Globaler Ethikkodex der Welttourismusorganisation soll UNO-Sache werden: Höher hängen, um Boden zu gewinnen?
Auf ihrer Generalversammlung vom Herbst 1999 haben die Mitglieder der Welttourismusorganisation (WTO) einhellig einen «Globalen Ethikkodex» zum Tourismus verabschiedet (vgl. akte-Kuna 4/99). Nun soll dieser «Global Code of Ethics» vom Wirtschafts- und Sozialrat der UNO (ECOSOC) auf ihrer Jahrestagung im Juli 2001 im Genf gutgeheissen und mit einer entsprechenden Empfehlung an die Generalversammlung der Vereinten Nationen für ihre kommende Herbstsitzung überwiesen werden.
Das hört sich ehrenvoll an und kann durchaus eine wichtige Signalwirkung auf Regierungen und die Privatwirtschaft haben, den Kodex endlich ernst bzw. überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Der «Global Code of Ethics» der WTO entwirft in neun Punkten wichtige Leitlinien, wie ethisches Wirtschaften und Verhalten der einzelnen AkteurInnen im Tourismus aussehen müsste. Im zehnten Punkt wird ein Vorgehen zur Umsetzung skizziert, insbesondere mit einem Schlichtungsverfahren. Das ausführende Implementierungsgremium, «The World Committee on Tourism Ethics» – bestehend aus Mitgliedern der WTO aus allen Weltregionen und Ver-antwortlichen aus Regierung, Privatwirtschaft, Gewerkschaften sowie NROs – soll auf der kommenden Mitgliederversammlung der WTO im Herbst 2001 (endlich) zusammengestellt werden und seine Tätigkeit ab 1.1.2002 aufnehmen. Eine hochoffizielle Anerkennung des Globalen Ethikkodexes im Tourismus von Seiten der UNO-Generalversammlung spielt im Vorfeld der Zusammensetzung des «World Committee of Tourism Ethics» gewiss eine Rolle, und man versteht, dass der WTO-Vertreter bei der UNO, Rafeeuddin Ahmed, die Mitglieder seiner Organisation dazu aufruft, bei den ECOSOC-LändervertreterInnen wirksam für den «Global Code of Ethics in Tourism» zu lobbyieren. Doch – das fragen wir uns – verhilft dies dem «Global Code» wirklich dazu, dass die Tourismusentwicklung künftig die Menschenrechte respektiert und die Prinzipien der Nachhaltigkeit verfolgt, was eigentlich längst mit weit gewichtigeren UNO-Resolutionen und -Konventionen gewährleistet werden sollte? Oder wird damit die Verantwortung für die Umsetzung des Kodexes auf ranghöchste Stufe delegiert, wo sie, in Ruhm und Ehre sicherlich, aber dennoch aufs Abstellgleis deponiert ist?
Wir im akte haben den Vorstoss der WTO für einen Globalen Ethikkodex begrüsst und uns aktiv in die Ausarbeitung eingegeben. Wir haben unsere Mitarbeit mit der Hoffnung verknüpft, dass der «Global Code of Ethics» der WTO, der an sich immer nur ein Set von empfehlenden Leitlinien – die wir so umfassend wie möglich anstrebten – sein kann, von Ländern, Regionen, von Unternehmen aufgegriffen und auf konkrete, verbindliche Massnahmen im politischen Bereich und auf «Codes of Conduct», das heisst auf überprüfbare Verhaltenskodexe für die einzelnen AkteurInnen, herunterbuchstabiert wird. Viel lieber als vor der UNO-Generalversammlung würden wir deshalb den WTO-Kodex heute auf Ebene der Länder und der Tourismuswirtschaft angesiedelt sehen, wo er umgesetzt werden müsste; und dies noch längst bevor (endlich) strategisch-taktisch ein Umsetzungsgremium von der WTO eingesetzt wird, das zu einer notgedrungen schwammigen Implementierung anhält. Wir haben den «Global Code of Ethics» als Chance für ein Instrument begriffen, das wirksam mithilft, dass besonders benachteiligte Bevölkerungsgruppen – Frauen, Kindern, Indigene Gemeinschaften – weniger unter dem Tourismus zu leiden haben und mehr davon profitieren können. Kann nun die Resolution des ECOSOC bei der UNO-Generalversammlung darauf hinwirken? Dann unterstützen wir diesen Vorstoss voll. /plus
Quellen: www.world-tourism.org; www.un.org/esa/coordination/ecosoc; travelmanager, Dezember 2000; eigene Recherchen