Hacienda Looc, Philippinen: Golfplätze statt Reis?
Am 10. Juni 1998 kamen rund 200 philippinische Bauern auf dem Golfplatz "Intramuros" von Manila zusammen, um in einem symbolischen Akt Reis zu pflanzen. Gleichzeitig fanden in verschiedenen Städten der Philippinen Massenkundgebungen von Bauern statt, die gegen die schleppende Landreform und die Konversion von fruchtbarem Ackerland in Golfplätze
protestierten. An den Protesten beteiligten sich auch die Bauern aus Hacienda Looc, die sich seit Jahren erbittert gegen ein gigantisches Tourismusprojekt wehren.
Im Rahmen des ambitiösen Entwicklungsprogrammes "Philippines 2000" soll am Küstenstreifen von Hacienda Looc in der Region von Nasugbu, Batangas, der grösste Tourismuskomplex der Philippinen entstehen: Auf insgesamt 1’200 Hektaren Land sieht das Projekt "Harbor Town" ein 200-Betten-Hotel der Luxusklasse, exklusive Villas, zwei Yachthafen sowie vier Golfplätze vor, die je von berühmten Golfplatz-Designern wie Greg Norman und Jack Nicklaus in die attraktive Küstenlandschaft gebaut werden sollen. Bauherren sind die philippinischen Unternehmergruppen Fil-Estate Properties und die Manila Southcoast Development Corporation (MSDC), zwei der mächtigsten Immobilienfirmen des Landes, die über enge Beziehungen zur Politklasse in Manila verfügen. Diesem Umstand wird auch zugeschrieben, dass die Bauherrschaft das Land in ihren "Besitz" bringen konnte, das im Prinzip mit der Ende der achtziger eingeleiteten Landreform Bauernfamilien zugesprochen worden war.
Hacienda Looc ist ursprünglich ein Grossgrundbesitz von über 8’000 Hektaren mit vier Dörfern und einer Bevölkerung von rund 10’000 EinwohnerInnen, die vornehmlich von Reis- und Gemüseanbau und vom Fischfang leben. Die Mehrheit von ihnen sind durch das Projekt direkt in ihrer Existenz bedroht. Landtitel im Umfang von über 1’000 Hektaren wurden im Hinblick auf das Projekt aberkannt; Bauern wurden zum Landverkauf gezwungen und zum Teil von Fil-Estate mit falschen Dokumenten zum Kauf übertölpelt. Zu diesem Schluss gelangt das Gutachten, das Rechtsanwalt Rene Cayetano 1996 in Zusammenarbeit mit der nationalen Behörde für die Landreform erstellte. Die nationalen Behörden haben sich allerdings erst eingeschaltet, als bereits zwei Todesopfer zu beklagen waren und der Skandal in den philippinischen Medien publik wurde. Im Februar 1996 hatten die Sicherheitskräfte von Fil-Estate und MSDC zwei Bauern der lokalen Bauernorganisation UMALPAS-KA erschossen. Zur Eskalation kam es, nachdem die Bauunternehmer ohne Bewilligungen Ende 1995 mit Rodungen, Planierungen und Bauarbeiten begonnen hatten. Als sich die AnwohnerInnen zur Wehr setzten, stationierten die Bauherren eine 150-köpfige Sicherheitstruppe, die seither immer wieder von regulären Militäreinheiten verstärkt wird, was zu ganz erheblichen Spannungen in Hacienda Looc führt. Fil-Estate wurde Ende 1996 zwar wegen mehrer Verstösse gegen die Umweltgesetzgebung zu Entschädigungszahlungen verurteilt.
Doch die Bauarbeiten haben bereits zu Erosionen und der Verschlammung der Felder geführt, und die Bauern befürchten weitere gravierende Umweltbelastungen, insbesondere durch die Golfprojekte. Ein Golfplatz, so hat UMALPAS-KA errechnet, beansprucht die Fläche von 40 Reisfeldern mit einer Jahresproduktion von 500’000 Kilogramm Reis; mit dem Wasser, das ein Golfplatz absorbiert, könnten 65 Hektaren fruchtbaren Ackerlandes bewässert oder 15’000 EinwohnerInnen von Metro Manila täglich ausreichend mit Trinkwasser versorgt werden. 2 Tonnen Pestizide und Insektizide werden benötigt, um einen Golfplatz schön grün und bespielbar zu erhalten; die versprühten Chemikalien vergiften SpielerInnen, aber auch Angestellte und AnwohnerInnen von Golfplätzen, und sie werden ins Grundwasser ausgewaschen.
Im vergangenen Jahr erwirkte die immer breiter werdende Protestbewegung einen vorläufigen Baustopp, während die Bauherren, die bereits viel Geld investiert haben, mit Bestechungsversuchen und Projektmodifikationen wie den Bau eines Modell-Bauern- und fischerdorfes in der Ferienanlage um die Gunst der Bevölkerung buhlen. Mit verhaltener Hoffnung wird zur Zeit abgewartet, welche Haltung der neu gewählte Präsident Joseph Estrada bezüglich des Streitfalles Hacienda Looc einnimmt. Bislang habe sich die Landreformbehörde immer bedeckt gehalten, was den Ausgang des Kampfes in Hacienda Looc angehe, hält Jayson Cainglet, der Vertreter des philippinischen Resource Centre for People’s Development (RCPD) fest, der als Mitglied der Protestbewegung auf einer Informationstour in Europa unterwegs war. "Die Regierung hat bis anhin das Tourismusprojekt voll unterstützt. Sie nennen es Entwicklung, für uns ist es eine Katastrophe."
Philippine Daily Inquirer 11.6.98; Informationen von Jayson Cainglet der NGO-PO Task Force on Hacienda Looc, Resource Centre for People’s Development (RCPD), Mai/Juni 1998; Tourism Concern: Tourism and human rights, London 1998; Informationsdossier von UMALPAS-KA, Resource Centre for People’s Development (RCPD) Quezon City, May 1997/cp