
Fair unterwegs mit René Dobler, Geschäftsleiter der Schweizerischen Stiftung für Sozialtourismus
Welches Buch führt dich auf die intensivste Reise?
Jedes gute Buch führt mich auf eine intensive Reise, in die fremde Gedanken- und Bilderwelt der Autoren. Ich liebe Bücher zum Sinn des Lebens, aber auch gute Krimis wie von Arne Dahl oder von Jussi Adler-Ohlsen. Aber aktuell beschäftigt mich das neuste Werk des Club of Rome zu seinem 50jährigen Jubiläum "Wir sind dran". Ich habe darin gelesen, dass sich während meinem 50jährigen Leben die Weltbevölkerung verdoppelt hat und dass wir Menschen und unsere Nutztiere inzwischen 95% der Masse aller Wirbeltiere auf der Welt ausmachen, gerade noch 5% gilt als wildlebend. Solche Zahlen erschrecken mich, sie geben mir ein Mass der menschgemachten Veränderungen im Anthropozän. Sie belegen, dass die Grenzen des Wachstums abzusehen sind und es bestenfalls eine Frage der Zeit ist bis wir kritische Grenzen überschreiten. Schafft es die Menschheit den erforderlichen Wandel herbeizuführen, und müsste ich selbst nicht mehr tun?
Die Autoren von "Wir sind dran" reduzieren die problematischen Einflüsse der Menschen auf die Welt nicht auf den CO2-Ausstoss. Sie zeigen die scheinbar unlösbaren Zusammenhänge zwischen sozialen, ökonomischen und ökologischen Gegebenheiten unserer "vollen Welt". Da möchte man angesichts der Komplexität und Aussichtslosigkeit der Aufgabe aufgeben. Die Autoren propagieren eine "neue Aufklärung", um das erforderliche Mass an Veränderungen herbeizuführen. Gleichzeitig erkennen sie, dass dies wohl zu viel Zeit in Anspruch nimmt und darum das unmittelbare, konkrete Handeln von Nöten ist. Am meisten beschäftigt mich, wie wir es mitten in unserem bequemen Wohlstandsleben schaffen, unser Leben mutig neu zu denken und mit neuen Werten und Zielen eine lebensfähige Zukunft zu entwickeln. Auf diese Reise bin ich gespannt.
Du bist ja Unternehmer und hast einige Möglichkeiten, einen Beitrag zu leisten. Was ist deine Vision für die Schweizer Jugendherbergen?
Wir wollen unseren Anteil zu Erreichung der Umweltziele der Schweiz leisten. Dabei sind wir pragmatisch. Wir setzen den Hebel dort an, wo es am effizientesten ist. Den Gast behelligen wir mit unseren Nachhaltigkeitsbemühungen kaum, denn sein Verhalten beeinflusst verhältnismässig wenig. Die Ressourceneffizienz wird zum überwiegenden Teil durch betreiberseitige Faktoren wie durch das Gebäude, die Heizung oder die Wäscherei bestimmt.
Setzt ihr auch Massnahmen gegen die Lebensmittelverschwendung um?
Zur Reduktion von Food Waste haben wir sicher noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Wir halten unsere Gäste aber an, besser mehrmals ans Buffet zu kommen für einen Nachschlag, als sich gleich beim ersten Mal den Teller zu füllen, um dann zu bemerken, dass der Hunger doch kleiner war als gedacht. Ansonsten aber möchten wir die Gäste nicht permanent mit irgendwelchen Schildern behelligen, sie sind in den Ferien und brauchen alles andere als den Mahnfinger.
Das mag sein. Aber viele Gäste finden es auch entlastend, wenn sie wissen, was das Unternehmen für die Nachhaltigkeit tut.
Unbedingt. Unsere Umfragen zeigen ganz deutlich, dass unsere Nachhaltigkeitsbemühungen zu den wichtigsten Gründen gehören, wieso unsere Gäste die Jugendherbergen den Hotels vorziehen. Darum möchten wir unsere Gästeinformationen über all unsere Nachhaltigkeitsbemühungen auch noch verbessern. Hinter den Kulissen passiert viel mehr, als wir unseren Gästen zeigen.
Immerhin habt ihr schon zweimal den Award von myclimate erhalten – das ist ein guter Ausweis!
Beinahe 60 Prozent unserer Gäste kompensieren den CO2-Ausstoss ihrer Übernachtung. Nach 10-jähriger, erfolgreicher Durchführung hat unser Projektpartner myclimate unser System inzwischen zum schweizweiten Tourismusprojekt "cause-we care" ausgeweitet, kopieren erwünscht! Wir dürfen ganz allgemein behaupten, das Vorbild in Sachen Umwelt im Schweizer Tourismus zu sein, das Thema ist in der Branche angekommen. An erster Stelle stehen für uns aber die eigenen Bemühungen, ganz nach dem Prinzip "Vermeiden – Reduzieren – Kompensieren".

Aber von Vision haben wir jetzt eigentlich nicht gesprochen, sondern eher von Massnahmen.
Eine Übernachtung in einer Jugendherberge ist grundsätzlich vergleichsweise sehr umweltschonend, da wir ein einfaches Produkt anbieten. Pro Sternekategorie der Hotellerie verdoppelt sich der CO2-Ausstoss – es ist ganz einfach, je mehr Flächenbedarf und je höher der Servicegrad, umso höher der Umwelteinfluss. Trotzdem wollen wir unseren Reduktionsbeitrag zu den Klimazielen leisten. Beispielsweise haben alle Jugendherbergen das IBEX-fairstay-Label, das sehr umfassend alle betrieblichen Aspekte der Nachhaltigkeit abdeckt. Wir brauchen nicht grosse Visionäre zu sein, wir müssen nicht die Welt neu erfinden, wir setzen nur sehr konsequent um. Wir ersetzen eine Heizung dann, wenn sie sowieso ersetzt werden muss, durch das effizienteste Modell und mit erneuerbarer Energie. Damit haben wir unseren CO2-Ausstoss gegenüber 2000 um 60 Prozent senken können, das ist einiges mehr als die Klimaziele des Bundes vorgeben. Viele Unternehmen behaupten immer noch, es sei illusorisch die Klimaziele zu erreichen. Doch wir müssen aufhören, endlos um zukünftige Reduktionsprozente zu feilschen. Wir müssen handeln, und der resultierende Fortschritt motiviert uns weiter!
Was heisst es für dich im Alltag und auf Reisen, fair unterwegs zu sein?
Im Alltag bewege ich mich mit Muskelkraft, das heisst zu Fuss oder per Velo, das schont die Umwelt und tut mir gut. Wenn es mal schneller oder weiter gehen muss, nütze ich mein GA und fahre mit Bus, Tram und Zug. Erst bei Transporten nehme ich das Auto. Zum Glück habe ich die Gewohnheit, für den Arbeitsweg das Velo zu nehmen, nie aufgegeben. So kommt es selten vor, dass ich bei ein paar Regentropfen gleich der Bequemlichkeit nachgebe und in ein Fahrzeug steige.
Auf Reisen sind mir die unmittelbaren Erlebnisse wichtig, der Kontakt mit den Menschen, der Natur, der Kultur. Fernreisen sind nicht so mein Ding, ich fliege ausserberuflich kaum. Auf Reisen ist das "faire" konsumieren aber um einiges schwieriger als zuhause. Vieles ist unbekannt und die Hintergründe der verfügbaren Produkte sind noch schwieriger zu ergründen. Da hilft meist nur der gesunde Menschenverstand, und dass mich der manchmal täuschen kann, bin ich mir durchaus bewusst.

Woher kommt deine faire und nachhaltige Ausrichtung?
Ich wurde schon früh auf Umweltfragen und soziale Themen sensibilisiert, in der Familie, in der Schule, im Freundeskreis. Im Gymnasium in Olten haben wir viele soziale Fragen diskutiert. Die Anti-AKW-Demos in Gösgen haben Umweltfragen aufgeworfen. Diese haben mich auch beim Architekturstudium sehr beschäftigt. Bauen beansprucht immer ein Stück Natur, als Architekt habe ich aber die Möglichkeit, einen der grössten Umweltfaktoren mit zu beeinflussen. Diese Motivation habe ich in meine berufliche Tätigkeit mitgenommen.
Dann hast du ja den perfekten Job bei den Jugendherbergen.
Die Philosophie der Schweizer Jugendherbergen hat mir den perfekten Raum zur Umsetzung gegeben. Deshalb arbeite ich ja auch schon 25 Jahre da! Viele unserer Mitarbeitenden nehmen ein grosses Stück Motivation aus der Möglichkeit, soziale und ökologische Anliegen in der beruflichen Tätigkeit umsetzen zu können. Es ist ein gutes Gefühl, etwas tun zu können, was Sinn macht, und dies nicht auf das Privatleben reduzieren zu müssen, weil es den Arbeitgeber nicht kümmert. Das wünsche ich mir auch für meine Kinder, dass sie im Berufsleben einmal die Möglichkeit haben, ihre persönlichen Anliegen zu verfolgen. Meine Tochter beginnt mit dem Studium der Umweltwissenschaften an der ETH, mein Sohn ist noch am Gymnasium. Meine Kinder sind Teil einer Generation, die ganz direkt fragt: Wieso ändert ihr nichts, wenn ihr wisst, dass ihr das Klima bald nicht mehr im Griff habt? Da kommen schon Vorwürfe.
Und sind denn die Jungen konsequent in ihrem Umweltverhalten?
Sie sind enorm sensibilisiert und sie setzen vieles um, aber nein, sie sind auch nicht immer konsequent, das fände ich etwas viel verlangt.
Zurzeit ist der Overtourismus ein brennendes Thema. Die Jugendherbergen tragen mit ihren günstigen Übernachtungsmöglichkeiten dazu bei. Steht ihr auch unter dem Diktat des ewigen Wachstums?
Die Jugendherbergen sind entstanden aus dem Anliegen zur internationalen Verständigung und des internationalen Austauschs. Wir glauben, dass hierzu direkte Begegnungen wichtig sind und wir wollen dazu den Raum schaffen, auch für Leute mit kleinem Portemonnaie. Aber klar: je grösser das touristische Angebot, umso mehr Touristen. Wir bieten eine der sozial- und umweltverträglichsten Varianten der Beherbergung, aber das gibt uns nicht die Berechtigung zu endlosem Wachstum. Unser Diktat ist nicht Wachstum, sondern langfristige wirtschaftliche Überlebensfähigkeit.
Wie gefällt dir das Reiseportal fairunterwegs.org?
Mir gefällt die grosse Breite der Themen, die das Reiseportal abdeckt. Ich sehe, wie viel ich als Reisender beeinflusse. Es endet nicht damit, auf das Fliegen zu verzichten, um die Umwelt zu schonen oder auf Airbnb, um nicht alle Bewohner aus ihren Stadtwohnungen zu vertreiben. Ich kann erkennen, dass es auch wichtig ist, auf Kinderarbeit zu achten oder auf den maximalen Nutzen für die einheimische Bevölkerung und vieles mehr. Aber wenn ich konkret eine Reise plane ist es auf fairunterwegs.org nicht ganz so einfach. Die Menge an Informationen ist riesig und der Aufwand, das Wesentliche für die eigene konkrete Reise zu finden, doch erheblich. Ihr müsstet einen Weg finden, wie ihr die Inhalte direkter auf die konkrete Reise abstimmen könnt. Wenn ich mich als Durchschnittskonsument nicht innert nützlicher Frist informieren kann, gebe ich die Recherche zur umweltverträglichen und sozialen Reise auf. Reisebüromitarbeitende täten aber gut daran, sich intensiv mit fairunterwegs.org auseinanderzusetzen, sie finden fast alles und können konzentriert und gebündelt die Kundschaft beraten.
Ernst Ullrich von Weizsäcker, Anders Wijkman: Wir sind dran. Club of Rome: Der große Bericht: Was wir ändern müssen, wenn wir bleiben wollen. Eine neue Aufklärung für eine volle Welt. Gütersloher Verlagshaus, 2017, 400 Seiten, CHF 29.50, EUR 24.99, ISBN 978-3579086934

Du bist ja Unternehmer und hast einige Möglichkeiten, einen Beitrag zu leisten. Was ist deine Vision für die Schweizer Jugendherbergen?
Wir wollen unseren Anteil zu Erreichung der Umweltziele der Schweiz leisten. Dabei sind wir pragmatisch. Wir setzen den Hebel dort an, wo es am effizientesten ist. Den Gast behelligen wir mit unseren Nachhaltigkeitsbemühungen kaum, denn sein Verhalten beeinflusst verhältnismässig wenig. Die Ressourceneffizienz wird zum überwiegenden Teil durch betreiberseitige Faktoren wie durch das Gebäude, die Heizung oder die Wäscherei bestimmt.
Setzt ihr auch Massnahmen gegen die Lebensmittelverschwendung um?
Zur Reduktion von Food Waste haben wir sicher noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Wir halten unsere Gäste aber an, besser mehrmals ans Buffet zu kommen für einen Nachschlag, als sich gleich beim ersten Mal den Teller zu füllen, um dann zu bemerken, dass der Hunger doch kleiner war als gedacht. Ansonsten aber möchten wir die Gäste nicht permanent mit irgendwelchen Schildern behelligen, sie sind in den Ferien und brauchen alles andere als den Mahnfinger.
Das mag sein. Aber viele Gäste finden es auch entlastend, wenn sie wissen, was das Unternehmen für die Nachhaltigkeit tut.
Unbedingt. Unsere Umfragen zeigen ganz deutlich, dass unsere Nachhaltigkeitsbemühungen zu den wichtigsten Gründen gehören, wieso unsere Gäste die Jugendherbergen den Hotels vorziehen. Darum möchten wir unsere Gästeinformationen über all unsere Nachhaltigkeitsbemühungen auch noch verbessern. Hinter den Kulissen passiert viel mehr, als wir unseren Gästen zeigen.
Immerhin habt ihr schon zweimal den Award von myclimate erhalten – das ist ein guter Ausweis!
Beinahe 60 Prozent unserer Gäste kompensieren den CO2-Ausstoss ihrer Übernachtung. Nach 10-jähriger, erfolgreicher Durchführung hat unser Projektpartner myclimate unser System inzwischen zum schweizweiten Tourismusprojekt "cause-we care" ausgeweitet, kopieren erwünscht! Wir dürfen ganz allgemein behaupten, das Vorbild in Sachen Umwelt im Schweizer Tourismus zu sein, das Thema ist in der Branche angekommen. An erster Stelle stehen für uns aber die eigenen Bemühungen, ganz nach dem Prinzip "Vermeiden – Reduzieren – Kompensieren".
Aber von Vision haben wir jetzt eigentlich nicht gesprochen, sondern eher von Massnahmen.
Eine Übernachtung in einer Jugendherberge ist grundsätzlich vergleichsweise sehr umweltschonend, da wir ein einfaches Produkt anbieten. Pro Sternekategorie der Hotellerie verdoppelt sich der CO2-Ausstoss – es ist ganz einfach, je mehr Flächenbedarf und je höher der Servicegrad, umso höher der Umwelteinfluss. Trotzdem wollen wir unseren Reduktionsbeitrag zu den Klimazielen leisten. Beispielsweise haben alle Jugendherbergen das IBEX-fairstay-Label, das sehr umfassend alle betrieblichen Aspekte der Nachhaltigkeit abdeckt. Wir brauchen nicht grosse Visionäre zu sein, wir müssen nicht die Welt neu erfinden, wir setzen nur sehr konsequent um. Wir ersetzen eine Heizung dann, wenn sie sowieso ersetzt werden muss, durch das effizienteste Modell und mit erneuerbarer Energie. Damit haben wir unseren CO2-Ausstoss gegenüber 2000 um 60 Prozent senken können, das ist einiges mehr als die Klimaziele des Bundes vorgeben. Viele Unternehmen behaupten immer noch, es sei illusorisch die Klimaziele zu erreichen. Doch wir müssen aufhören, endlos um zukünftige Reduktionsprozente zu feilschen. Wir müssen handeln, und der resultierende Fortschritt motiviert uns weiter!
Was heisst es für dich im Alltag und auf Reisen, fair unterwegs zu sein?
Im Alltag bewege ich mich mit Muskelkraft, das heisst zu Fuss oder per Velo, das schont die Umwelt und tut mir gut. Wenn es mal schneller oder weiter gehen muss, nütze ich mein GA und fahre mit Bus, Tram und Zug. Erst bei Transporten nehme ich das Auto. Zum Glück habe ich die Gewohnheit, für den Arbeitsweg das Velo zu nehmen, nie aufgegeben. So kommt es selten vor, dass ich bei ein paar Regentropfen gleich der Bequemlichkeit nachgebe und in ein Fahrzeug steige.
Auf Reisen sind mir die unmittelbaren Erlebnisse wichtig, der Kontakt mit den Menschen, der Natur, der Kultur. Fernreisen sind nicht so mein Ding, ich fliege ausserberuflich kaum. Auf Reisen ist das "faire" konsumieren aber um einiges schwieriger als zuhause. Vieles ist unbekannt und die Hintergründe der verfügbaren Produkte sind noch schwieriger zu ergründen. Da hilft meist nur der gesunde Menschenverstand, und dass mich der manchmal täuschen kann, bin ich mir durchaus bewusst.
Woher kommt deine faire und nachhaltige Ausrichtung?
Ich wurde schon früh auf Umweltfragen und soziale Themen sensibilisiert, in der Familie, in der Schule, im Freundeskreis. Im Gymnasium in Olten haben wir viele soziale Fragen diskutiert. Die Anti-AKW-Demos in Gösgen haben Umweltfragen aufgeworfen. Diese haben mich auch beim Architekturstudium sehr beschäftigt. Bauen beansprucht immer ein Stück Natur, als Architekt habe ich aber die Möglichkeit, einen der grössten Umweltfaktoren mit zu beeinflussen. Diese Motivation habe ich in meine berufliche Tätigkeit mitgenommen.
Dann hast du ja den perfekten Job bei den Jugendherbergen.
Die Philosophie der Schweizer Jugendherbergen hat mir den perfekten Raum zur Umsetzung gegeben. Deshalb arbeite ich ja auch schon 25 Jahre da! Viele unserer Mitarbeitenden nehmen ein grosses Stück Motivation aus der Möglichkeit, soziale und ökologische Anliegen in der beruflichen Tätigkeit umsetzen zu können. Es ist ein gutes Gefühl, etwas tun zu können, was Sinn macht, und dies nicht auf das Privatleben reduzieren zu müssen, weil es den Arbeitgeber nicht kümmert. Das wünsche ich mir auch für meine Kinder, dass sie im Berufsleben einmal die Möglichkeit haben, ihre persönlichen Anliegen zu verfolgen. Meine Tochter beginnt mit dem Studium der Umweltwissenschaften an der ETH, mein Sohn ist noch am Gymnasium. Meine Kinder sind Teil einer Generation, die ganz direkt fragt: Wieso ändert ihr nichts, wenn ihr wisst, dass ihr das Klima bald nicht mehr im Griff habt? Da kommen schon Vorwürfe.
Und sind denn die Jungen konsequent in ihrem Umweltverhalten?
Sie sind enorm sensibilisiert und sie setzen vieles um, aber nein, sie sind auch nicht immer konsequent, das fände ich etwas viel verlangt.
Zurzeit ist der Overtourismus ein brennendes Thema. Die Jugendherbergen tragen mit ihren günstigen Übernachtungsmöglichkeiten dazu bei. Steht ihr auch unter dem Diktat des ewigen Wachstums?
Die Jugendherbergen sind entstanden aus dem Anliegen zur internationalen Verständigung und des internationalen Austauschs. Wir glauben, dass hierzu direkte Begegnungen wichtig sind und wir wollen dazu den Raum schaffen, auch für Leute mit kleinem Portemonnaie. Aber klar: je grösser das touristische Angebot, umso mehr Touristen. Wir bieten eine der sozial- und umweltverträglichsten Varianten der Beherbergung, aber das gibt uns nicht die Berechtigung zu endlosem Wachstum. Unser Diktat ist nicht Wachstum, sondern langfristige wirtschaftliche Überlebensfähigkeit.
Wie gefällt dir das Reiseportal fairunterwegs.org?
Mir gefällt die grosse Breite der Themen, die das Reiseportal abdeckt. Ich sehe, wie viel ich als Reisender beeinflusse. Es endet nicht damit, auf das Fliegen zu verzichten, um die Umwelt zu schonen oder auf Airbnb, um nicht alle Bewohner aus ihren Stadtwohnungen zu vertreiben. Ich kann erkennen, dass es auch wichtig ist, auf Kinderarbeit zu achten oder auf den maximalen Nutzen für die einheimische Bevölkerung und vieles mehr. Aber wenn ich konkret eine Reise plane ist es auf fairunterwegs.org nicht ganz so einfach. Die Menge an Informationen ist riesig und der Aufwand, das Wesentliche für die eigene konkrete Reise zu finden, doch erheblich. Ihr müsstet einen Weg finden, wie ihr die Inhalte direkter auf die konkrete Reise abstimmen könnt. Wenn ich mich als Durchschnittskonsument nicht innert nützlicher Frist informieren kann, gebe ich die Recherche zur umweltverträglichen und sozialen Reise auf. Reisebüromitarbeitende täten aber gut daran, sich intensiv mit fairunterwegs.org auseinanderzusetzen, sie finden fast alles und können konzentriert und gebündelt die Kundschaft beraten.
Ernst Ullrich von Weizsäcker, Anders Wijkman: Wir sind dran. Club of Rome: Der große Bericht: Was wir ändern müssen, wenn wir bleiben wollen. Eine neue Aufklärung für eine volle Welt. Gütersloher Verlagshaus, 2017, 400 Seiten, CHF 29.50, EUR 24.99, ISBN 978-3579086934