Eigentlich ist alles klar: Nach dem Ende des Militärflugplatzes Raron übernimmt die Gemeinde Raron den Boden und hat dort andere Pläne. Jedenfalls will Raron seine Landreserven im Westen nicht als betoniertes Flugfeld vergeuden. Ein Naherholungsgebiet und eine Industriezone- das sind Trümpfe, die Raron in Zukunft zu einem attraktiven Wohnort machen sollen.
Doch die Gemeinde hat ihre Rechnung nicht mit der Fluggruppe Oberwallis gemacht. Der Verein mit seinen – nach eigenen Angaben – rund 100 Mitgliedern hat zwei Clubeigene Flugzeuge auf dem Flugfeld stationiert und fliegt regelmässig von Raron aus; zu Ausbildungszwecken, für Passagierflüge oder einfach zum Vergnügen. Der Verein weiss seine Interessen zu wahren. Denn: Würde die Gemeinde Raron ihre Pläne realisieren, müsste sich die Fuggruppe wohl einen anderen Flugplatz für ihr Hobby suchen. Die Fluggruppe überlässt den Flugplatz Raron deshalb nicht kampflos den Rarnern. Lobbying direkt beim Kanton hat wohl zur skandalösen Stellungnahme des Departements Cina geführt: Ende November wurde bekannt, dass sich der Kanton in seiner Stellungnahme gegenüber dem Bund für den Erhalt des Flugplatzes ausspricht. Konkret geht es darum, dass der Flugplatz Raron wieder aus dem Sachplan Infrastruktur Luftfahrt (SIL) gestrichen wird. Dieser Sachplan des Bundesamts für Zivilluftfahrt (Bazl) definiert, welche Flugpisten in der Schweiz für den zivilen Flugverkehr offenbleiben. Raron wurde 2003 in den SIL neu aufgenommen, nachdem sich die Armee Mitte der 90er-Jahre definitiv aus Raron verabschiedet hatte.
Erst auf Ersuchen der Gemeinde Raron nimmt der Kanton zum Erhalt des Rarner Flugfelds überhaupt Stellung. Die Gemeinde gelangte nach dem klaren Entscheid der Rarner an der Urne ans Bazl und verlangte die Streichung aus dem SIL. Im Herbst 2010 stimmten knapp 75 Prozent gegen den Erhalt des Flugplatzes Raron. Dies nachdem sich bereits der Gemeinderat und eine Petition gegen den Erhalt des Flugplatzes ausgesprochen hatten. Das alles interessierte den Kanton wenig.

Im letzten November gab er bekannt, dass er sich gegen eine Streichung von Raron aus dem SIL ausspreche. In einer Stellungnahme begründete Staatsrat Jean-Michel Cina das ignorieren des Rarner Verdikts damit, dass man beim Kanton "eine Interessenabwägung vorgenommen" habe. Zu Gunsten der Fluggruppe. Wenn man weiss, wie die Gruppe operiert, ist dies wenig erstaunlich. Im Dezember 2010 machte die Gemeinde Raron öffentlich, dass die Fluggruppe Investoren, die im Bereich des Flugplatzes bauen wollten, schriftlich anging. Die Gruppe stellte in ihrem Schreiben die Zonenkonformität in Frage. Das Ziel dieser Aktion ist klar: Indem Investoren vom Bau in der Rarner Industriezone abgehalten werden, wird der Status Quo erhalten – die Fluggruppe kann weiterfliegen. Den Eiertanz um den Flugplatz Raron lassen sich Bürger nun nicht mehr bieten. Sie haben sich zusammengeschlossen. Der "Verein gegen den Flugplatz Raron" hatte bereits mit seiner Petition gegen den Flugplatz ein deutliches Zeichen gegen das zivile Flugfeld gesetzt – jetzt weitet der Verein seinen Aktionsradius aus: Mitte Februar hat der Verein an einer Versammlung entschieden, dass man nun die umliegenden Gemeinden in den Kampf gegen das zivile Flugfeld einspannt. Denn Gemeinden wie Baltschieder, Visp, Steg, Niedergesteln sowie die beiden Berggemeinden Eischoll und Unterbäch sind von der Nutzung der Rarner Piste als privates Flugfeld betroffen. Ausserdem schaltet sich die Politik auf Kantonsebene ein: Nachdem die SP Oberwallis bereits in einer Resolution ihren Unmut über den Kantonsentscheid kundgetan hat, geht man nun einen Schritt weiter. An der nächsten Fraktionssitzung ist das Thema traktandiert, wie Präsidentin Doris Schmidhalter-Näfen bestätigt.
Vielleicht gibt es für den Flugplatz Raron aber auch eine schnellere Lösung: Der Verein gegen den Flugplatz Raron will eine juristische Lücke gefunden haben. Es existiere schlicht kein Gesetz, dass die Gemeinde daran hindere, das Flugfeld einfach zu sperren. Die Gemeinde selbst ist zurzeit dabei, dies von einem Juristen abklären zu lassen. Gut möglich also, dass in den nächsten Wochen in Raron einfach die Reissleine gezogen und der Flugplatz gesperrt wird.

Interessierte, die sich im Verein gegen den Flugplatz engagieren wollen, melden sich bei: Verein gegen den Flugplatz Raron, Erich Künzi, Bietschiweg 28, 3942 Raron.

Dieser Beitrag erschien in der unabhängigen Walliser Zeitung "Rote Anneliese" (www.roteanneliese.ch), Nr. 21, Februar 2012. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung.