Grosses Interesse für Tourismus an der Arbeitsgruppe für Indigene Völker der UNO in Genf: Tourismus auf die Agenda der UNO-Menschenrechtsarbeit!
Der Workshop zum Tourismus, der Ende Juli 1998 am Rande der diesjährigen Arbeitsgruppe für Indigene Völker der UNO in Genf veranstaltet wurde, erhielt mit über 100 engagierten ZuhörerInnen unerwartet grossen Zulauf. Erstmals wurde mit dieser Veranstaltung das Thema Tourismus im Rahmen der UNO-Menschenrechtsarbeit auf Tapet gebracht, wenn auch noch nicht auf die offizielle Tagesordnung. Allein schon das enorme Interesse insbesondere der Indigenen Völker an der Tourismusproblematik zeigt, dass es 50 Jahre nach der Erklärung der Allgemeinen Menschenrechte höchste Zeit ist, den heute wichtigsten Industriezweig der Welt auf internationaler Ebene klar in den Zusammenhang mit der Einhaltung der Menschenrechte zu stellen.
Gerade die Urvölker der Erde – schätzungsweise rund 300 Millionen sogenannte Indigene, die oft von ihrem angestammten Land und ihren Ressourcen vertrieben und in ihrer kulturellen Eigenart bedroht um ihr Überleben in Würde und ihre Selbstbestimmungsrechte kämpfen – sehen sich heute zunehmend mit dem Tourismus konfrontiert. » Wenn es für die San (Bushmen) eine Möglichkeit gäbe, dem Tourismus zu entrinnen, würden wir sie zweifellos ergreifen. Doch es gibt kein Entkommen. Deshalb müssen wir aktiv werden, um weitere Ausbeutung zu verhindern.» Mit diesen Worten bringt uns ein Verantwortlicher der Arbeitsgruppe für Indigene Minderheiten im Südlichen Afrika (WIMSA) das Dilemma auf den Punkt, mit dem sich heute nicht nur die San, die UreinwohnerInnen des südlichen Afrika auseinandersetzen, sondern die Mehrheit der indigenen Völker der Welt. Werden sie von der rasanten Tourismusentwicklung weiter überrollt, ihrer Jagdgründe und Lebensgrundlagen beraubt, als Objekte exotischer Begierde zur Schau gestellt? Oder kann der Tourismus ihnen das dringend benötigte zusätzliche Einkommen, vielleicht sogar eine neue Anerkennung ihrer spezifischen Rechte und Fähigkeiten verschaffen?
Diese Frage stand im Zentrum der engagierten Voten verschiedener Delegierter von Indigenen Völkern aus allen Erdteilen. Ihre Beiträge belegen eindrücklich, dass sich der Diskussionsschwerpunkt heute verlagert, weg von der ohnmächtigen Anprangerung der Menschenrechtsverletzungen, auch und insbesondere durch Tourismus, hin zur kreativen Suche, wie Tourismus nachhaltig zum Wohl einer breiteren Bevölkerung beitragen kann. Die Menschenrechte wie auch andere auf höchster interstaatlicher Ebene getroffene Konventionen und Pakte bilden eine wesentliche Grundlage dafür, und ihre Instrumente müssten sehr viel stärker als bislang genutzt werden auf dem Weg zu einer fairen, gerechten und nachhaltigen Ausgestaltung des Tourismus. Deshalb fordern die TeilnehmerInnen des Workshops, dass Tourismus auf die Tagesordnung der UNO-Menschenrechtsarbeit gesetzt wird und die Anliegen der Indigenen Völker bezüglich Tourismus speziell auch bei der Erarbeitung des «Global Code of Ethics for Tourism» der Welttourismusorganisation sowie der politischen Leitlinien zu Indigenen Völkern der EU vollumfänglich berücksichtigt werden.