Die Arbeit des Kolpingwerks in Albanien ist stark mit den Flüchtlingsbewegungen verbunden. Im Sommer 1992 berichteten die Medien über die Massenflucht der Albaner nach Italien.  Der  Geschäftsmann  Fritz  Sommer  aus  der  deutschen  Kolpingsfamilie  Weilheim sah diese Bilder und fuhr im Herbst 1992 nach Albanien, um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. Er war erschüttert von der Armut und dem Grad der wirtschaftlichen Zerstörung des Landes, und schon ab Februar 1993 wurden aus der Kolpingsfamilie Weilheim heraus die ersten Hilfstransporte gestartet. In vielen Gesprächen mit Bürgermeistern, Landräten und Ministern gelang es, die notwendigen Räumlichkeiten zu erhalten für die Einrichtung von Suppenküchen. Mit diesen Suppenküchen wurden vor allem die so genannten Bunkerkinder versorgt. Dabei handelte es sich zumeist um Kinder, die von ihren ins Ausland geflohenen  Eltern  einfach  zurückgelassen  worden  waren  und  die  in  den  zahlreichen Bunkern des Landes eine armselige Unterkunft gefunden hatten. 1994 wurde der Nationalverband Albanien gegründet.

Das Jahr 1998 brachte für das noch junge und personell gar nicht starke Kolpingwerk Albanien eine der bisher grössten Herausforderungen. Während des Bürgerkriegs im Kosovo waren tausende von Frauen und Männer aus dem Kosovo in das arme Albanien geflüchtet. Deren Unterbringung und Versorgung war für die selbst bedürftigen Menschen in Albanien ein grosses Problem. Dank dem Engagement der Mitglieder und mit Hilfe aus dem Internationalen Kolpingwerk übernahm der Nationalverband die Unterbringung und Verpflegung von mehr als 4’000 Geflüchteten. Die Erfahrung, auf die unmittelbaren Bedürfnisse der Geflüchteten und der Einheimischen einzugehen, prägt die Arbeit der zehn Kolpingfamilien in Albanien bis heute.

Im Norden des Landes, in der Stadt Shkodra, betreibt Kolping Albanien seit knapp zwei Jahrzehnten ein kleines Hotel mit Seminarräumen und einem Restaurant. Auch Fremdsprachenunterricht und Computerkurse werden dort angeboten und sollen Frauen und Männern zu besseren Chancen auf dem Arbeitsmarkt verhelfen. Mit der Gastronomie werden die meisten Einnahmen generiert.

10 Personen arbeiten im Restaurant und in der Bar und sind verantwortlich für die Unterbringung und Bewirtung der Gäste in den hauseigenen Zimmern. Um die 1’000 Restaurant- und Hotelgäste konnte das Kolpinghaus das letzte Jahr verbuchen. Auch bei den albanischen Kolping-Partnern ist die Hoffnung gross, dass sich mit dem wachsenden Tourismusaufkommen die wirtschaftlichen Einnahmen und damit die Lebenssituation vieler Menschen verbessern werden. Denn vor allem in den ländlichen Regionen Albaniens ist die Armut nach wie vor unüberseh- und spürbar. 

Albanien hat die Covid-19 Pandemie bisher recht gut gemeistert. Die Landesgrenzen sind inzwischen wieder offen und im Landesinnern kann man sich frei bewegen. Doch der monatelange Lockdown hat die Wirtschaft und die Bevölkerung hart getroffen. Die Regierung konnte Menschen, die ihre Arbeit verloren haben, oder Unternehmen, die ihre Arbeit aufgrund von Präventionsmassnahmen gegen Covid-19 eingestellt haben, nur minimal unterstützen. Kolping Albanien profitierte nicht vom staatlichen Rettungsschirm, da NGOs von den Finanzpaketen ausgeschlossen waren. Auch Personen, die gearbeitet haben ohne im nationalen Arbeitsregister eingetragen zu sein (was bei vielen ArbeiterInnen in Albanien der Fall ist) sowie Unternehmen, die trotz Restriktionen offen bleiben durften, konnten keine finanzielle Unterstützung beantragen.

Shkodra war nach Tirana eine Zeitlang das drittgrösste infizierte Gebiet Albaniens – gemessen am Anteil Infizierter pro Hunderttausend Einwohner sogar die am stärksten infizierte Region – weshalb die Schutzmassnahmen in Shkodra um einiges strenger ausfielen als in den anderen Teilen des Landes. Kolping Albanien verteilte in dieser Zeit Carepakete mit Lebensmitteln und Seife zum Händewaschen an Bedürftige. Die Hygienemassnahmen sind auch noch heute schwierig durchzusetzen, denn nicht alle haben Zugang zu Wasser, um sich regelmässig die Hände zu waschen und auch Gesichtsmasken sind für viele zu teuer: "Wer Hunger hat, interessiert sich nicht für Schutz und kann vor allem keine Maske kaufen" kommentiert Sr. Christina, die die Carepakete auslieferte.

Das Kolpingwerk

Adolph Kolping (1813-1865) war gelernter Schuhmacher und erlebte als solcher das "moralische und soziale Elend" seiner Altersgenossen. Kolping holte das Abitur nach und studierte Theologie und Philosophie. Nach der Priesterweihe wurde er Präses des Kölner Gesellenvereins. 1848 vollendete Kolping die Schrift "Der Gesellenverein", mit dem er für die Verbreitung der Gesellenvereine warb. Ebenso wie Marx, der von Köln aus für den Kommunismus agitierte, gelangte Kolping zu der Überzeugung, dass es nichts Wichtigeres gibt als die "soziale Frage". Aber anders als Marx setzte er nicht auf den Umsturz der gesellschaftlichen Verhältnisse, sondern auf eine Mischung aus praktischer Hilfe und religiöser Weiterbildung. Aus dem ehemaligen Gesellenverein ist ein weltweit vernetzter Sozialverband entstanden, der Antworten auf die soziale Frage sucht und damit die Nöte der Zeit erkennt und danach handelt. Heute ist das internationale Kolpingwerk in über 60 Ländern der Welt aktiv und mit den Kolpinghäusern auch für Reisende attraktiv.