Welches Buch entführt Sie auf die schönste Reise?

Im Moment lese ich Karl Barths Briefwechsel. Zum Beispiel den mit Adolf Visser’t Hooft, dem Gründer des Ökumenischen Rats der Kirchen, der sich über den Zeitraum von 1930 bis zum Tod Karl Barths 1968 erstreckt. Darin geht es um Fragen wie der Haltung der Kirche im Nationalsozialismus oder im Kalten Krieg. Karl Barth schuf ja 1934 die theologische Grundlage für die Bekennende Kirche, die im Gegensatz zu den sonst gleichgeschalteten Kirchen Stellung gegen den Nationalsozialismus bezog. Als er sich weigerte, als Professor den Beamteneid auf Hitler abzulegen, wurde er aus Deutschland ausgewiesen – und erhielt innert 24 Stunden eine Professur in Basel. Dort habe ich ihn als Student näher kennen gelernt.

Wie kreuzt sich Ihre Biografie mit Karl Barths Briefwechsel?

Karl Barth gab mir im Zusammenhang mit seinen politischen Aktivitäten während des Kalten Kriegs verschiedene Aufträge. So besuchte ich nach der Zerschlagung des Ungarn-Aufstands zwei verbannte ungarische Theologieprofessoren. Ich schaffte es gerade noch, vor der Schliessung der Grenze zurückzukehren. Oder ich wurde nach Berlin geschickt, um unter anderem für die protestantische Bischofskonferenz der DDR Informationen aus dem Westen zu beschaffen. Viermal wurde ich kurz verhaftet, kam aber sofort wieder frei. Sicher hielt Karl Barth immer seine schützende Hand über mir. Er hatte ein hochwirksames Beziehungsnetz bis zu den höchsten Stellen in vielen Ländern. Mich, der als Knecht oder Wasserträger von Karl Barths Strategien vieles „von unten“ erlebt hat, interessiert es, was Barth in den oberen Sphären diskutierte.

Ihre Lesereise führt vorwiegend in die Geschichte des Denkens. Wie halten Sie es mit physischen Reisen?

Ich reise nicht so viel in die Ferne. Aber ich mache regelmässig Ferien in Frankreich oder Italien. Dort interessiere ich mich für die Architektur, besonders die der Kirchen.

Als Ethiker haben Sie sich mit Friedens-, Armuts- und Umweltfragen auseinandergesetzt. In den letzten Jahren standen die Wirtschaft und deren Liberalisierung als Thema im Vordergrund. Was sagen Sie zum Konzept des Fairen Handels im Tourismus?

Es ist sehr wichtig. Wie der Handel und die Produkte überhaupt muss der Tourismus ökologisch, ethisch und sozial konzipiert werden, sonst laufen wir in die Katastrophe. Der faire Handel muss auch im Dienstleistungsbereich Einzug halten. Es braucht neue Allianzen zwischen Anbietern und Kunden. Hierzu sind Labels und Zertifizierungsprozesse sehr nützlich. Am wichtigsten ist aber die Nachfrage. Ohne sie geht gar nichts. Deshalb halte ich die Idee von www.fairunterwegs.org, mit der richtigen Information die Kundschaft zu sensibilisieren und so die Nachfrage nach sozial- und umweltverantwortlichen Tourismusangeboten zu fördern, für aktuell und stimmig.