Fair unterwegs mit Max E. Katz, Präsident des Schweizer Reise-Verbands
Was führt Sie auf die intensivste innere Reise?
Es sind weniger die Bücher. Mein Lesebedarf ist mit allem was ich von Berufs wegen lese gedeckt. Dafür geniesse ich gut gemachte Tier-Reportagen. Ich staune über die Natur und ihre Wesen und mag besonders Reportagen, die mich nach Afrika führen. Vor vielen Jahren war ich in Tansania im Ngorongoro-Krater und habe dort Nächte unter freiem Sternenhimmel verbracht. Ich habe drei Monate in Arusha gelebt. Seither liegt mir der Kontinent Afrika sehr am Herzen. Diesen September unternehme ich eine Reise nach Botswana.
BBC-Reporter investieren Monate, wenn nicht Jahre, um die intimen Einblicke ins Leben der Tiere einzufangen. Kann die Natur in solcher Intensität während eines Urlaubs überhaupt erlebt werden?
Man kann bei einer guten Safari intensive Momente erleben. Aber natürlich ist es ein Nachteil, wenn wir nur zwei bis drei Wochen dafür einsetzen können. Deshalb sollte man mit 20 reisen und sich richtig Zeit nehmen.
Was haben Sie gemacht mit 20?
Ich habe die kaufmännische Lehre und danach die Höhere Wirtschafts- und Verwaltungsschule absolviert. Ich wollte meine Ausbildung in Rekordzeit durchlaufen, um meinen Eltern nicht auf dem Portemonnaie zu liegen. Heute bedaure ich das. Aber ich war schon immer ein sicherheitsliebender Mensch, ich konnte mir damals nicht vorstellen, einfach planlos für sechs Monate zu verreisen. Heutzutage spulen viele ihre Reisen streng nach Plan ab. Ich bin jetzt 61 Jahre alt und kann beruflich auch einmal kürzer treten. In den nächsten Jahren hoffe ich das nachzuholen, was ich als junger Erwachsener verpasst habe, vielleicht einmal nur die erste Nacht zu buchen und dann nach Lust und Inspiration weiterzureisen.
In einem afrikanischen Land?
Vermutlich. Ich engagiere mich bereits für das kleine Schweizer Hilfswerk "learning for life" in Äthiopien. In einem Dorf rund 14 Autostunden von Addis Abbeba entfernt, mitten im Nirgendwo. Die Stiftung baut im Dorf und in der Umgebung Grundschulen und Weiterführende Schulen, organisiert Lehren und bietet Finanzdienstleistungen
und Mikrokredite an. Wenn ich dort bin, lebe ich Tür an Tür mit den Einheimischen vom Dorf, ohne Telefon, ohne Fernseher, meist ohne Fleisch oder industriell gefertigte Nahrungsmittel. Das Wasser muss geholt werden, Strom gibt es ab und an. Dort lerne ich sehr viel für mich. Ich lebe in einem anderen Rhythmus und erfreue mich an kleinen Dingen. Feiere es als Erfolg, wenn der Unterricht regelmässig stattfindet und Fortschritte sichtbar werden. Abends sitzt man vor dem Haus und betrachtet den unendlichen Sternenhimmel. Ich verbringe Zeit mit mir selbst und tausche mich mit den Einheimischen aus, soweit es sprachlich geht. Es entsteht eine Vertrautheit, das ist eine sehr schöne Erfahrung. Ich fühle mich nicht bloss als Helfer, ich erhalte viel zurück.
Was denn?
Ich finde zu wahren Werten zurück. Das Materielle lenkt uns oft von dem ab, was uns eigentlich glücklich macht: Die Beziehung zu anderen Menschen, das einfache, gute Leben. Natürlich verliert sich das teilweise wieder, wenn ich in meinen Alltag zurückkehre. Aber durch meine regelmässigen Besuche im Dorf ist schon etwas davon zu meinem Eigenen geworden. Der Kontakt mit dem Hilfswerk war für mich eine Schicksalsfügung.
Was bedeutet für Sie fair unterwegs sein?
Respekt und Anstand, Menschen wertzuschätzen für das, was sie sind und wie sie sind. Egal ob sie uns kulturell und religiös näher oder ferner sind. In meinem Berufsleben war ich viel international unterwegs. Für Jacobs Kaffee war ich in Tansania. 1983-1984 lebte ich in Barcelona, in einer spannenden Zeit des demokratischen Aufbruchs. Ich mag es, mit unterschiedlichsten Menschen den Umgang zu pflegen und hatte dazu während meiner langen Zeit bei Kuoni immer wieder die Gelegenheit. So war ich oft in Südostasien und verkehrte mit Geschäftspartnern aus Thailand, Indien und China. Ich habe gelernt, mich an die unterschiedlichen Kommunikations- und Umgangsformen anzupassen und dabei Einblicke in andere Denk- und Lebensweisen gewonnen.
Umgesetzt aufs Reisen heisst das: Unterwegs muss nicht alles gleich sein wie zu Hause. Wer sich anpasst, erfährt mehr von Menschen und Kulturen des Urlaubsgebiets und kehrt mit wertvollen Erlebnissen zurück.
Land und Leute kennenlernen heisst aber: Raus aus dem Tourismusresort!
Ich plane bei Fernreisen etwa zwei Drittel der Zeit für das Kennenlernen von Land und Leuten. Dabei wähle ich Unterkünfte und Aktivitäten möglichst nahe bei den Einheimischen. Am Schluss gönne ich mir ein paar Tage Ausspannen in einem guten Hotel am Strand. Durch Old Delhi habe ich zum Beispiel eine Stadtführung mit Einheimischen gemacht. Sie führte in typische Restaurants,
auf Märkte und in Hinterhöfe. Wir nutzten verschiedene Fortbewegungsmittel: Scooters, Rikshas und so weiter. Der Höhepunkt war ein Mittagessen im Haus eines Partners unseres Führers im alten Stadtteil. Wir konnten das Haus besichtigen, typisches Essen geniessen und uns über alles Mögliche unterhalten. Es war ein schöner und intensiver Austausch.
Was bleibt von einem solchen Austausch zurück?
Meiner Ansicht nach bietet der Tourismus die Möglichkeit, Menschen über einen solchen Austausch unsere Kultur und Lebensweise näherzubringen. Ich erinnere mich an eine Begegnung mit einer einheimischen Führerin in Rangun/Myanmar zu einer spannungsreichen Zeit der Militärdiktatur. Erwartet hatte ich eine eher zurückhaltende Führerin. Doch die junge Dame war sehr offen und wissbegierig: Sie stellte Fragen, wie es in Europa laufe, und andere, weltpolitischer Art, oder über unsere Lebensweise.
Der Schweizer Reise-Verband ist seit Jahren über seine Fachgruppe für Umwelt und Soziales Partner von fairunterwegs. Was bedeutet Ihnen diese Zusammenarbeit?
Es wird immer offensichtlicher, dass Tourismusunternehmen Sozial- und Umweltstandards einhalten und dafür sorgen müssen, dass dies auch ihre Partner tun. Wir können uns nicht leisten, wegen mieser Arbeitsbedingungen am Pranger zu stehen. Als Interessenvertreter der Branche wollen wir klarer zeigen: Es ist unsere Pflicht, uns für den Erhalt intakter Umwelt und funktionierender sozialer Systeme einzusetzen. Denn letztlich hängen auch unsere Geschäfte davon ab. Die Zusammenarbeit mit fairunterwegs bietet sich an, weil dort die gleichen Werte geteilt werden und wir vom breiten entwicklungspolitischen Wissen profitieren können. Auf dem fairunterwegs Info-Portal finden Insider ebenso wie Gäste viele handfeste Tipps, Orientierungshilfen und Hintergrundinformationen.
Gerade läuft auf fairunterwegs ein Quiz zu Nachhaltigkeit und Tourismus, das der SRV mit dem arbeitskreis tourismus & entwicklung gemeinsam lanciert hat. Wozu dient es?
Es bietet eine spielerische Einführung zum Info-Portal und den Nachhaltigkeitsthemen. Wer mitspielt macht den Anfang zu einer qualifizierteren Beratung von Kundinnen und Kunden, denen Umweltschutz und Gerechtigkeit am Herzen liegen. Ich würde mich freuen, wenn viele Mitarbeitende unserer Mitglieder das Quiz machen und fairunterwegs.org kennenlernen. Bei dieser Gelegenheit können sie gleich den Newsletter abonnieren, ein Lesezeichen setzen und sich so diesen Fundus an Information zur Referenz machen, wenn immer es um Tourismus, Entwicklung und Nachhaltigkeit geht.
Was führt Sie auf die intensivste innere Reise?
Es sind weniger die Bücher. Mein Lesebedarf ist mit allem was ich von Berufs wegen lese gedeckt. Dafür geniesse ich gut gemachte Tier-Reportagen. Ich staune über die Natur und ihre Wesen und mag besonders Reportagen, die mich nach Afrika führen. Vor vielen Jahren war ich in Tansania im Ngorongoro-Krater und habe dort Nächte unter freiem Sternenhimmel verbracht. Ich habe drei Monate in Arusha gelebt. Seither liegt mir der Kontinent Afrika sehr am Herzen. Diesen September unternehme ich eine Reise nach Botswana.
BBC-Reporter investieren Monate, wenn nicht Jahre, um die intimen Einblicke ins Leben der Tiere einzufangen. Kann die Natur in solcher Intensität während eines Urlaubs überhaupt erlebt werden?
Man kann bei einer guten Safari intensive Momente erleben. Aber natürlich ist es ein Nachteil, wenn wir nur zwei bis drei Wochen dafür einsetzen können. Deshalb sollte man mit 20 reisen und sich richtig Zeit nehmen.
Was haben Sie gemacht mit 20?
Ich habe die kaufmännische Lehre und danach die Höhere Wirtschafts- und Verwaltungsschule absolviert. Ich wollte meine Ausbildung in Rekordzeit durchlaufen, um meinen Eltern nicht auf dem Portemonnaie zu liegen. Heute bedaure ich das. Aber ich war schon immer ein sicherheitsliebender Mensch, ich konnte mir damals nicht vorstellen, einfach planlos für sechs Monate zu verreisen. Heutzutage spulen viele ihre Reisen streng nach Plan ab. Ich bin jetzt 61 Jahre alt und kann beruflich auch einmal kürzer treten. In den nächsten Jahren hoffe ich das nachzuholen, was ich als junger Erwachsener verpasst habe, vielleicht einmal nur die erste Nacht zu buchen und dann nach Lust und Inspiration weiterzureisen.
In einem afrikanischen Land?
Vermutlich. Ich engagiere mich bereits für das kleine Schweizer Hilfswerk "learning for life" in Äthiopien. In einem Dorf rund 14 Autostunden von Addis Abbeba entfernt, mitten im Nirgendwo. Die Stiftung baut im Dorf und in der Umgebung Grundschulen und Weiterführende Schulen, organisiert Lehren und bietet Finanzdienstleistungen
und Mikrokredite an. Wenn ich dort bin, lebe ich Tür an Tür mit den Einheimischen vom Dorf, ohne Telefon, ohne Fernseher, meist ohne Fleisch oder industriell gefertigte Nahrungsmittel. Das Wasser muss geholt werden, Strom gibt es ab und an. Dort lerne ich sehr viel für mich. Ich lebe in einem anderen Rhythmus und erfreue mich an kleinen Dingen. Feiere es als Erfolg, wenn der Unterricht regelmässig stattfindet und Fortschritte sichtbar werden. Abends sitzt man vor dem Haus und betrachtet den unendlichen Sternenhimmel. Ich verbringe Zeit mit mir selbst und tausche mich mit den Einheimischen aus, soweit es sprachlich geht. Es entsteht eine Vertrautheit, das ist eine sehr schöne Erfahrung. Ich fühle mich nicht bloss als Helfer, ich erhalte viel zurück.
Was denn?
Ich finde zu wahren Werten zurück. Das Materielle lenkt uns oft von dem ab, was uns eigentlich glücklich macht: Die Beziehung zu anderen Menschen, das einfache, gute Leben. Natürlich verliert sich das teilweise wieder, wenn ich in meinen Alltag zurückkehre. Aber durch meine regelmässigen Besuche im Dorf ist schon etwas davon zu meinem Eigenen geworden. Der Kontakt mit dem Hilfswerk war für mich eine Schicksalsfügung.
Was bedeutet für Sie fair unterwegs sein?
Respekt und Anstand, Menschen wertzuschätzen für das, was sie sind und wie sie sind. Egal ob sie uns kulturell und religiös näher oder ferner sind. In meinem Berufsleben war ich viel international unterwegs. Für Jacobs Kaffee war ich in Tansania. 1983-1984 lebte ich in Barcelona, in einer spannenden Zeit des demokratischen Aufbruchs. Ich mag es, mit unterschiedlichsten Menschen den Umgang zu pflegen und hatte dazu während meiner langen Zeit bei Kuoni immer wieder die Gelegenheit. So war ich oft in Südostasien und verkehrte mit Geschäftspartnern aus Thailand, Indien und China. Ich habe gelernt, mich an die unterschiedlichen Kommunikations- und Umgangsformen anzupassen und dabei Einblicke in andere Denk- und Lebensweisen gewonnen.
Umgesetzt aufs Reisen heisst das: Unterwegs muss nicht alles gleich sein wie zu Hause. Wer sich anpasst, erfährt mehr von Menschen und Kulturen des Urlaubsgebiets und kehrt mit wertvollen Erlebnissen zurück.
Land und Leute kennenlernen heisst aber: Raus aus dem Tourismusresort!
Ich plane bei Fernreisen etwa zwei Drittel der Zeit für das Kennenlernen von Land und Leuten. Dabei wähle ich Unterkünfte und Aktivitäten möglichst nahe bei den Einheimischen. Am Schluss gönne ich mir ein paar Tage Ausspannen in einem guten Hotel am Strand. Durch Old Delhi habe ich zum Beispiel eine Stadtführung mit Einheimischen gemacht. Sie führte in typische Restaurants,
auf Märkte und in Hinterhöfe. Wir nutzten verschiedene Fortbewegungsmittel: Scooters, Rikshas und so weiter. Der Höhepunkt war ein Mittagessen im Haus eines Partners unseres Führers im alten Stadtteil. Wir konnten das Haus besichtigen, typisches Essen geniessen und uns über alles Mögliche unterhalten. Es war ein schöner und intensiver Austausch.
Was bleibt von einem solchen Austausch zurück?
Meiner Ansicht nach bietet der Tourismus die Möglichkeit, Menschen über einen solchen Austausch unsere Kultur und Lebensweise näherzubringen. Ich erinnere mich an eine Begegnung mit einer einheimischen Führerin in Rangun/Myanmar zu einer spannungsreichen Zeit der Militärdiktatur. Erwartet hatte ich eine eher zurückhaltende Führerin. Doch die junge Dame war sehr offen und wissbegierig: Sie stellte Fragen, wie es in Europa laufe, und andere, weltpolitischer Art, oder über unsere Lebensweise.
Der Schweizer Reise-Verband ist seit Jahren über seine Fachgruppe für Umwelt und Soziales Partner von fairunterwegs. Was bedeutet Ihnen diese Zusammenarbeit?
Es wird immer offensichtlicher, dass Tourismusunternehmen Sozial- und Umweltstandards einhalten und dafür sorgen müssen, dass dies auch ihre Partner tun. Wir können uns nicht leisten, wegen mieser Arbeitsbedingungen am Pranger zu stehen. Als Interessenvertreter der Branche wollen wir klarer zeigen: Es ist unsere Pflicht, uns für den Erhalt intakter Umwelt und funktionierender sozialer Systeme einzusetzen. Denn letztlich hängen auch unsere Geschäfte davon ab. Die Zusammenarbeit mit fairunterwegs bietet sich an, weil dort die gleichen Werte geteilt werden und wir vom breiten entwicklungspolitischen Wissen profitieren können. Auf dem fairunterwegs Info-Portal finden Insider ebenso wie Gäste viele handfeste Tipps, Orientierungshilfen und Hintergrundinformationen.
Gerade läuft auf fairunterwegs ein Quiz zu Nachhaltigkeit und Tourismus, das der SRV mit dem arbeitskreis tourismus & entwicklung gemeinsam lanciert hat. Wozu dient es?
Es bietet eine spielerische Einführung zum Info-Portal und den Nachhaltigkeitsthemen. Wer mitspielt macht den Anfang zu einer qualifizierteren Beratung von Kundinnen und Kunden, denen Umweltschutz und Gerechtigkeit am Herzen liegen. Ich würde mich freuen, wenn viele Mitarbeitende unserer Mitglieder das Quiz machen und fairunterwegs.org kennenlernen. Bei dieser Gelegenheit können sie gleich den Newsletter abonnieren, ein Lesezeichen setzen und sich so diesen Fundus an Information zur Referenz machen, wenn immer es um Tourismus, Entwicklung und Nachhaltigkeit geht.