Permi Jhooti war die erste professionelle asiatische Fussballspielerin für England. Und die Vorlage für den Kinoschlager "bend it like Beckham". Seither wird sie gerne auf die Rolle der Fussballerin oder der Seconda festgelegt. Dass hinter der Strahlenphyiskerin am Basler Kantonsspital mehr steckt, wird sie in ihrer Biographie zum Ausdruck bringen, die sie bis August fertig geschrieben haben will.

Welches Buch entführt Sie auf die schönste Reise?

Das ist eine interessante Frage. Ich lese so viel. Bücher sind ein Teil von mir. Die meisten lese ich schnell, zu schnell, findet mein Mann. Beim Buch "The history of Love" von Nicole Krauss war das völlig anders. Es hat mich so gefesselt, dass ich zurückblättern musste, wenn mir bewusst wurde, dass ich einen halben Satz nicht ganz mitbekommen habe. Ich wollte kein einziges Wort verpassen.

Wovon handelt es denn?

Der Roman handelt von Liebe in all ihren verschiedenen Spielarten. Es bringt nichts, zu erklären, was passiert, denn das ist nicht das wirklich Wichtige. Vielleicht sind es die Emotionen. Es fällt mir einfacher, zu beschreiben, was ich beim Lesen des Buches fühlte. Wer an diesen Emotionen interessiert ist, kann es auch lesen.

Auch gut!

Das Buch führte mich durch die ganze Palette von Emotionen. Ich genoss es unendlich, es zu lesen. Während ich die letzten drei Seiten las, musste ich derart heulen, dass ich das Gefühl hatte, ich würde es nicht bis and Ende schaffen – dabei war es gar nicht traurig. Ich habe das Buch seither immer wieder gekauft und Freunden geschenkt.

Hat es sie so berührt, weil es mit Ihrem eigenen Leben zu tun hatte?

Vielleicht auch. Aber ich kann mich ja auch in ein Schicksal hineinversetzen, das mit meinem nichts zu tun hat. Aber ich bin eben voll und ganz Gefühl, wenn ich Bücher lese.

Sie sind offenbar ein sehr emotioneller Mensch!

Mein Mann sagt, ich sei der emotionalste Mensch, den er kenne.

Lebt es sich gut mit all den Emotionen?

Sehr gut! Er sagt auch, ich sei der fröhlichste Mensch, den er kenne.

Warum sind Ihnen Bücher so wichtig?

Es ist meine Weise, in Welten zu reisen, die ich sonst nicht erreichen könnte. Es ist die einfachste Weise, etwas zu lernen. Es ist so, wie wenn ich mich mir Freunden austauschen könnte, merken könnte, dass es anderen Leuten in Vielem ebenso geht wie mir, dass ich mit Dingen, die mich beschäftigen, nicht alleine dastehe. Als ich jünger war, sah ich mich nur als Engländerin, später wollte ich meine Indischen Wurzeln finden, oder mehr über meine Identität als Seconda erforschen. Ich las und las. Die indischen Autoren berührten mich wenig. Erst bei der Chinesin Amy Tan fand ich ausgedrückt, was ich empfand, sie beschreibt die Gefühle, die mich damals umtrieben.
Im Moment ist die Frage nach Büchern, die mich berühren, deshalb so gut, weil ich selbst dabei bin, ein Buch zu schreiben.

Worüber?

Ein Verlag machte mir dem Vorschlag, etwas darüber zu schreiben, über mein Leben als erste Profifussballerin, die über den Film "bend it like Beckham" bekannt geworden ist. Zuerst studierte ich daran herum, was wohl die Leute lesen wollen. Irgendwann fühlte ich mich durch die Rollenzuschreibungen eingeengt. Alle scheinen zu wissen, was wichtig ist für mich. Doch in meinem Leben haben noch ganz andere Dinge einen festen Platz. Nicht nur Fussball. Ich brauchte sehr lange. Jetzt werde ich einfach das schreiben, was mir wichtig ist. Ich weiss nicht, ob der Verlag es noch herausgeben wird, denn sie hatten eine Story im Kopf, die ich so nicht schreiben kann. Die Vorstellung, dass sie es nicht herausgeben, macht mich freier beim schreiben. Ich schreibe jetzt nur für mich.

Haben Sie sich eine Frist gesetzt für das Buch?

August 2008!

Oh, das ist ja bald! Dann haben Sie schon viel beisammen!

Ich habe ein System entwickelt. Ich habe gemerkt, dass ich schlecht über mich schreiben kann, dass es mir aber leicht fällt, bei Interviews spontan Dinge über mich zu sagen, zu reflektieren. Also versuche ich für das Buch, so zu tun, als ob die Fragen über mich von jemand anderem gestellt würden. Deshalb kann ich auch den Termin planen. Ich habe eine Serie Interviews mit mir selbst, bei denen ich etwas sage, und das ist das Material für das Buch. Es ist ein Experiment. Im Moment stecke ich also in einer Art Selbstentdeckungs-Reise.

Reisen Sie gerne?

Ich bin eher eine Gefühlsreisende als eine physisch Reisende. Ich mag es, auf Reisen etwas zu erfahren. Nicht als Beobachtende, sondern als Teil davon. Nicht als Touristin, die von aussen kommt und ein Land konsumiert und mit ihrer Kamera aufnimmt und sie in eine Kiste steckt, sondern als eine, die das tut, was die Leute im Land tun. Wenn ich nach Indien reise, nehme ich mir immer vor, in andere Landesteile zu reisen, mehr vom Land kennen zu lernen. Aber am wichtigsten sind mir halt doch das Haus und das Leben meiner Familie. Die ganze Familie mütterlicherseits lebt dort, im Punjab an der Grenze zu Pakistan.

Wie wichtig ist der faire Handel im Tourismus?

Nun, ich glaube, dass die lokale Bevölkerung so einbezogen sein muss, dass sie die Gäste empfangen kann und will. Sonst verlieren beide Seiten. Die Reisenden sind in einer Parallelwelt und erleben nichts von Land und Leuten mit. Die Lokalbevölkerung hat nichts von den Einkünften und muss trotzdem Kultur und Ressourcen zur Verfügung stellen. Aber darüber hinaus weiss ich zu wenig über den Fairen Handel, um eine Aussage dazu machen zu können.

Wie gefällt Ihnen das Reiseportal fairunterwegs.org?

Es scheint mir ein nützliches und informatives Webportal zur Fairem Handel und Reisen zu sein. Die Bequemlichkeit, mit der wir reisen, führt dazu, dass wir heutzutage oft gedankenlos unterwegs sind. Es gibt ja kaum Hindernisse. Die Flüge sind billig und bequem, wir können über Internet alles selber buchen, wir bekommen über die Medien so viel von anderen Ländern und Kulturen mit, dass sich neue Orte oft gar nicht neu anfühlen. Es ist daher gut, uns über die Auswirkungen unseres Reisens bewusst zu werden, etwas über die Orte und Menschen zu lernen, zu denen wir reisen und unsere Ferien zu einem positiven Erlebnis für beide Seiten zu machen.

In wenigen Wochen findet die Euro 08 statt: Ihre Gefühle?

Ich wollte als enthusiastischer Fan an die Euro 08, wollte meinen Leuten wirklich die Schweiz zeigen und ihnen einen Aufenthalt der anderen Art hier bescheren, mit super Partys – aber England hat die Qualifikation nicht geschafft und deshalb kommen sie auch nicht. Jetzt wende ich mich halt wieder mehr den anderen Sportarten zu, die mich beschäftigen: Ich boxe, und ich spiele wieder Badminton – was ich schon vor dem Fussball spielte und in dem ich jetzt richtig gut werden will.
Nicole Krauss: The History of Love, Penguin Books Ltd (UK) 2006; 252 Seiten, SFr. 22.70; Euro 9.45; ISBN 0-14-101997-2