Deepti und ihr Mann haben genug vom überbordenden Müllproblem: von den Plastiksäcken im Wasser, die den Quallen ähnlich sehen, den Glassplitter der Bierflaschen, die im Strudel der ins Meer geleiteten Abwässer tanzen. Von diesen Stränden, die man vergessen kann. Und von den Hügeln und Strassenrändern, die übersät sind mit Müll. Abseits der Küsten haben die Minenunternehmen ganze Landstriche als rostfarbene offenen Wunden hinterlassen, wo Pfauen am vergifteten Grundwasser verenden. Sie wollen auch den Mandovi Fluss mit den schwimmenden Casinos und ihren Abwässern einfach vergessen. Kolibakterien haben die Muscheln in den Flüssen dezimiert, die Nistplätze der Meeresschildkröten wurden vernichtet. Der Bauboom ist exzessiv. Innerhalb von Monaten verschwinden Wohnhäuser, und an ihrer Stelle stehen Luxusappartmentkomplexe, für deren Bau Sand aus den Flüssen abgebaut und Wasser von den Grundwasserquellen bezogen wurde, die im Januar ausgetrocknet sind. Der jüngste Horror ist die "Öko-Tourismus"-Anlage im ökologisch sensiblen Gebiet des Chapora-Flusses: mit Anlagestellen für Fähren, einem Touristendorf, einem Museum, Jachthäfen, einem Quai für die Fischer, Hotels, einem Unterwasser-Aquarium, einem Sea World Themenpark, einem Vogelpark, einer Abenteuer-Sportsinsel, einem Baumkronenhotel, einem Ausstellungs-Center…
Auch viele andere wollen auswandern oder zurück in ihre ursprüngliche Heimat. Die einen wegen des schmutzigen Meers oder wegen skrupelloser Unternehmen, die die Lokalbevölkerung über den Tisch ziehen. Andere wegen des Verkehrschaos, der Verschmutzung, der verrückten Touristen oder der Verwandlung der einstigen Idylle in eine Betonwüste. Und wegen der allgegenwärtigen Korruption.
Die internationalen Ankünfte sind rückläufig, in den letzten zwei Jahren sind es satte 20 Prozent weniger. 42 Prozent der RussInnen, die in den letzten vier Jahren ihren Urlaub in Goa verbracht hatten, wollen gemäss Umfrage von IndyaWire.com nicht mehr wiederkommen: zu teuer, zu schmutzig, die Taxi-Mafia zu aggressiv, zu viele Übergriffe auf Frauen, eine zu unkooperative Polizei.

Billig- statt Qualitätstourismus gibt Goa den Rest

Dafür hat der Inlandtourismus zwischen 2013 und 2014 um 35 Prozent zugenommen. Doch die Inlandtouristen bringen der Lokalbevölkerung kein Geld. Sie kommen mit ihren Familienautos, übernachten in Billighotels internationaler Ketten und kochen wenn möglich ihr eigenes Essen oder verpflegen sich all-inclusive, und sie verursachen Unmengen an Abfall. Die Tourismuseinkünfte sind rückläufig, die Umweltkosten riesig. Das widerspricht der offiziellen Strategie der Regierung Goas, den Tourismus auf Qualität statt Quantität auszurichten. Sie hat erreicht, dass die Hippies jetzt fernbleiben. Aber die qualitätsbewussten Touristen sind nie gekommen. Und sie werden es auch nicht, wenn die Regierung dereinst die superteure Gondelbahn von der Hauptstadt zu einer Burg auf der anderen Seite des Flusses gebaut haben wird – die neuste Geheimwaffe, mit der die Luxustouristen angelockt werden sollen.
Denn was Goa ausmachte und an einzelnen Flecken noch ausmacht, sind Naturstrände, Dörfer mit Charme, urprüngliche Landschaften im Landesinnern, freundliche Menschen, eine tolerante Kultur. Es gibt immer noch Hoffnung: Etwa die neue (allerdings umstrittene) Müllaufbereitungsanlage in Saligao, wo die Gemeinden gute Arbeit leisten. Zivilgesellschaftliche Gruppen und Einzelinitiativen kämpfen für ein besseres Goa, versuchen das Bewusstsein für die Abfallproblematik zu fördern und starten Rezyklier- und Kompostinitiativen. Aber ohne klare Steuerung durch die Regierung ist keine Rettung in Sicht.
Lesen Sie den vollständigen Originalbeitrag (auf Englisch) im   Guardian vom 7. September 2016