"Es ist bitterkalt im hundertjährigen Steinhaus, irgendwo in der Grenzregion zwischen Israel und Westjordanland. Kein Glas im Fenster, keine Türen in den Steinbögen, ein eisiger Wind fegt durchs Haus. Diese Gemäuer haben schon manchen Krieg erlebt. So ganz direkt 1948 als das gesamte palästinensische Dorf vertrieben wurde, wie man uns erzählt. Heute lebt ein Teil der Flüchtlinge und Nachfahren einige Kilometer weiter oben am Hügel. Und heute tobt wieder ein Krieg, nur siebzig Kilometer entfernt. Und doch ist es einem verblüffend warm ums Herz hier. Das liegt nicht nur am kleinen Holzofen, der nun zusammengebaut und eingefeuert wird. Eine palästinensische Familie aus dem Dorf ist gekommen, drei Männer aus Nachbardörfern und etwa zehn Israelis aus Jerusalem und Haifa.
Ein junger Filmemacher aus einem Kibbutz neben Sderot ist angereist. Sein Film startet hier im März in den Kinos. Als eine Vorpremiere der besonderen Art zeigt er uns heute auf einem alten Leintuch seinen Spielfilm "18 km", über das Leben in Sderot unter der ständigen Angst vor Quassam-Raketen. Avi weiss, wovon er spricht. Er kennt die Angst, die Geschichten der Opfer. Und vielleicht gerade deshalb macht ihm der Krieg schwer zu schaffen. Er ist ganz und gar gegen diesen Krieg! Ein Krieg der auch in seinem Namen geführt wird. Und gemäss seiner Einschätzung wäre diese Haltung in der Stadt Sderot wohl exotisch, aber in den Kibbutz-Siedlungen im Süden Israels schätzt er sich in guter Gesellschaft.
Das Zusammenkommen dieses bunten Grüppchens tut den Beteiligten sichtlich wohl. Die junge palästinensische Mutter hält ein starkes, wortgewaltiges Statement für ein Leben in Frieden. Frieden solle nicht nur hier sondern als ein universelles Prinzip gelten. Niemand solle erleben, was ihr seit Tagen nachläuft. Die Geschichte eines Vaters in Gaza, der seine Familie in einer Höhle in Sicherheit brachte und sich alleine auf den gefährlichen Weg machte um Brot zu kaufen. Als er heil zurückkehrte war seine Familie tot.
Wie viel einfacher es doch wäre sich hier in Feindbilder zu flüchten. Die kleine Gruppe hier wird den Krieg nicht stoppen. Miriam aus Israel spricht denn auch von "small peace", solche Treffen würden ihr schlicht und einfach helfen, an diesem verrückten Ort gesund zu bleiben. Mir auch.
Urs"
Seit November 2008 berichten Freiwillige aus dem ökumenischen Begleitprogramm EAPPI laufend von ihren Erfahrungen als MenschenrechtsbeobachterInnen in Palästina/Israel im Blog auf fairunterwegs.org.