Die Corona-Krise hat die europäische Flusskreuzfahrtbranche 2020 fast vollständig zum Erliegen gebracht und die Aussichten für das kommende Jahr sind ungewiss. Dies hat zu einem massiven Umsatz- und Gewinneinbruch geführt, in dessen Folge viele Reedereien und Betreiber wirtschaftlich in Nöte geraten. Besonders problematisch ist dabei die Situation des Bordpersonals. Die Krise bringt ihre ohnehin oftmals nur unzureichende soziale Absicherung besonders deutlich zum Ausdruck. 

Viele Unternehmen haben sich anständig verhalten und sich um das Personal gekümmert. Es wurden die rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft, etwa indem Kurzarbeitergeld bei den staatlichen Behörden beantragt wurde. Einige Unternehmen haben von sich aus auf eigene Kosten Lohnfortzahlung über das gesetzliche Niveau geleistet. Andere hingegen – und dies sind leider keine Einzelfälle – haben den Mitarbeitern gekündigt, obwohl Kurzarbeitsgeld möglich gewesen wäre. Diese Firmen haben den damit verbundenen administrativen und auch finanziellen Aufwand (Sozialbeiträge müssen vom Arbeitgeber beglichen werden) auf Kosten der Beschäftigten gescheut. Dies ist genauso inakzeptabel wie die vielen uns bekannten Einzelfälle von unwürdigen Umständen im Zusammenhang mit den kurzfristigen Kündigungen. So fehlten Endabrechnungen oftmals oder waren inkorrekt, Urlaubs- und Freitage wurden einkassiert etc.

Mangelnde soziale Rechte in der EU und der Schweiz

Darüber hinaus sind zwei strukturelle Probleme der sozialen Rechte des oftmals aus Osteuropa stammenden Bordpersonals in dieser Krise deutlich zutage getreten: 

Diskriminierung osteuropäischer Beschäftigter bei Arbeitslosigkeit

Die meisten Beschäftigten mit Wohnsitz in einem osteuropäischen Land erhalten nach ihren Einsätzen für westeuropäische Firmen, für die sie ordentliche Beiträge in die jeweilige westeuropäische Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben, bei Arbeitslosigkeit nur den in ihrem Heimatland geltenden, meist gedeckelt niedrigen Tarif. So hat etwa ein Nautilus-Mitglied aus Rumänien, das jahrelang in der Schweiz auf sein Gehalt von knapp 3’300 Euro brutto Beiträge für die Arbeitslosenversicherung gezahlt hatte, nun 75 Euro Arbeitslosengeld, während seine deutschen oder holländischen Kollegen bei knapp 2’000 Euro liegen. Hier sind die Sozialpartner auf europäischer Ebene branchenübergreifend gefordert, Druck auf die EU-Kommission auszuüben, um eine gesamteuropäische Reform dieser strukturellen Diskriminierung zu bewirken.

Hire and Fire: Mangelnder Kündigungsschutz in der Schweiz

Auch wenn während des Lockdowns Firmen, die unter Auftragsmangel leiden, überall in Europa Kündigungen aussprechen konnten, so ist dies in der Schweiz aufgrund fehlender Kündigungsschutzgesetze besonders einfach möglich, selbst bei langgedienten Mitarbeitern. Die Schweiz wurde hierfür von der Internationalen Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen ILO auf eine schwarze Liste gesetzt und aufgefordert gesetzliche Verbesserungen einzuführen. Nautilus unterstützt hier die Bestrebungen des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, den Druck auf den Schweizer Bundesrat zur Kurskorrektur zu erhöhen.