Basel, 19.10.06, akte/ Immer öfters geraten Fischer entlang den Küsten des südindischen Bundesstaates Kerala in die Fänge von skrupellosen Immobilienspekulanten. Von der neuen Regierung des Bundesstaates können sie kaum Schutz erwarten, verfolgt diese doch ehrgeizige Pläne zur Förderung des Tourismus, unter anderem mit der Schaffung von „Special Tourism Zones“, Freihandelszonen für Tourismus.
Immobilienspekulanten und die Unterhändler reicher Geschäftsleute durchziehen derzeit die Küstengemeinden der indischen Bundesstaaten Kerala und Tamil Nadu an der Südspitze Indiens und unterbreiten den Fischern verlockende Angebote zum Verkauf ihrer Häuser. Angesichts des boomenden Tourismus ist Land in Küstennähe gefragt. Bürgerrechtsbewegungen und Nichtregierungsorganisationen erhalten immer mehr Klagen von Fischern, die ihr Anwesen verkauft und zu spät bemerkt haben, dass die Immobilienpreise auch im Hinterland massiv gestiegen sind. Für den vermeintlich hohen Erlös aus dem Hausverkauf können sie sich keine vergleichbare Existenz mehr aufbauen. Zudem wird ihr Weg zu ihrer traditionellen Erwerbsquelle am Strand immer länger, und wo Hotels gebaut werden, haben sie oft gar keinen Zugang mehr. Die Immobilienhändler schrecken auch nicht davor zurück, KüstenbewohnerInnen mit Schauergeschichten von bevorstehenden Tsunamis in Angst zu versetzen, um sie zum Landverkauf zu bewegen. „Tourismus bringt nicht Reichtum, sondern Armut in die Gemeinden und marginalisiert sie“, moniert Sumesh Mangalassery, Kampagnenkoordinator der tourismuskritischen Organisation Kabani aus Kerala, in seiner Stellungnahme zum Welttourismustag vom 27. September, der dieses Jahr von der UN-Welttourismusorganisation unter das Motto „Tourism Enriches“ gestellt worden war. Dabei appelliert er an die neue Regierung des Bundesstaates, die vitalen Interessen der Menschen in Tourismusgebieten zu schützen. Diese hat allerdings bereits angekündigt, dass der Tourismus auch in „God’s own country“, wie Kerala gern genannt wird, der aktiven Förderung bedarf und dies mit der Einrichtung von Sonderzonen für Tourismus geschehen soll. Wie in den Freihandelszonen, von denen es in Indien bereits rund 150 gibt und weitere 200 geplant sind, sollen in den „Special Tourism Zones“ privaten Investoren Steuerbefreiung und weitere Konzessionen gewährt werden. Davon verspricht sich die Regierung einen Ansturm von kapitalkräftigen Anlegern auf die Küstengebiete von Kerala. Das aber dürfte den Druck auf die Fischergemeinden nur noch erhöhen.
Quellen: www.kabani.org 25.09.06, 22.02.06, www.kabani.org; www.travelindustryreview.com 21.09.06; siehe auch akte-Kurznachrichten 2/2006