Seit die traditionellen BewohnerInnen der hügeligen Waldgebiete im Nordosten Bangladeshs – Angehörige der Adivasi-Stämme Khasi und Garo – vor knapp elf Monaten aus einer Zeitschrift erfahren mussten, dass die Regierung in ihrem Lebensraum einen touristischen „Eco-Park“ verwirklichen will, hat sich eine landesweite Protestbewegung formiert, die sich für ein Mitspracherecht der betroffenen AnwohnerInnen stark macht. Das „National Forum of Indigenous Peoples in Bangladesh“ sowie zahlreiche Indigenen-Organisationen, PolitikerInnen, Intellektuelle und JournalistInnen bemängeln, dass die betroffenen 1’000 Khasi- und Garo-Familien in der Planung nie konsultiert worden seien, obwohl das Tourismusprojekt rund 1’500 Morgen Waldland umfasst, das die Adivasi als ihr Ahnenland und ihren rechtmässigen Lebensraum betrachten. Die zuständige Forst- und Umweltbehörde dagegen stellte sich auf den Standpunkt, dass die sieben betroffenen Adivasi-Dörfer keinen rechtlichen Anspruch auf das Land hätten. Die als illegal erklärten BewohnerInnen, die ihren eigenen Angaben zufolge seit 1974 Landsteuern bezahlen, befürchten nun die Zwangsvertreibung. Anlässlich eines Hungerstreiks in Dhaka appellierte Anil Yang Yung, Führer der Khasi aus dem Distrikt Moulvibazar, Ende Februar 2001 an die Regierung: „Dies ist unser Land. Wir leben hier seit Hunderten von Jahren. Die Kultivierung von Betel ist unsere Lebensgrundlage. Wir werden diesen Wald nicht verlassen, denn wir können nicht überleben, wenn wir im Namen des ‚Eco-Parks’ vertrieben werden. In Demut bitten wir unsere Regierung, dieses Land in unserer Pflege zu belassen. Wir werden Sorge dazu tragen und das Land erhalten.“
Tatsächlich sehen die Khasi und Garo nicht ein, wieso das zwei Millionen US Dollar teure Ökotourismusprojekt ausgerechnet auf ihrem angestammten Land realisiert werden soll, wenn doch in unmittelbarer Nähe genügend Staatsland zur Verfügung stünde. Zudem – so argumentieren sie – könnten viele degenerierte Waldgebiete der Umgebung Aufforstungs- und Naturschutzprogramme viel dringender gebrauchen als ihr eigener artenreicher Lebensraum. Zwar sicherte Premierministerin Sheikh Hasina den Adivasi-VertreterInnen Anfang April 2001 mündlich zu, dass keine Indigenen durch den Park vertrieben würden; vielmehr würden sie in das Projekt integriert. Doch die AnwohnerInnen hätten keine Lust wie Tiere im Zoo für TouristInnen zu posieren, erklärt Pidisen Pradhan Suchiang vom „Greater Sylhet Aborigine Forum“. Dessen ungeachtet legte der Vorsteher des Forst- und Umweltministeriums am 14. April 2001 unter grossen Protesten die Grundsteine für die zwei neuen Öko-Parks in Murarichhara und Madhabkunda, die innerhalb der nächsten drei Jahre nahe der bekannten Wasserfälle gebaut werden sollen. Die Behörde argumentiert, dass sie mit den Parks die biologische Vielfalt und das ökologische Gleichgewicht der Waldgebiete schützen sowie neue Einnahmequellen für die Lokalbevölkerung schaffen wolle. Recherchen verschiedener Zeitungen Bangladeshs legen eine andere Interpretation nahe: Der „Daily Star“ berichtete am 16. März 2001, dass knapp 70 Prozent des Projektbudgets für den Ausbau der Infrastruktur, für Löhne, Ausrüstung und Transport vorgesehen seien. Wenig Geld bliebe da für Aufforstung und den Schutz der Biodiversität. Andere Zeitungen berichteten, dass für die Errichtung der Parks rund 1’500 Morgen Waldland gerodet, Strassen gebaut und Hügel abgetragen werden sollen. Zur Zeit liegen die Arbeiten still, denn das Budget für das Regierungsprojekt ist bis zu den Neuwahlen Anfang Oktober 2001 eingefroren. Danach wird die neue Regierung mit den Bauarbeiten beginnen, befürchtet die Opposition, die sich selbst als Demokratiebewegung versteht. Falls die Regierung nicht davon abrücke, einen „Eco-Park“ auf Adivasi-Land zu bauen, würden weitere Hungerstreiks folgen und eine Klage vor dem Höchsten Gericht eingereicht, erklärt Sanjeeb Drong vom „National Forum of Indigenous Peoples in Bangladesh“ Mitte September gegenüber akte.
„Die wahren Ziele der sogenannten ‚Eco-Parks’ bestehen darin, Angehörige ethnischer Minderheiten von ihrem Land zu vertreiben und öffentliche Gelder in die Kasse des Baugewerbes zu transferieren – was Hand in Hand geht mit einer ökologischen Zerstörung“, ist die „Bangladesh Landless Association“ überzeugt. „Künftig müssen wir damit rechnen, dass das Land privatisiert und die Tourismusinfrastruktur zu Schleuderpreisen an den Privatsektor verkauft wird.“ Die für „Eco-Parks“ vorgesehenen Waldgebiete in Bangladesh sind gemäss der Landlosen-Organisation seit Jahrhunderten der traditionelle Lebensraum all jener offiziell nicht anerkannten Minderheiten Bangladeshs, die weder bengalisch-stämmig seien noch der Staatsreligion Islam angehörten. Unter dem Deckmantel der Erhaltung der Biodiversität würden Wälder erschlossen, ausgebeutet und zerstört. „Der Kampf zum Schutze der Wälder ist gleichzeitig ein Kampf für die Rechte der Minderheiten unseres Landes.“/frei

Quellen: The Daily Star, 24.11.2000, 16.3., 14.4. und 1.6.2001; „Why Eco-Park on Khasi and Garo Ancestral Land?“ von Sanjeeb Drong, Juli 2001; The Independent, 8.6.2001; Interview mit Sanjeeb Drong, 15.9.200; Informationen unter: http://workerspower.com/wpglobal/bangladeshLA.html und www.omiobcom.org/homenews/bangladesh.htm