Für die 65 Bauernfamilien aus El Garzal ist der 4. April 2013 schon heute ein historischer Tag: Zehn Jahre haben sie dafür gekämpft, dass sie weiterhin auf dem Land am Ufer des Rio Magdalena in der Nähe von Simití bleiben dürfen, welches sie seit Jahrzehnten besiedeln. Als Jennifer Mijica, stellvertretende Leiterin der zuständigen Staatsbehörde "Incoder", den Kleinbauern an einem Donnerstag Anfang April die Urkunden überreichte, brach Jubel aus. Endlich wurde aus dem Traum Wirklichkeit! 
Doch was war überhaupt geschehen? In einem seit Jahren schwelenden Streit machte der ehemalige Drogenbaron Manuel Enrique Barreto Rechte an rund 20’000 Hektaren Land geltend, um darauf riesige Palmölplantagen anzulegen. Mit der Produktion von Agrotreibstoffen aus Palmöl erhoffte sich die Familie Barreto viel Geld zu verdienen. Mehrere hundert Familien, die den Boden seit Generationen bewirtschafteten, sollten das Feld räumen und damit ihre Existenzgrundlage verlieren.

David gegen Goliath

Obwohl der Widerstand einem Kampf „David gegen Goliath“ glich, gaben die Bauern nicht auf: Unterstützt von SWISSAID und zahlreichen anderen internationalen Organisationen gelang es ihnen, ihren Kampf gegen die Vertreibung mit friedlichen Mitteln unermüdlich voranzutreiben. Dies sollte sich auszahlen: Nach Jahren voller Zweifel, Unsicherheit und Angst hatte „Incoder“ ein Einsehen und entschloss sich, den Familien die Landurkunden, die die Behörde ihnen 2005 schon einmal zugestanden, dann aber widerrufen hatte, zu übergeben.
Die Erleichterung an diesem denkwürdigen Tag zeigte sich nicht nur bei den Bäuerinnen und Bauern, die in Scharen zusammenströmten, um das lang ersehnte Dokument entgegenzunehmen – sie war auch der Gesandten von „Incoder“ ins Gesicht geschrieben:
"Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um die rechtliche Anerkennung des Landeigentums einen Schritt weiterzubringen und den Bauern ihren Besitz wiederzugeben, der ihnen zuvor von "Incoder" aus ungerechtfertigten Gründen aberkannt worden ist", so Jennifer Mujiica von "Incoder" in ihrer feierlichen Ansprache.

Mit einem  Handshake zur Landurkunde

Mit einem Lächeln und einem Händedruck überreichte die „Incoder“-Vertreterin den Bäuerinnen und Bauern ihre Urkunde. Gladys Bravo, die seit fast 40 Jahren in der Gegend lebt, konnte ihr Glück kaum fassen:
"Der heutige Tag bedeutet uns so viel: Wir wissen nun, dass wir das Land, mit dem wir verwurzelt sind, besitzen, dass wir darauf zählen können, dass es uns gehört. Denn vorher konnten sie kommen und uns befehlen, zu gehen, jeder konnte uns das Land wegnehmen. Wir haben lange dafür gekämpft und endlich haben wir Gewissheit!"
Auch bei Samuel Crespo, der seit 30 Jahren in Garzal lebt, war die Begeisterung grenzenlos: "So eine Freude, so ein Erfolg! Nach Jahren des Kampfes und der Hoffnung ist das der schönste Moment!"

Der Kampf geht weiter

So gross die Freude auch ist, ausgestanden ist die Sache noch nicht. Im Dorf Nueva Esperanza warten noch immer mehr als 110 Familien seit über 25 Jahren auf die rechtliche Anerkennung ihres Besitzes. Doch der Name ihres Dorfes – "nueva esperanza" bedeutet "neue Hoffnung" – scheint Programm: Bis Ende Jahr dürfte die Unsicherheit auch für sie ein Ende haben!