Fair unterwegs mit Edith Kresta, eigensinnig Reisende taz-Redakteurin
Welches Buch entführt dich auf die schönste Reise?
Ich lese gerne Cees Nootebooms Bücher. Der bekannte holländische Romanautor, Poet, und Verfasser feuilletonistischer Reiseberichte erforscht über die äusseren Reiselandschaften auch das menschliche Innenleben. In seinem Buch "Die Insel, das Land. Geschichten über Spanien" habe ich die Erklärung dafür gefunden, warum ich Spanien mag.
Und die lautet?
Im Gegensatz zu Italien, wo alles schön, künstlerisch und kultivierter ist, hat Spanien etwas Archaisches behalten, sagt Nooteboom. Dem stimme ich zu. Das gefällt mir auch an der Landschaft im spanischen Landesinneren.
Da würden sich die Leute in Barcelona wohl auf die Füsse getreten fühlen!
Klar hat Spanien eine große Kultur und viel Geschichte. Aber die Touristen an Spaniens Küste täten gut daran, einmal die Küsten zu verlassen und über die interessanten Angebote im Landesinneren dieses manchmal wüstenartige, ländliche Spanien kennen zu lernen.
Was fasziniert Dich am Reisen?
Der Tapetenwechsel, andere Geschichten zu erfahren, in andere Zusammenhänge hinein zu sehen, andere Lebensformen und Kulturen kennen zu lernen. Aber natürlich auch die Erholung in schöner Landschaft und Natur . Als Reisejournalistin bin ich da privilegiert, denn diese Arbeit bringt mit sich, dass man sich einem Land, einer Kultur und natürlich den Menschen dort intensiver nähert.
Wie wichtig ist es dir dabei fair unterwegs zu sein?
Seit 1989 ist das bei der taz ein originäres Thema. Früher sprach man vom sanften, dann vom nachhaltigen, nun verstärkt vom fairen Tourismus. Dieser Ansatz war in der taz immer ein Schwerpunkt. Fair reisen ist für mich allerdings nicht nur eine politische Überzeugung, sondern ein Qualitätsargument. Es macht einfach mehr Spaß, weil man mehr erlebt, als beim standardisierten Angebot.
Eines, das auch in der Krise zieht? Oder wischt jetzt der Preiskampf solche Ansätze vom Tisch?
Klar verstärkt sich in der Krise auch die Tendenz zu billig, billiger am billigsten. Aber der sozial- und umweltverantwortliche Tourismus ist eine Nischengeschichte und als solche eher krisenbeständig.
Passt dein neustes Buch: "Deutschland für Eigensinnige" in diesen Trend?
"Deutschland für Eigensinnige" erzählt Geschichten aus Deutschland und verbindet sie mit Tipps und Links. Es fokusiert nachhaltige Tourismusangebot in Deutschland, geordnet nach Themen wie Kultur, Outdoor, Lifestyle und Wellness mit Tipps und Links. Gedacht ist es für die vielen Leute, die als Antwort auf die Krise auch verstärkt auf regionale Angebote setzen. Bei denen weite Flugreisen in Verruf geraten sind und die von den nachhaltigen Tourismusangeboten in der Nähe wissen wollen.
Was hältst Du vom Reiseportal fairunterwegs.org?
Ich schätze eure Arbeit sehr. Ihr seid Vorreiter auf dem Gebiet. Ihr recherchiert in Ländern des Südens und beschreibt Projekte, die man sonst nirgends findet. Ausserdem setzt ihr euch seit vielen Jahren grundsätzlich mit dem Thema auseinander. Das ist für unsere Zeitung sehr interessant.
Was braucht es, um faire Beziehungen im Tourismus von der Nische zum Mainstream zu bringen?
Wir von der taz bieten neuen Ansätzen ein Forum und sind für die Entwicklung eines neuen Lebensstils ein wichtiges Identifikationsmedium. Die Debatte um Nachhaltigkeit ist zumindest in ihren Ausläufern durchaus im Mainstream angekommen. Aber viele nachhaltigere Angebote entsprechen nicht der üblichen Vorstellung vom schönen Urlaub. Da hat noch kein Umdenken stattgefunden. Die Ferienprogramme ausserhalb des Mainstreams setzen viel Eigeninitiative und Interesse an Land und Leuten voraus. Es muss noch ein Weg gefunden werden, wie man das mit der Vorstellung vom Ferienverwöhnprogramm zusammenbringt.
Nooteboom, Cees: Die Insel, das Land. Geschichten über Spanien. Übersetzt von Helga van Beuningen, Suhrkamp 2002/2; 128 Seiten, ISBN 978-3-518-41366-1