Roxana Corrales Vasques

"Ich bin Mitglied von ADEPZA (Vereinigung zur Entwicklung von Zacate Grande). Wir haben uns zum Ziel gesetzt, unser Land und den Strand von Zacate Grande zu verteidigen und uns gegen die Vertreibung zu wehren. Ich beteilige mich in verschiedensten Aktivitäten der Organisation. Kurz nach Einrichtung des Lokalradios ‹La Voz de Zacate Grande› habe ich mich der Gruppe angeschlossen, die für die Sendungen verantwortlich ist. Seither beteilige ich mich als Reporterin des Radios, mache Interviews und informiere unsere Leute mit Hilfe des Radios über ihre Rechte und den Kampf unserer Gemeinden und von ADEPZA. Ich bin aktives Mitglied des ‹Red Nacional de Derechos Humanos en Honduras› (Nationales Netzwerk für Menschenrechte) und betreue den Bereich Kommunikation. Ich nahm teil an mehreren Weiterbildungskursen für Mitarbeitende von Lokalradios, u.a. auch an einem Kurs über indigene und ländliche Kommunikation in Mittelamerika. Dank der Möglichkeit, in der Organisationen Verantwortung übernehmen zu können und mich weiterzubilden, habe ich im Austausch mit anderen Menschen in unseren Dörfern viel gelernt. Ich habe entdeckt, wie entschlossen an der Basis gearbeitet wird. Das hat mich geprägt. Es war für mein Leben eine grosse Chance, sowohl in persönlicher wie auch in beruflicher Hinsicht."

Woher kennt Ihr HEKS?

Roxana: HEKS unterstützt das Jugendradioprojekt "La voz de Zacate Grande". Dieses wurde von ADEPZA, der Organisation, der wir beide angehören, 2012 initiiert. HEKS hat uns zum Beispiel die technischen Mittel zur Verfügung gestellt, so dass sich unsere Reichweite erhöht hat; wir werden nun in zwei Departements gehört.

Worum konkret kämpft Ihr?

Aldo: Um den Zugang zu Land und dessen Legalisierung. Viele Familien haben seit drei Generationen Land bearbeitet, für das sie das unbestrittene Nutzungsrecht hatten. Seit dem Jahr 2000 wird ihnen das streitig gemacht, und sie müssen Angst haben, vertrieben zu werden und ihren Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten zu können.
Roxana: Gegen Einschüchterung und Unterdrückung und für ein Leben in Friede und Würde.

Weshalb braucht es das Jugendradio?

Roxana: Wir haben einen Slogan, der heisst "Somos la voz que nace para informar a la gente" (Wir sind die Stimme, die dazu geboren ist, das Volk zu informieren"). In Zacate Grande ist es schwer, an Informationen zu kommen. Das Internet hat sich in den ländlichen Gebieten noch nicht genügend durchgesetzt. Und die grösseren Radiostationen, TV-Sender und Zeitungen sind alle unter dem Einfluss und der Kontrolle jener mächtigen Familie, die in Zacate Grande das Sagen haben. Informationen werden bewusst gesteuert oder unterlassen. Die Menschen werden dadurch manipuliert. Wir wollen, dass sie ihre Rechte kennen und diese auch durchsetzen können.

Wie informiert "La Voz de Zacate Grande"?

Roxana: Wir senden regionale und nationale News rund um die Themen Zugang zu Land und Landkampf, wir dokumentieren Ungerechtigkeiten und produzieren Hintergrundberichte.

Aldo Josué Rubio Marquina

"Als ich zweijährig war, wurde ich von Pedro Canales Torrez und Guadalupe Carbajal Núñez adoptiert. Als Vierjähriger hatte ich begonnen, die ersten populären und romantischen Lieder zu singen. Am 14. April 2008 fand das erste Musikfestival in Zacate Grande statt. Dort konnte ich zum ersten Mal die beiden Lieder über Zacate Grande ‹Insel des Lebens› und ‹Geschichte von Zacate Grande› öffentlich vortragen. Während und nach dem Putsch im Jahr 2009 habe ich an vielen Konzerten und weiteren Veranstaltungen teilgenommen, an welchen ich Protest- und Befreiungslieder gesungen habe. Am 23. Juni 2013 konnten wir unsere erste CD aufnehmen mit dem Titel: ‹Insel, die Leben spendet›. Ich bin im ersten Jahr des Studiums für Literatur (Bachilerato en Ciencias y Letras) am IHER (honduranisches Institut für Fernunterricht). Ich besuche einmal wöchentlich die Kurse in Amapala, Isla del Tigre. Was ich liebe ist singen, Fussball spielen und Fischsuppe. Ich helfe meinen Eltern bei den Feldarbeiten im Anbau von Mais und beim Fischen."
Aldo: Eine wichtige Rolle in unserem Alltag ist Musik, sie schafft den Zugang zu den Menschen. Ich komponiere selbst Lieder und singe diese zusammen mit einer Musikgruppe im Radio.

Mit Eurem Engagement wendet Ihr Euch öffentlich gegen die Mächtigen. Habt Ihr keine Angst vor Sanktionen?

Aldo: Ich habe oft sehr grosse Angst. Zum Beispiel vor einem gewalttätigen Übergriff gegen meine Familie. Wir sind besonders gefährdet, weil mein Vater Präsident von ADEPZA ist.
Roxana: Auch ich bin mir bewusst, dass immer etwas passieren kann. Dieses Risiko gehe ich aber ein, weil ich nur so etwas bewirken kann.

Was habt Ihr bisher erreicht?

Roxana: Früher haben die Menschen vieles einfach hingenommen, heute wissen sie, was Recht und was Unrecht ist. Sie beginnen sich zu wehren. Wenn wir im Radio über einen Vertreibungsfall berichten, gehen die Menschen vor Ort, um die betroffene Familie zu schützen.

Ihr seid für drei Wochen in die Schweiz gereist, um von der Situation in Eurem Land und von Eurer Arbeit zu berichten. Wie war Euer Eindruck?

Roxana: Mir ist als erstes die extreme Ungerechtigkeit auf der Welt bewusst geworden; auf der einen Seite grosse Armut, auf der anderen extremer Reichtum. Schlimm ist, dass unser Land auch deshalb so arm ist, weil es solchen Reichtum überhaupt gibt. Auf der anderen Seite war es eine positive Erfahrung, dass sich auch Menschen aus der reichen Schweiz für unsere Situation interessieren.
Aldo: Mir tat gut, dass die Menschen nicht nur zuhörten, sondern einige auch fragten, was sie tun könnten, um unsere Lage zu verbessern. Das gibt mir Mut, denn wir brauchen diese Unterstützung.

Was wünscht Ihr Euch für Euer Land?

Aldo: Mehr Arbeitsmöglichkeiten für Arme, bessere Bildung und Perspektiven für junge Menschen
Roxana: Dass die Menschenrechte für alle respektiert werden. Und dass sich die Lebensqualität der Menschen in Honduras, von denen 60 Prozent in extremer Armut leben, endlich verbessert.

Lokalradio als wichtige Stütze im Kampf ums Land

In Honduras besitzen einige wenige Oligarchenfamilien über 90 Prozent des Landes. In vielen Regionen, so auch auf der Halbinsel Zacate Grande, kämpft die Bevölkerung um ihr Land. Das von Jugendlichen betriebene Lokalradio "La Voz de Zacate Grande", welches von HEKS mit Infrastruktur und Weiterbildungskursen unterstützt wird, informiert die Menschen über ihre Landrechte und spielt eine wichtige Rolle im Widerstand.