"Ich werde auf Reisen ständig angeschaut", beschreibt ein schwarzer Reisender. "Etwa wenn ich ein Zimmer, ein Resort, eine Lobby, ein Flugzeug oder ein Restaurant betrete. Und geradezu schockiert sind die Blicke, wenn ich in der ersten Klasse sitze". Er spricht für viele andere. Jetzt, nach Corona, ist ein guter Moment für Reiseunternehmen, ihr Geschäft neu und besser aufzuziehen. Dazu sechs Tipps:

1. Anerkennen Sie Rassismus

Alle haben ihre blinden Flecken. Als Temblador in Reisebüros nachfragte, wie schwarze Reisende am besten bedient werden, löste sie damit grosse Verlegenheit aus. Sie bekam Antworten wie: "Wir behandeln alle gleich", oder "wir sehen keine Farben". Damit wollten die Mitarbeitenden zeigen, dass sie nicht rassistisch sind, doch unbeabsichtigt gaben sie damit zu erkennen, dass sie weder die Systeme des Rassismus wahrnehmen, noch verstehen, dass die Erfahrungen von Menschen mit dunklerer Hautfarbe anders sind. Schon nur die Frage löste bei einigen Mitarbeitenden Widerstände aus.

2. Informieren Sie sich über Rassismus in der Reisebranche und darüber hinaus

Noch in den 50er-Jahren war es üblich, Schwarzen die Unterkunft zu verweigern. So offensichtlich ist der Rassismus heute nicht mehr. Rassismus in der Reisebranche zeigt sich eher durch einen Mangel an Chancengleichheit, in der Reisetechnologie, die nicht für jede Hautfarbe gleich gut funktioniert, in schlecht durchdachten Zoll- und Einwanderungssystemen und Unwissenheit über die Erfahrungen farbiger Menschen. Darüber gibt es Berichte, etwa in TravelPulse und anderen Portalen, oder in Memoiren wie in Maureen Stones "Black Woman Walking" und Amanda Epes "Fly Girl". Epe arbeitete als Flight Attendant. Auch ein Blick auf die Website für Reisende der afrikanischen Diaspora, Travel Noire, hilft verstehen, was diese Kundschaft will und braucht. Besser noch: Stellen Sie einen Berater, eine Beraterin aus der Diversity, Equity und Inclusion (D.E.I.)-Brache ein. Eine solche Fachperson hilft in Seminaren unbewusste Voreingenommenheiten innerhalb des Unternehmens und der Dienstleistungen zu erkennen. Durch Gespräche über Rassismus in kleinen oder grösseren Gruppen können Mitarbeitende lernen, sich mit PoC zu verbünden und Abläufe einüben, die helfen, Mikroaggressionen zu stoppen, wie sie PoC tagtäglich erleben.

3. Fangen Sie oben an

Der systematische Abbau von Rassismus und Ungleichheit beginnt an der Spitze eines Reiseunternehmens. Sind Inhaber und Geschäftsführerinnen von Reiseunternehmen blind für Rassismus, ist es viel schwieriger, diesen zu bekämpfen. Vorbildliches Beispiel dafür ist der CEO und Verwaltungsratsvorsitzende der Royal Caribbean Cruises, Richard Fain. Er wandte sich am 1. Juni 2020 an seine Mitarbeitenden mit einer Botschaft zu Rassismus in der Reisebranche: "Rassismus ist chronisch, ein Zustand des Systems, der uns seit Jahrhunderten heimgesucht hat. Und wie jeder chronische Zustand können wir nie aufhören, ihn zu bekämpfen, oder er wird uns überwältigen. Letzten Endes ist es in Amerika immer noch viel schwieriger, ein PoC zu sein, als weiss zu sein. Wir können Monate lang versuchen, uns etwas anderes einzureden; dann gibt es noch eine weitere Episode wie die von George Floyd, die uns an die harte Realität erinnert." Die Employee Resource Groups der Royal Caribbean, würden "philanthropische Partner evaluieren, die ihre Fähigkeit unter Beweis stellen, sich zu diesem Thema für Veränderungen zu mobilisieren".  

Als weisser männlicher CEO schafft Fain mit seinen Worten an die Mitarbeitenden eine Umgebung, in der Gespräche über Rassifizierung und Rassismus innerhalb des Unternehmens gefördert werden. Dies ist äusserst wichtig: Wenn Ihr Unternehmen keine Gespräche über Rassismus führt, ist die Wahrscheinlichkeit minimal, dass das Unternehmen die Erfahrungen schwarzer Reisender, PoC-Reisender oder schwarzer und PoC-Mitarbeiter verbessert.  

4. Diversifizieren Sie Ihr Reiseunternehmen 

Eine der effektivsten Methoden, wie die Reisebranche Rassismus bekämpfen kann, ist die Diversifizierung ihres Personals und die Beschäftigung von PoC auf den höchsten Ebenen des Unternehmens. Ein Beispiel ist Sheila Johnson, CEO von Salamander Hotels & Resorts, die sich einen kleinen Teil des amerikanischen Traums durch viel Arbeit und Kampf und gegen viele Widerstände verwirklichen konte. Johnsons legt Wert darauf, neugierige, intelligente Führungskräfte der schwarten Community zu fördern und vorgefasste Vorstellungen darüber, wie Gastfreundschaft ausszieht, zu beseitigen. "Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund können neue Ideen und Erfahrungen hervorbringen und das Leben aus einer anderen Perspektive betrachten. Nur so können wir die Branche weiterentwickeln und etwas bewirken", sagt sie.

5. Mehr Repräsentanz in Vertrieb und Marketing 

Schauen Sie sich Ihre Marketingmaterialien und Reiseausschreibungen der letzten fünf Jahre an: Wen sehen Sie? Sehen die Personen, die Sie für Ihr Reise-Branding verwenden, gleich aus? Wie viele PoC sind deutlich sichtbar? Zählen Sie sie. Rufen Sie ein Mentorenprogramm ins Leben, das PoC dabei unterstützt, im Unternehmen aufzusteigen. Drängen Sie Ihre Personalvermittlerinnen und Personalchefs, sich nach diversen KandidatInnen umzusehen, und zwar an historisch schwarzen Colleges und durch Gruppen, die PoC aufwerten. Ermutigen Sie die Abteilungen, Gelegenheiten und Veranstaltungen zu organisieren, die den offenen Austausch und das Finden neuer Ideen zur Überwindung des Rassismus ermöglichen. Analysieren Sie für kleine Unternehmen oder Einzelunternehmer Ihre Reisedienstleistungen. Schliessen sie verschiedene Gruppen von Menschen ein? Fördert Ihr Branding unbewusste Voreingenommenheit? Haben Sie ein Gespür für die Bedürfnisse Schwarzer oder PoC Reisender. Unterstützen Sie Reiseunternehmen, die Rassismus bekämpfen und Vielfalt fördern?   

6. Sprechen Sie lauter 

Wenn Sie mitbekommen, dass jemandem Rassismus widerfährt, egal ob systematisch, subtil oder offen: Sprechen Sie es an. Machen Sie Ihre Führungskräfte und die Personalabteilung darauf aufmerksam. Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihr Reiseunternehmen nicht genug tut, um Rassismus zu bekämpfen, sammeln Sie Mitarbeitende zur Unterstützung und wenden Sie sich mit einer Idee für einen Ausschuss gegen Rassismus an das Management. Sie haben Macht und eine Stimme, selbst auf den untersten Ebenen eines Reiseunternehmens, um gegen Rassismus zu kämpfen.

Reiseunternehmen versetzen mitunter Berge, um im Flugzeug nach dem verlorenen Plüschtier zu suchen, oder den Kunden ein neues Hotel zu suchen, wenn das erste unerwartet die Reservation storniert. Viel wäre möglich, wenn sie mit dem gleichen Enthusiasmus, dem gleichen kreativen Denken und der gleichen Teamarbeit den Rassismus bekämpften.  Es liegt an Ihnen, als Mitarbeitende des Reisebüros, den Rassismus von innen heraus zu bekämpfen, damit jeder und jede die Freuden des Reisens gleichermassen geniessen kann. 

Alex TembladorAlex Temblador is a travel writer for TravelPulse and the award-winning author of Secrets of the Casa Rosada and the upcoming, Half Outlaw. This Mixed Latinx writer is based in Dallas, Texas, and has had publications in Travel + Leisure, Architectural Digest, The Daily Beast, Lonely Planet, GEN by Medium, among many others. She’s best known for her articles on diversity, inclusion, and equity in travel, art, and culture. You can reach her at alexrtemblador@gmail.com