Helen Liebendörfer: Die Frau im Hintergrund. Historischer Roman
Basel, 13.04.2013, akte/ Bücher aus dem Genre des so genannten "Historischen Romans", wie etwa ‹Die Päpstin› oder ‹Medicus› erfreuen sich grosser Beliebtheit. Denn über eine in einer vergangenen Epoche angesiedelten Geschichte lässt sich besser in diese eintauchen. Das zeigt auch der eben erschienene Historische Roman der Basler Stadtführerin Helen Liebendörfer. Ihre Hauptperson, Wibrandis Rosenblatt, lebte von 1504-1564 in der Region Oberrhein, die von Naturfreunde Internationale kürzlich zur Landschaft des Jahres erkürt wurde.
Wibrandis Rosenblatt war mit vier Ehemännern verheiratet, bis dass der Tod sie schied, und das geschah jeweils nach wenigen Jahren. Der erste Ehemann, der Basler Magister Ludwig Keller, starb schon nach zwei Jahren und hinterliess eine Tochter. Der zweite Mann war der um 22 Jahre ältere bekannte Basler Reformator Johannes Husschin oder Ökolampad, wie er sich nannte. Mit ihm hatte Wibrandis in den drei Ehejahren bis zu seinem Krebstod 1931 drei Kinder. Ein Jahr später heiratete sie den um 26 Jahre älteren Reformator von Strassburg, Johann Wolfang Capito, und gebar in dieser Ehe fünf Kinder. Nach neun Jahren raffte 1541 die Pest drei der Kinder und den Ehemann dahin. In vierter Ehe heiratete Wibrandis den Strassburger Reformator Martin Bucer, mit dem sie zwei Kinder hatte. Bucer wurde, als das Pendel wieder in Richtung Restauration schwenkte, aus Strassburg ausgewiesen, und Wibrandis folgte ihm mit zwei der Kinder nach England. Nach neun Jahren Ehe erkrankte und starb Bucer, wonach Wibrandis mit ihren Kindern wieder nach Strassburg und später nach Basel zog. Mit sechzig Jahren wurde Wibrandis Rosenblatt 1564 selbst Opfer einer Pestwelle.
Dank des regen Briefverkehrs, den Wibrandis Rosenblatt mit Frauen anderer Reformatoren führte, und dank ihrer zahlreichen Nachkommenschaft, sind ihr Leben und ihre Schicksalsschläge recht gut dokumentiert, ebenso ihr Denken und ihre Vorstellungen. Im Historischen Museum von Basel findet sich auch eine Wachsfigur von Wibrandis Rosenblatt. Liebendörfer konnte aufgrund ihrer profunden Kenntnis der Region und deren Geschichte die Daten und Informationen zur Reformation, zu den Städten im Dreiländereck, zur Stellung der Frauen im Allgemeinen und der reformierten Pfarrfrauen im Besonderen zu einer lebendigen Lebensgeschichte verweben. Ihre detailreichen Schilderungen einzelner Gebäude, Denkmäler, Plätze und Kirchen laden geradezu ein, nach der Lektüre des Romans die Orte aufzusuchen. Ihre Beschreibungen der Überschwemmungen der Birsig, des Stadtbildes mit Düften und Gestank, der Hilflosigkeit Krankheiten gegenüber, der Beklemmung angesichts von Hexenverfolgung und des reformatorischen Eifers regen an, mit allen Sinnen in diese Zeit und an diesen Ort vor 500 Jahren einzutauchen.
Die Lektüre ist leicht gehalten und eignet sich für eine Zugfahrt von zwei, drei Stunden – zum Beispiel bei der Hinfahrt ins Dreiländereck.
Helen Liebendörfer: Die Frau im Hintergrund. Historischer Roman. Friedrich Reinhard Verlag, Basel 2013. CHF 27.90, EUR 20.80. ISBN 978-3-7245-1875-4