Auf der internationalen Tourismusbörse in Berlin stellt die Seefahrer*innen Gewerkschaft Nautilus ein neues Label für faire Arbeitbedingungen an Bord von Flusskreuzfahrten vor. «Fair Cruise Work» ist ein wichtiger Schritt für die Vision «Faire Flusskreuzfahrt».

ITB Auf europäischen Flüssen wie dem Rhein und der Donau arbeiten rund 4’000 nautische Angestellte sowie 10’000 Angestellte im Service auf 400 Kreuzfahrtschiffen. Viele von ihnen haben einen Schweizer Arbeitsvertrag und unterstehen somit der Schweizer Gesetzgebung. Nautilus International berät diese Angestellten in Fragen des Arbeitsrechts und der Sozialversicherung. Grundsätzlich will Nautilus jedoch die Bedingungen für alle Flusskreuzfahrtmitarbeiter*innen verbessern – selbst wenn diese keinen Schweizer Arbeitsvertrag haben. (Mehr zu den Geschäftspraktiken in der Flusskreuzfahrtbranche hier.) Dazu arbeitet Nautilus eng mit den Schwestergewerkschaften in der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) zusammen, denn die Arbeitsbedingungen sind in vielerlei Hinsicht mit europäischen Regelungen verknüpft.

Faire Flusskreuzfahrt: Holger Schatz, Nautilus International, stellt das neue Label vor.
Faire Flusskreuzfahrt: Holger Schatz, Nautilus International, stellt das neue Label vor.

In den letzten Jahren hat sich sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene viel Positives getan. Die Medien und Behörden sind auf die Probleme in der Branche aufmerksam geworden und der europäische Verband der Flusskreuzfahrtreedereien, IG RiverCruise, hat vor einem Jahr mit der ETF eine Grundsatzvereinbarung zur kooperativen Zusammenarbeit unterzeichnet.

Ein Schritt in Richtung faire Flusskreuzfahrt

Entscheidend für eine verbindliche Umsetzung dieser Zusammenarbeit ist die konkrete, rechtsverbindliche Gestaltung von Standards auf nationaler Ebene, wie Nautilus dies seit 2020 zum Beispiel mit der River Advice, einem Tochterunternehmen der United Waterways Gruppe, in einem Gesamtarbeitsvertrag (GAV) praktiziert. Neben den konkreten Standards ermöglicht der GAV eine neue Kultur der Transparenz und des Vertrauens an Bord. Arbeitnehmende werden ermutigt, sich zu informieren, die Gewerkschaft ist an Bord willkommen. Wo bisher Verunsicherung oder Angst unter den multinational zusammengestellten Belegschaften herrschte, stellt sich auf diese Weise eine neue Normalität ein. Bei Problemen an Bord hilft die direkte Zusammenarbeit zwischen Management und Gewerkschaft enorm.

Faire Flusskreuzfahrt: Steht eine Besinnung der Unternehmen bevor?

Weitere Firmen, wie neuerdings die Scylla AG, haben sich diesem Weg angeschlossen und Nautilus will nun diesen Unternehmen das Gütesiegel Fair Cruise Work vergeben. Kund*innen können auf diese Weise gezielt Schiffe finden, auf denen faire Arbeitsbedingungen sehr wahrscheinlich sind.
Dabei behauptet Nautilus nicht, dass nur Unternehmen mit diesem Siegel fair sind. Aber Nautilus kann sagen, dass dort umfassender Einblick besteht und Fairness garantiert wird. Auftretende Probleme können direkt und schnell mit der Geschäftsleitung bzw. Personalabteilung besprochen und gelöst werden.

Erster Schritt zur fairen Flusskreuzfahrt: Fair Cruise Work - Label

Fair Cruise Work: Liste der «fairen» Schiffe

Mehr Informationen zum Label Fair Cruise Work und eine Liste der Firmen bzw. Schiffe, für das das Label Fair Cruise Work gilt, findet man unter diesem Link: Fair Cruise Work

Anmerkung fairunterwegs:

Das Label «Fair Cruise Work», das die Gewerkschaft Nautilus gemeinsam mit Firmen aus dem Sektor ins Leben gerufen hat, ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Kreuzfahrten, sowohl auf See als auch auf europäischen Flüssen, sind ein dynamisches und multinationales Geschäft, in dem unterschiedliche rechtliche Rahmenbedingungen je nach Schiffstandort und Vertragsort bestehen. Diese Vielfalt macht die Branche anfällig für missbräuchliche Geschäftspraktiken und die Ausnutzung globaler Lohngefälle.

Oft ist unklar, welche Arbeitsbedingungen auf einem Schiff herrschen und wo mögliche Gesetzesverstösse geahndet werden können. Deshalb ist die gewerkschaftliche Kontrolle entscheidend. Noch wichtiger ist jedoch, dass Unternehmen mit Gewerkschaften partnerschaftlich zusammenarbeiten.

Es bleibt jedoch schwierig, eine Flusskreuzfahrt insgesamt auf Fairness zu überprüfen: Obwohl die Kreuzfahrten mit Label stattfinden, setzt sich die Crew an Bord in der Regel aus Mitarbeitenden verschiedener Subunternehmen zusammen. Das Label wird nur an diese Unternehmen vergeben, was bedeutet, dass eine Reise theoretisch nur in bestimmten Bereichen – etwa in der Nautik oder im Hospitality-Bereich – als «fair» gelabelt sein könnte. Besonders aussagekräftig ist das Label, wenn sich ein Unternehmen anschliesst, dass die meisten Geschäftsbereiche auf einem selbst stellt – wie beispielsweise die Scylla AG.

Im Interview mit Piet Dörflinger werden diese Dynamiken weiter erläutert, weshalb wir zusätzlich die Lektüre des Interviews empfehlen.