Griechenland: Grösste griechische Hotelkette als Pionier in Sachen Umweltschutz
Welche Umweltmassnahmen lassen sich bei Ferienhotels am Meer in der Praxis verwirklichen? Dieser Frage war kürzlich ein Workshop des Schweizerischen Reisebüroverbands (SRV) gewidmet. 15 Reisefachleute aus ganz unterschiedlichen Bereichen begaben sich an den kretischen Badeort Rethymnon, um sich an Ort und Stelle ein Bild zu machen. Auf ausgedehnten
Rundgängen durch zwei Strandhotels der Hotelkette «Grecotel», mittels Vorträgen und in intensiven Gesprächen lernten sie die Ökologisierungsschritte kennen, welche Grecotel in den letzten sechs Jahren unternommen hat.
Dass ausgerechnet die grösste Hotelkette des Landes mit rund 3’500 Angestellten und insgesamt 15 Hotels Pionierleistungen im Umweltbereich erbringt, ist alles andere als selbstverständlich. Doch die Verantwortlichen kamen anfangs der 90er Jahre zur Überzeugung, dass sich Investitionen im Umweltbereich langfristig auszahlen werden. 1992 stellten sie mit der Biologin Maria Valegas eine vollamtliche Umweltbeauftragte ein. Noch im selben Jahr wurden in den ersten fünf betriebseigenen Hotels professionelle Öko-Audits durchgeführt: Untersuchungen über die Material- und Energieflüsse zwischen Hotels und Umgebung.
Auf der Basis dieser Öko-Audits erarbeitete Maria Valegas in den folgenden Jahren Massnahmenpläne für jedes einzelne Hotel. Dabei stand sie nach eigenen Aussagen oft vor vollendeten Tatsachen, die sich schlicht nicht mehr rückgängig machen liessen. So waren etwa einige der Hotels, wie in den siebziger Jahren üblich, direkt am Sandstrand errichtet worden, was in der Folge zu einer Stranderosion führte. Auch die gesamte technische Infrastruktur dieser Anlagen entstammte noch einer Zeit, die ökologischen Aspekten keinerlei Bedeutung zumass. Somit mussten in diesen älteren Anlagen viele Kompromisse eingegangen werden.
Beim Bau einer neuen Anlage, des luxuriösen «Creta Palace» in der Nähe von Rethymnon, gelang es hingegen in hohem Mass, Umweltanliegen zu berücksichtigen. Die Liste dieser Massnahmen ist beeindruckend lang: So wird etwa das Warmwasser zu 95 Prozent mit Sonnenenergie erzeugt, das Abwasser einer neu gebauten kommunalen Kläranlage zugeführt, das Schwimmbecken mit Meerwasser gefüllt, die Toiletten mit Brackwasser gespült und die Hotelgärten nach Grundsätzen des biologischen Gartenbaus gepflegt. Da der prächtige Strand vor dem Hotel ein wichtiger Nistplatz der bedrohten Meeresschildkröte darstellt, suchte Valegas in Zusammenarbeit mit dem lokalen Schutzverein nach praktikablen Lösungen, die eine Koexistenz zwischen TouristInnen und Meeresschildkröten erlauben sollten.
Für ihre Leistungen im Umweltbereich ist Grecotel wiederholt ausgezeichnet worden. Die Hotelkette hat damit den Beweis erbracht, dass bei einem Strandhotel am Mittelmeer – zumindest im oberen Preissegment – weitgehende Umweltmassnahmen auch betriebswirtschaftlich verkraftbar sind. Doch Jubelgesang ist deswegen nicht angesagt. Angesichts der unübersehbaren Schäden, die der Massentourismus auf Kreta in den letzten 25 Jahren angerichtet hat, wäre statt weiterer Expansion dringend ein Marschhalt geboten.
Am Workshop wurde immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass die grossen europäischen Reiseveranstalter einen massgeblichen Einfluss auf Ökologisierungsmassnahmen im Badetourismus nehmen können. Die Fachgruppe Umwelt und Soziales des SRV hat den Ball aufgegriffen und eine Erklärung ausgearbeitet, in der festgehalten wird, auf welche Weise sich die schweizerische Reisebranche an solchen Ökologisierungsmassnahmen beteiligen will. Diese «Kreta-Erklärung» durchläuft zurzeit die verbandsinterne Vernehmlassung und soll anfangs 1999 der Öffentlichkeit vorgestellt werden.
Beat Stauffer