Basel, 17.06.2014, akte/

Sie sind seit fünf Monaten im Amt. Wie gefällt es Ihnen?

Ich fühle mich wohl. Mein Vorgänger hat mir ein gut eingeführtes Team hinterlassen, sodass ich mich gut zurecht gefunden habe. Von der Arbeit her ist das, was ich hier tue, nicht ganz neu, schliesslich war ich während sieben Jahren Kundendienstleiter bei Hotelplan Suisse. Neu betrachte ich die Fälle aus einer anderen Perspektive. Bei Hotelplan bearbeitete ich die Kundenanliegen aus Sicht des Anbieters, jetzt bin ich Mediator zwischen Veranstalter, Reisebüro und Kunde.

Reisende seien oft zu wenig gut vorbereitet und zu anspruchsvoll in ihren Entschädigungsforderungen, schreibt Ihr Vorgänger Beat F. Dannenberger im letzten Jahresbericht. Was ist Ihre Erfahrung?

Die Anfragen kommen von einer sehr breit gefächerten Reisekundschaft. In den meisten Fällen finden wir eine vernünftige Lösung. Die Probleme, mit denen die Leute zur Ombudsstelle kommen sind unverändert. Die Mehrheit kommt mit berechtigten Anfragen, weil zum Beispiel die Leistungen nicht dem entsprachen, was angepriesen wurde. Aber es gibt immer wieder Reisende, die unrealistische Vorstellungen über die Höhe einer Entschädigung haben. Einige wenden sich auch mit aussichtslosen Fällen an uns, wo entsprechend meist nichts erreicht werden kann.

Wie zum Beispiel?

Sie haben im Internet eine Fehlbuchung vorgenommen und müssen jetzt dafür bezahlen. Da kann ich nichts tun: Falschbuchungen, die vom Reisenden selbst im Internet getätigt wurden, haben für ihn Konsequenzen, im Unterschied zu Fehlern, die ein Agent im Reisebüro gemacht hat.

Es kommt auch zu vielen Missverständnissen mit der europäischen Flugrechtsverordnung 261 betreffend Nichtbeförderung, Annullierung und Verspätung von Flügen. Viele meinen, sie erhalten in jedem Fall Geld, aber leider trifft dies nur in den seltensten Fällen zu. Sie sind dann sehr enttäuscht, dass sie nichts bekommen.

Wie buchen Sie Ihre Reisen?

Da gibt es alle möglichen Varianten. Mal buche ich im Reisebüro, manchmal auch direkt. Aber ich buche aus Prinzip nie über Suchmaschinen einen Flug. Ich gehe direkt zur Fluggesellschaft. Schliesslich kaufe ich die Eier auch lieber direkt beim Bauer und nicht bei irgendwelchen Unbekannten. Ansonsten wähle ich einen renommierten Anbieter.

Viele suchen sich über Suchmaschinen die billigste Variante.

Das Problem ist, dass ich möglicherweise auf einer Website lande, deren Urheber ich gar nicht kenne. Vielleicht ist es eine URL mit einem .ch am Schluss, und trotzdem steht keine Schweizer Firma dahinter. Sobald es zum Streitfall kommt, wird es kompliziert: "An wen muss ich mich wenden? Welches Recht gilt?"

Welche Tipps geben Sie Reisenden, um sich vor Enttäuschungen zu schützen?

Vor dem Buchen rate ich ihnen, sich über ihre Bedürfnisse klar zu werden. "Ist eine Rundreise wirklich das Richtige für mich, oder möchte ich nicht einfach Sonne, Strand, Entspannung?" Ich rate ihnen auch, sich sorgfältig vorzubereiten. Dazu gehört auch, die Namen richtig zu schreiben und sich über die genauen Einreisebstimmungen zu informieren. Schliesslich rate ich Reisenden, zu akzeptieren, dass Fehler passieren können. Dann braucht es eine lösungsorientierte Haltung von beiden Parteien. Sie sollten es nie unterlassen, beim Hotel die Probleme anzusprechen, und wenn das nichts hilft, den Reiseleiter zu kontaktieren. Die Lösung vor Ort ist immer besser, als danach ein Reklamationsschreiben zu verfassen.

Manche fürchten wohl, dass ihnen der administrative Aufwand und die Diskussionen die Ferien vergällen.
Sie wollen nichts sagen, aber wenn sie schweigen, tun sie dies zum eigenen Nachteil. Jede Leistung hat ihren Preis. Jeder Mangel hat seinen Preis und der steht im Verhältnis zum Preis für die Leistung. Wer ein Billigangebot bucht, darf nicht auf eine hohe Entschädigung hoffen. Also lohnt es sich, vor Ort dafür zu sorgen, dass die Leistung erbracht wird. Wenn mich der Hotelier nett findet, ist er vermutlich auch kooperativer, als wenn ich ihn gleich brüskiere.

Wie reisen Sie selbst?

Immer vergnügt. Ich teile die Einstellung, die Adolf Freiherr von Knigge formuliert hat: "Zum Reisen gehören Geduld, Mut, guter Humor, Vergessenheit aller  häuslichen Sorgen und dass man sich durch kleine widrige Zufälle, Schwierigkeiten, böses Wetter, schlechte Kost und dergleichen nicht niederschlagen lasse." Wichtig ist es, wie man den Problemen begegnet. Dass man grössere Beeinträchtigungen von unwichtigen unterscheidet. Ich reise sehr gerne in den Maghreb; kürzlich war ich in Marokko. Da muss ich mir auch vergegenwärtigen, dass Dreisternehotels im deutschsprachigen Raum nicht dassselbe sind wie in Marokko. Daher buche ich dort ein Hotel mit einem oder zwei Sternen mehr.

Auf der Website des Ombudsmans der Schweizer Reisebranche verweisen Sie bei den Links in Ihrer Tippabteilung auf das fairuntewegs-Reiseportal. Was ist Ihr persönlicher Tipp, um fair unterwegs zu sein?

Ich versuche mich stets im Ausland möglichst unauffällig, sagen wir "normal", zu verhalten. Ausserdem achte ich mich auf die Benimmregeln, ohne mich deswegen gleich zu verdrehen. In der Regel halte ich mich an die Devise "Do in Rome as the Romans do". Wenn ich mehrere Nächte in einem Hotel übernachtet habe, gebe ich auch den Zimmerfrauen Trinkgeld, sofern sie ihre Arbeit gut gemacht haben. Gerade in All-Inclusive-Resorts denken Gäste, sie hätten ja schon für alles bezahlt. Aber die Löhne dort sind oft unterdurchschnittlich, und dann ist das Trinkgeld für die Angestellten fast überlebenswichtig. Ich gebe schliesslich auch Trinkgeld, wenn ich hier in einem Restaurant etwas konsumiere und zufrieden war.

Ich finde, Reisen sollten den Horizont erweitern, eine Abwechslung zum Alltag sein, also ein Genuss, wenn auch gelegentlich eine Herausforderung. Gelassenheit lässt die Ferien zum Erfolg werden!