entspricht weitgehend den Empfehlungen des Europäischen Parlamentes, welches in sei-ner detaillierten Resolution von anfangs Oktober 2001 festhält, man begrüsse zwar, dass die Abgesandten der UNO und der UN-Menschenrechtskommission in Burma empfangen wor-den seien und die ILO eine Abklärung über die Zwangsarbeit durchführen könne, dass die Nationale Liga für Demokratie (NLD) einige Parteibüros eröffnen dürfte und dass ca. 160 po-litische Gefangene freigelassen worden seien. Doch noch wären schätzungsweise 2’000 Menschen aus politischen Gründen in Haft oder unter Hausarrest bzw. in ihrer Bewegungs-freiheit eingeschränkt wie die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi. Mit dem Hinweis auf die gewaltsame Unterdrückung der ethnischen Minderheiten im Land, warnt das Europäische Parlament eindringlich, dass die fehlende Demokratie solch bewaffnete Gruppierungen fördere, die auch im internationalen Terrorismus in Erscheinung treten würden. Ausdrücklich fordert das Europäische Parlament die burmesische Junta auch auf, endlich Transparenz zu schaffen über den Stand der Verhandlungen mit Aung San Suu Kyi und den demokratischen Kräften des Landes.
Die bislang strikt hinter Schloss und Riegel geführten Verhandlungen geben offenbar immer wieder zu wilden Gerüchte und Spekulationen Anlass. Vor teils gezielt beabsichtigter Fehlinformation seitens der Militärmachthaber warnen rund 20 europäische Nichtregierungeorganisationen in einem Schreiben an die EU-Entscheidungsträger vom September 2001. Ihren zuverlässigen Informationsquellen aus Burma zufolge zeichne sich bei den Verhandlungen noch kein Durchbruch ab, im Gegenteil. Die Situation in Burma habe sich keineswegs substantiell verbessert, und hinter der Publicity um die Verhandlungen zeige das Militär bisher keinen ernsthaften Einsatz für eine politische Öffnung. Die EU sei jetzt besonders gefordert, ihre Sanktionen nicht aufzuweichen, sondern aufrechtzuerhalten.
Mit auschlaggebend für die Weiterführung der Sanktionspolitik war die explizit in der Resolution des Europäischen Parlamentes festgehaltene Tatsache, dass die Zwangsarbeit nach wie vor im ganzen Lande an der Tagesordnung sei. Menschenrechtsgruppen haben in der Tat al-lein seit Jahresbeginn über 2000 neue Fälle dokumentiert. Für eine Neueinschätzung der Lage werden nun die Ergebnisse der Abklärungen der ILO sowie des Abgesandten der UN-Men-schenrechtskommission, Pinheiro, erwartet, die in diesen Wochen Burma besucht haben. Ihre Aufgabe ist jedoch nicht einfach. Denn bereits im Vorfeld der ILO-Mission haben Menschen-rechtsbeobachter aus Burma berichtet, dass ganze Dörfer von den Militärs geschmiert worden seien, um gegenüber der Untersuchungskommission der ILO positive Aussagen zu machen.
Eines jedoch steht mittlerweile für die BeobachterInnen der Situation in Burma fest: Seit gut fünf Jahren betreibt das burmesische Militärregime die wirtschaftliche Öffnung und setzt dabei stark auch auf die Entwicklung des Tourismus. Dies aber hat dem Lande keine politische Öffnung gebracht. Die Wende bahnte sich erst an mit der international gestellten Forderung nach der Abschaffung der Zwangsarbeit, die für die Militärs zur Erhaltung ihrer eigenen Macht und des aufgeblasenen Armeeapparates unabdinglich ist. Auch für den Tourismus wurden bekanntlich Infrastrukturen in Zwangsarbeit erbaut. Burma hat die ILO-Konvention gegen die Zwangsarbeit ratifiziert. Damit sie auch eingehalten wird, hat die Internationale Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen im vergangenen Jahr die härtesten Massnahmen ihrer Geschichte getroffen, nämlich ihre Mitglieder – Regierungen, Arbeitgeber und Arbeitnehmer weltweit – aufgefordert, von allen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit Burma abzusehen, welche die Zwangsarbeit fördern. Und da kamen die Dinge ins Rollen: Der UNO-Sonderberichterstatter wurde in Burma empfangen, der Dialog mit Aung San Suu Kyi aufgenommen. /plus

Quellen: Burma Today Weekly N° 39/Vol.V 11.10.2001 ; Press Release Council Conclusions/General Affairs Council 8.10.2001; Texte adopté par le Parlement européen 4.10.2001 (prov.); European ‚Burma’-NGO’s Letter to Foreign Ministries, September 2001; akte-Interview mit dem Special Rapporteur der UN-Menschenrechtskommission, Paulo Sergio Pinheiro vom 13.8.2001; ergiebige neue Informationsquelle zu Burma auf www.burmalibrary.org