Die Arbeit im Tourismus ist bemerkenswert unsichtbar. Das liegt möglicherweise daran, dass sie mit Begriffen wie Freizeit, Erholung und Entspannung verbunden ist, also mit den angenehmen Erfahrungen, die mit Tourismus assoziiert werden – zumindest aus Sicht der TouristInnen als EmpfängerInnen der touristischen Dienstleistungen.  

Unsichtbar ist sie auch in den meisten Messungen und Studien, die den Erfolg oder Misserfolg von Destinationen bewerten. Diese beziehen sich in der Regel auf den Betrag, der sowohl öffentlich als auch privat in die Infrastruktur investiert wird, um eine bestimmte Anzahl von BesucherInnen zu empfangen, sowie auf den Wert eines Gastes im Verhältnis zu den erhaltenen Dienstleistungen. 

Doch in Gebieten, in denen eine Konsolidierung des Tourismus stattgefunden hat, gibt es Arbeitsbeziehungen, die von Regierungsbeamten und Institutionen nicht ausreichend beachtet worden sind. Forscher wie Ernest Cañada haben die Erfahrungen der im Tourismussektor Arbeitenden analysiert und den tiefgreifenden Wandel beschrieben, der sich aus der Transformation von Räumen und der damit verbundenen sozialen und wirtschaftlichen Dynamik ergeben hat [1].

Für Cañada weist die Arbeit im Hotelgewerbe in ganz Spanien eine Reihe von gemeinsamen Merkmalen auf: die Überlastung des Personals, die Verschlechterung der Vertragsbedingungen und ein Zustand permanenter Unsicherheit, die schwerwiegenden Folgen dieser Arbeit auf die Gesundheit oder die Unterdrückung verschiedener Formen der Organisation zur Verteidigung der Rechte der Angestellten.

Die Unsicherheit des touristischen Arbeitsmarktes, so Cañada weiter, sei das Ergebnis von drei grundlegenden Bedingungen: die relative Fixierung der touristischen Aktivität auf ein bestimmtes Gebiet, die starken Schwankungen bei der Nachfrage nach Arbeitskräften, die mit einem Markt verbunden sind, der unter ständigen und starken Veränderungen leidet, und die Möglichkeit, mit einem Niedriglohnmarkt zu arbeiten. 

Hinzu kommt die vorteilhafte Position, von der aus die grossen Hotelresorts in den Randgebieten des Planeten betrieben werden. Sie werden als Motor für die Entwicklung in Regionen mit wenigen Arbeitsplätzen wahrgenommen und kommen in den Genuss verschiedener Bevorzugungen für Bau und Betrieb.

Tourismusarbeit und wirtschaftliche Sonderzonen

In den mit dem Tourismus verbundenen Enklave-Wirtschaften, wie im Falle der grossen Hotelketten an den Küsten Mittelamerikas, konnte die Hotelbranche nach dem Strukturwandel der 80er Jahre auf reichlich Arbeitskräfte zurückgreifen. Das betraf vor allem Kleinbauern in ländlichen Gebieten. Die Bevölkerung suchte nach Arbeit, um ihre Bedürfnisse nach materiellem Wohlstand zu befriedigen.

Auch Costa Rica, das als Reiseziel internationales Ansehen geniesst, entkommt dieser Logik nicht. Extreme Beispiele finden sich in der Forschung von Santiago Navarro, der aus neokolonialer Analyseperspektive die schlechten Arbeitsbedingungen aufgedeckt hat, unter denen nicaraguanische Einwanderer beim Bau des RIU Hotels am Matapalo Beach in Guanacaste arbeiteten, was schliesslich 2008 zum Tod eines Bauarbeiters führte [2]. Oder die Situation der Wanderarbeiter, die meist ausserhalb der Vorschriften des costaricanischen Arbeitsrechts tätig sind.  

Dieser Artikel bietet einen Einblick in den Arbeitsalltag aus Sicht von MitarbeiterInnen in Hotelresorts in Guanacaste. In den letzten Monaten des Jahres 2018 wurden Interviews und Gespräche mit BewohnerInnen einer Gemeinde in der Nähe eines dieser Megaresorts geführt. Durch ihre Zeugnisse werden die Widersprüche deutlich, mit denen Gemeinschaften konfrontiert sind, wenn der Bedarf an Arbeit gross ist und die Wahlmöglichkeiten gering sind. Um Repressionen vorzubeugen, wurden die Namen der befragten Personen geändert.

Arbeit und Tourismus in Guanacaste

Guanacaste ist die zweitgrösste Provinz des Landes, hat eine Trockenzeit von bis zu acht Monaten pro Jahr mit Temperaturen von bis zu 36 Grad, der gesamte Küstenbereich ist durch die flache Topografie leicht zugänglich und hat eine breite Küstenlinie an der Pazifikküste mit attraktiven Buchten und Halbinseln.  

Guanacaste weist die niedrigste Bevölkerungsdichte des Landes auf und die Armutsgrenze liegt seit den 1980er Jahren historisch gesehen bei rund 30%, fast 10 Punkte über dem nationalen Durchschnitt, so das Nationale Institut für Volkszählung und Statistik. Es ist ein optimales Umfeld für Investitionen wie die Riu-Hotels in Matapalo, Dreams-Las Mareas in La Cruz, Hilton in Liberia oder Four Seasons in der Papagayo-Halbinsel: ausgedehnte Küsten mit geringer Bevölkerungsdichte und leichtem Zugang zu einer reichen Landschaft und Natur sowie eine Bevölkerung ohne Arbeitsplatzalternativen. 

Die Recherche verschiedener Webseiten ergab, dass die Kosten für ein Zimmer je nach Art des Service und Luxusstandards zwischen 370 Dollar und 850 Dollar pro Nacht liegen. Der Preis kann je nach Hoch- oder Nebensaison variieren. Ebenso wirkt sich die Saison auf die Erhöhung oder Verringerung der Einstellung von Personal aus, wie bei den Gesprächen offenbar wurde.  

Die grossen Hotels brüsten sich damit, lokale Arbeitskräfte einzustellen, wie einer der Geschäftsführer in einem Interview gegenüber einer Lokalzeitung sagt [3]. Das wirkt sich zwar positiv auf die makroökonomischen Beschäftigungsdaten aus. Doch für viele dieser lokalen ArbeitnehmerInnen ist es üblich, Positionen zu besetzen, die eine geringere Qualifikation erfordern: Als Reinigungs-, Sicherheits- oder SalonarbeiterInnen.  

Hotelangestellte sprechen

So auch die Befragten. Deren Einstellungszeit beträgt drei Monate mit der Möglichkeit der Verlängerung auf weitere drei Monate, je nach Bedürfnis der Hotels und des Saisonverlaufs. Die Arbeitszeiten variieren tagsüber von 7 bis 15 Uhr, von 15 bis 22 Uhr und in die Nachtstunden, wo weniger Personal zur Verfügung steht. Es ist üblich, dass in der Hochsaison die MitarbeiterInnen der Anlage zu einer Doppelschicht aufgefordert werden, was bedeutet, dass sie zwischen 12 und 16 Stunden am Stück arbeiten. 

Juan, der als Reinigungskraft arbeitet, erhält ein Gehalt von 200 Dollar für zwei Wochen, sechs Tage die Woche. Einer der Aspekte, die er am meisten betont, ist die ständige Forderung nach Überstunden, die sich aber in vielen Fällen nicht in der Vergütung widerspiegelt: 

"… manchmal teilen sie dich für eine Doppelschicht ein. Sie sagen dir, dass sie dich für den Tag bezahlen und du die Gehaltsabrechnung bekommst, aber nichts… Derselbe Manager sagt dir später, dass du die Schicht verdoppeln musst… um weitere 8 Stunden, manchmal 16 Stunden."

Juan sprach die Überstunden bei den Vorgesetzten an:

"Wir gingen ins Büro des Managers, zum Rechnungswesen oder in die Personalabteilung, aber ohne Erfolg. Man sagte uns, es gebe keine Überstunden."

Juan meint, sie könnten das tun, weil sie immer neues Personal fänden. Es gebe immer Menschen, die bereit seien, unter den gegebenen Bedingungen zu arbeiten.

"… es gibt ständig Personen, die sich die Klinke reichen, weil immer wieder Angestellte rausgeworfen werden. Bei jeder Gelegenheit werfen sie Leute raus. Sie stellen neue ein, die bleiben drei Monate, sie werfen sie wieder raus, stellen andere Leute ein, werfen sie wieder raus, einer kommt zurück und so weiter. Schon nur wenn du schon lange auf dem Posten arbeitest, suchen sie nach einem Weg, dich rauszuwerfen."

Sofia, die als Kosmetikerin arbeitet, sagt, ihr Gehalt für zwei Wochen, fünf Tage die Woche, betrage rund 212 Dollar. Sie sagt, das Arbeitsumfeld sei manchmal sehr schwierig, weil sie verpflichtet sei, Englischunterricht ausserhalb der festgelegten Arbeitszeiten zu nehmen, ohne jegliche Vergütung. Sie erklärt auch, dass es Tage gebe, an denen sie bis zu zwölf Stunden im Hotel sei, und dass es für sie nach 22 oder 23 Uhr schwierig sei, nach Hause zu kommen, da es keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr gäbe.

"Wir wollten mit meiner Chefin reden, aber sie sagte uns, jede, die nicht zufrieden sei, könne gehen… Ich rief das Arbeitsministerium an und fragte, ob das legal sei. Das Ministerium sagte mir, der Arbeitgeber könne das nicht von mir verlangen, weil es nicht in meinem Arbeitsplan steht und ich nicht durch eine Versicherung oder die Police dort abgedeckt bin."

Trotz mündlicher Unterstützung des Arbeitsministeriums klagen diese Angestellten in der Regel nicht. Normalerweise ziehen sie es vor, auf das Ende ihres Vertrages zu warten und zu sehen, ob sie eine Verlängerung erhalten, oder sie beenden den Vertrag und suchen nach einer Beschäftigung in einem anderen Hotel.

Die Befragten beschreiben ein Klima der Unsicherheit, das diese Art von Tourismus der grossen Resorts mit sich bringt. Aber gleichzeitig sind sie sich bewusst, dass sie wenig Alternativen haben. Deshalb, so Juan, "musst du da durch und das Beste draus machen."

Gefangen in einem Teufelskreis

Im Falle von Guanacaste, wie in vielen anderen ähnlichen Fällen, sollte nicht nur auf die Zahl der Arbeitsplätze geachtet werden, die diese neue Wirtschaft auf der Grundlage von Hotels von transnationalem Rang schafft, sondern auch auf deren Qualität und auf die Verhältnisse, die diese Mega-Entwicklungen den lokalen Arbeitskräften bringen. Obwohl die Gehälter an die gesetzlichen Bestimmungen für diese Berufsgruppen angepasst sind, sind sie unzureichend, weshalb es für die Befragten üblich ist, ein zweites Einkommen zur Deckung der monatlichen Ausgaben zu suchen.     

Die MitarbeiterInnen der Hotels weisen darauf hin, dass eine Arbeitsüberlastung üblich ist, durch Überstunden und Doppelschichten, die in einigen Fällen nicht vergütet werden. Sie weisen auch darauf hin, dass es häufig kurzfristige Verträge gibt, die nur sehr wenig zur wirtschaftlichen Stabilität der ArbeitnehmerInnen und ihrer Familien beitragen, was zu einem Gefühl der Unsicherheit führt, nicht nur in Bezug auf den Arbeitsplatz, sondern auch bezüglich der Wohnsituation.

Die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes führt zur Akzeptanz unbezahlter Sonderschichten in einem Umfeld, in dem die kontinuierliche Erneuerung des Personals als Bedrohung wahrgenommen wird, die die ArbeitnehmerInnen zwingt, fragwürdige Arbeitsbedingungen zu akzeptieren.

Es ist seltsam, dass es zwischen so viel natürlicher Schönheit und millionenschweren Investitionen Bevölkerungsgruppen gibt, die unter Bedingungen arbeiten, die besser sein müssten, um ihren Familien Wohlstand und vor allem ein stabiles Einkommen zu bringen. Hinter der Gleichgültigkeit der TouristInnen und dem Standortmarketing bleiben die Stimmen der Hotelangestellten oft unbemerkt.

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Anmerkungen

[1] Cañada, E. (2017). ¿Por qué se precariza el trabajo turístico? ALBA SUD, 02/11/2017. 

[2] Navarro, S. (2013) Tropicalismo en una periferia del placer. Turismo, migración y resistencia en Costa Rica. Tesis para optar por el grado de licenciado en psicología de la Universidad de Costa Rica. 

[3] Acuña, R. (2015). La Cruz de Guanacaste: del olvido al desarrollo turístico. La Voz de Guanacaste, 14/09/2015. 

Dieser Artikel wird im Rahmen des Projekts Turisme Responsable: una eina d’Educació per a la Justícia Global veröffentlicht, das von Alba Sud mit Unterstützung des Stadtrates von Barcelona im Rahmen der Ausschreibung zum Bildungsprogramm für globale Gerechtigkeit 2017 durchgeführt wird.