Immer wieder kommen international tätige Unternehmen mit Sitz in der Schweiz mit Menschenrechten oder Umweltauflagen in Konflikt. An der Tagung von "Recht ohne Grenzen" in Bern letzten Dienstag wurden stellvertretend für viele Verstösse zwei Beispiele präsentiert. Die Peru-Fachfrau Susanna Anderegg, die mehrere Jahre im Andenstaat lebte, zeigte die enormen sozialen und ökologischen Risiken und Probleme auf, die entstehen, wenn ein Konzern wie Xstrata in einer strukturschwachen Region eines armen Landes tätig wird. Irène Wabiwa, Verantwortliche der Wald-Kampagne von Greenpeace Afrika, erläuterte das Beispiel des Schweizer Holzkonzerns Danzer in der DR Kongo. Dort kam es im vergangenen Jahr zu massiven Menschenrechtsverletzungen, als der Konzern die Sicherheitskräfte gegen protestierende DorfbewohnerInnen einsetzen liess.
Auf die grosse Kluft zwischen dem, was die Schweiz in ihrer Aussenpolitik für die Menschenrechte unternimmt, und ihrer auffälligen Zurückhaltung gegenüber den eigenen Konzernen wies Peter Niggli hin. Als Hort von überdurchschnittlich vielen Multis trage die Schweiz eine spezielle Verantwortung, so der Geschäftsleiter von Alliance Sud. Hunderte von international tätigen Unternehmen hätten in den letzten Jahren ihren Sitz in die Schweiz verlagert. Für die Schweiz berge dies ein grosses Reputationsrisiko. Die Schweiz setze sich international zwar für freiwillige Richtlinien von Konzernen und Branchen ein. "Zahlreiche Beispiele zeigen aber, dass Selbstkontrolle nicht genügt, damit Unternehmen tatsächlich die Menschenrechte und Umweltstandards respektieren", so Niggli.

Vorschläge für Gesetzesänderungen

Wie verbindliche Bestimmungen ins Schweizer Recht integriert werden könnten, erklärte der auf Wirtschaftsrecht spezialisierte Anwalt François Membrez. Im Auftrag von "Recht ohne Grenzen" hat er eine Studie mit konkreten Gesetzesanpassungen erarbeitet. Membrez schlägt Verbesserungen in zwei Bereichen vor. Einerseits soll eine Sorgfaltspflicht für die Konzernzentralen bezüglich Menschenrechte und Umweltschutz verankert werden und auch für die Aktivitäten ihrer Tochtergesellschaften und Zulieferer im Ausland gelten. Heute haftet die Konzernzentrale in der Schweiz nicht für Verstösse ihrer Tochtergesellschaften – das Gesetz betrachtet sie als eigenständige juristische Personen. Zweitens, so Membrez, müssten die Opfer von solchen Umwelt- und Menschenrechtsverstössen besseren Zugang zu Schweizer Gerichten erhalten.
In einer Podiumsdiskussion nahmen Vertreter der Wirtschaft, Bundesverwaltung und der Zivilgesellschaft zu den Vorschlägen Stellung. Dabei war man sich zwar einig, dass es im Spannungsfeld von Wirtschaft und Menschenrechten/Umweltschutz zusätzliche Massnahmen braucht. Über das konkrete Wie (freiwillig oder verbindlich) und Wo (in der Schweiz oder international) aber gingen die Vorstellungen weit auseinander.
"Recht ohne Grenzen" ist eine gemeinsame Kampagne von rund 50 schweizerischen Organisationen. In einer Petition fordern sie von Bundesrat und Parlament verbindliche Bestimmungen, damit international tätige Unternehmen überall auf der Welt die Menschenrechte und Umweltstandards respektieren müssen. Bisher haben rund 50’000 Personen die Petition unterzeichnet. Sie läuft noch bis Ende Mai.
Zusammenfassung der Studie von Françoi Membrez, PDF