Basel, 27.11.2008, akte/ „Die politischen Führer dieser Welt sollten sich dafür entschuldigen, dass sie das vor 60 Jahren gegebene Versprechen der Gleichheit und Gerechtigkeit nicht gehalten haben“, fordert Amnesty International im Vorwort zum Jahresbericht 2008: „Viele Regierungen haben sich in den vergangenen sechs Jahrzehnten vor allem für den eigenen Machterhalt und die eigenen Interessen eingesetzt und weniger für die Rechte der Menschen ihres Landes.“

Nach einer Analyse der Umsetzung der Menschenrechte in den verschiedenen Regionen der Welt kommt Amnesty International zum Schluss, dass die gemeinsame Vision, welche 1948 die politischen Führer zur Erklärung der Menschenrechte und damit zu einem „aussergewöhnlichen Akt der Führungsstärke“ bewogen habe, heute den Regierenden fehle. Dennoch zieht Amnesty International die positive Bilanz, dass die Menschenrechte viel bewegt haben und bewegen werden. Zum einen setzt sich die UNO innerhalb ihrer Wirkungsmöglichkeiten auch heute noch immer wieder engagiert für Menschenrechte ein. Vor allem aber verweist Amnesty International auf das beeindruckende Engagement der Zivilbevölkerung:
„In einem Ausmass, wie es 1948 nicht vorstellbar war, hat sich heute eine globale Bürgerbewegung herausgebildet, die von den politischen Führern die Wahrung und Förderung der Menschenrechte verlangt. Juristen im schwarzen Anzug in Pakistan, Mönche in safranfarbenen Roben in Myanmar: Am 17. Oktober 2007 haben 43,7 Millionen Menschen ihre Stimme erhoben und lautstark nach Taten zur Bekämpfung der Armut gefordert – die eindrucksvolle Demonstration einer globalen Bürgerschaft, die fest entschlossen ist, sich für die Menschenrechte stark zu machen und ihre politischen Führer in die Verantwortung zu nehmen.

In einem Dorf im Norden von Bangladesch sitzt auf einem staubigen Platz eine Gruppe Frauen auf Bambusmatten. Sie nehmen an einem Informationsprogramm zum Thema Menschenrechte teil. Kaum eine von ihnen kann lesen oder schreiben, doch sie hören aufmerksam zu, wie ihnen die Lehrerin anhand von Zeichnungen erläutert, dass nach den Gesetzen ihres Landes Kinderehen verboten sind und dass jede Frau ihrer Eheschliessung ausdrücklich zustimmen muss. Die Frauen haben gerade einen Mikro-Kredit von der bekannten Nichtregierungsorganisation Bangladesh Rural Advancement Committee erhalten. Eine hat sich mit dem Geld eine Kuh gekauft, um durch den Verkauf der Milch ihren Lebensunterhalt aufzubessern. Eine andere will sich eine Nähmaschine kaufen und eine kleine Schneiderei aufmachen. Was erhofft sie sich von dieser Informationsreihe? „Ich will mehr über meine Rechte erfahren“, sagt sie. „Ich will nicht, dass meine Töchter so leiden müssen wie ich, deshalb muss ich wissen, wie ich meine Rechte und auch ihre Rechte schützen kann.“ In ihren Augen glänzen die Hoffnung und die Entschlossenheit von Millionen ihrer Geschlechtsgenossinnen auf der ganzen Welt.

60 Jahre nach der Verabschiedung der Erklärung der Menschenrechte ist die Kraft der Menschen, Hoffnung zu säen und den Wandel herbeizuführen, sehr lebendig. Das Bewusstsein für die Menschenrechte hat den ganzen Erdball ergriffen.

Die politischen Führer dieser Welt übersehen das zu ihrem eigenen Schaden.“

Lesen Sie das äusserst spannende Vorwort zum Jahresbericht 2008 von Amnesty International in der Vollversion (pdf) Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung von Amnesty International
Erfahren Sie mehr über die Aktionen rund um das Jubiläum und den Menschenrechtstag am 10. Dezember auf www.amnesty.ch und www.humanrights.ch
Bild Wikimedia: Eleanor Roosevelt mit der Menschenrechtserklärung auf Spanisch.