Goa, Indien: Tourismuslobby gegen neues Grundwassergesetz
Solange die Provinzregierung nicht in der Lage sei, den Wasserbedarf der Privathaushalte und Hotelbetriebe zu decken, habe sie moralisch kein Recht, die Wassernutzung im indischen Bundesstaat Goa zu reglementieren, empörte sich die „Travel & Tourism Association of Goa“ (TTAG) im März 2001. Der Protest der Tourismuslobby richtet sich gegen das geplante Grundwassergesetz („Ground Water Bill 2001“), das sich bis Mitte März in Vernehmlassung befand. Mit dem neuen Gesetz will die Regierung den Wasserverbrauch in den Küsten-, Minen- und Industriegebieten Goas reglementieren und so die Grundwasserressourcen vor Verunreinigung und Übernutzung schützen. Die kommerzielle Nutzung des Grundwassers für diverse Industriezweige hat nach Ansicht der Provinzregierung dazu geführt, dass Bäche, traditionelle Bewässerungskanäle und Trinkwasserressourcen belastet werden. Als Abhilfe will sie einen „Canal Officer“ einsetzen, der Wasserknappheitsgebiete ausweist und dafür sorgt, dass nur noch registrierte und (eventuell gegen Gebühr) autorisierte Brunnen genutzt werden.
Diese Vorschläge stossen bei Bürgerrechts- und Umweltgruppen auf wenig Gegenliebe. Sie befürchten, dass die Brunnenregelung in erster Linie die Bevölkerung strapazieren wird, die allsommerlich unter gravierender Wasserknappheit zu leiden hat. An die Stelle des dezentralisierten Wasserversorgungssystems mittels Dorfbrunnen hat die Provinzregierung längst ein zentralisiertes, auf Staudämmen basierendes Modell gesetzt. Doch das schlecht verwaltete Netz ist nicht in der Lage, den wachsenden Wasserbedarf im Bundesstaat zu decken. Um-weltorganisationen wie die „Goa Foundation“ sehen die Ursache der Wasserkrise nicht im Wasserkonsum der Dorfbevölkerung der an sich regenreichen Region begründet, sondern in der kommerziellen Ausbeutung der Grundwasserreserven. Da Goa wasserverschleissende Industrien und Luxushotels willkommen heisse, ohne eine ausreichende öffentliche Wasserversorgung sicherstellen zu können, müssten diese das Grundwasser anzapfen. Dies bestätigt Präsident Balaram von der Tourismusvereinigung TTAG. Fast 80 Prozent der Tourismusanlagen im nordgoanischen Strandgürtel erhielten derart wenig Wasser, dass die Einrichtungen schliessen müssten, wenn sie nicht Zugang zu privaten Brunnen hätten oder Wasser per Tanklaster anliefern liessen. Sogar bei Wiederaufbereitung von Brauchwasser, müsse ein Fünf-Stern-Hotel täglich zehn bis fünfzehn Tankwagen Wasser bei Privatanbietern einkaufen, schätzt Balaram. Während der Sommermonate seien es in ganz Südgoa gar bis zu 300 Tanklaster täglich. Das neue Gesetz, das die Nutzung von Grundwasser im Küstenbereich beschränken könnte, interpretiert die TTAG daher als gezielte und existenzbedrohende Speerspitze gegen die Hoteliers, denn schliesslich befinde sich die grösste Hoteldichte Goas in eben dieser Zone.
Der Wasserverschleiss für Hotelgäste liegt gemäss der TTAG bei durchschnittlich 500 Liter Wasser pro Einzelzimmer und Tag – dies sind weit mehr als die 150 Liter, die goanische Nicht-Regierungsorganisationen für ihre Landsleute einfordern. Besonders bedenklich ist die Entwicklung von wasserintensiven Golfplätzen, mit denen die Regierung neuerdings kaufkräftige TouristInnen nach Goa zu locken hofft. Im bekannten Ferienort Calangute stösst auch die grosse Swimmingpooldichte in unmittelbarer Meeresnähe auf Kritik. Innerhalb ei-nes Radius von nur 200 Meter seien nicht selten vier bis fünf Pools anzutreffen, deren Chemikalien das Grundwasser belasten könnten, empört sich der katholische Ortspfarrer. Tatsächlich ist das Brunnenwasser in Hotelnähe nicht mehr trinkbar, wie eine Studie der Universität von Goa kürzlich feststellte. Besonders gravierend ist die Situation nahe der grossen Appartementhäuser, die in den neunziger Jahren so zahlreich zu Unterkünften für ChartertouristInnen umgebaut, aber nicht mit der nötigen Infrastruktur versehen wurden. „Ein unkontrolliertes Tourismuswachstum hat in Calangute dazu geführt, dass die meisten Hotels ihre Abwässer ungereinigt in naheliegende, bereits überlastete Kanalisationsrohre einleiten“, klagt Dr. Joe D’Souza, Verfasser der Studie. Der Gemeinderat von Calangute hat die Hoteliers nun aufgefordert, Abwasseranlagen einzurichten, ansonsten ihnen die Hotellizenz entzogen würde. /frei
Quellen: Goanews, 20.3.2001 (http://goacom.com); The Times of India, 18.3.2001 (www.indiatimes. com); India Abroad Daily, 17.3.2001 (www.indiaabroaddaily.com); Environment News Service, 27.12.2000 (http://ens.lycos.com); epo – Entwicklungspolitik Online, März 2000 (www.epo.de/itb/news/goa2.html)