Indonesien: Proteste gegen Tourismusausbau
"Wir wollen nicht, dass Bali zum Vergnügungspark der Welt verkommt", meinte der Hindupriester Ibu Gedong Bagoes Oka Anfang April anlässlich einer Protestkundgebung gegen das Tourismusprojekt Bali Nirwana, das in unmittelbarer Nähe des berühmten Tempels Tanah Lot an der Südküste realisiert werden soll. Hier plant die indonesische, unter anderem auch auf dem Grundstückmarkt tätige, Bakrie-Gruppe zusammen mit der zu 80 Prozent beteiligten britischen Firma Timeswitch International Ltd. auf 121 Hektaren ein 300-Zimmer Meridien Hotel, 156 Villen und 380 Ferienwohnungen sowie einen 18-Loch-Golfplatz. Seit Herbst 1993 häuften sich die Proteste, StudentInnenorganisationen und prominente AkademikerInnen unterstützten den Widerstand der lokalen Bevölkerung. Zum ersten Mal nach den anti-kommunistischen Massakern 1965-66 protestierten BalinesInnen gegen die Pläne der Regierung. Ende April 94 setzte sich Präsident Suharto persönlich für einen Kompromiss zwischen den beiden Konfliktparteien ein. Der Bakrie-Gruppe konnten zwar nur minimale Zugeständnisse abgerungen werden, beispielsweise den kostenlosen Wiederaufbau der Familientempel, die der geplanten Golfanlage weichen müssen. BeobachterInnen sind jedoch der Meinung, dass der Widerstand gegen das Bali Nirwana Projekt nicht ohne Auswirkungen bleiben wird. Bei der Verwirklichung von Tourismusprojekten müsse auf Bali zukünftig vermehrt mit Protesten der Bevölkerung gerechnet werden.
1993 besuchten rund 3,4 Millionen ausländische Gäste Indonesien, bis 1998 sollen es doppelt soviele sein. Um dieses Ziel zu erreichen, rührt Indonesien heftig mit der Werbetrommel. Diese Aufgabe des neu gegründeten Tourismusamts wird unter anderem auch mit Steuergeldern finanziert. Allein in den vergangenen fünf Jahren ist die Zahl der Hotelzimmer internationalen Standards von 31’550 auf 50’583 gestiegen. Nebst Projekten auf Bali sind weitere Tourismuszentren, zum Beispiel auf Lombok geplant.
Bereits 1980 empfahl eine Studie des UNO-Entwicklungsprogramms (UNDP) den Tourismusausbau auf Lombok; die eigentliche Förderung setzte erst 1986 ein und rief gleichzeitig auch KritikerInnen auf den Plan, die ein zweites Bali verhindern wollten. Anlässlich des internationalen NGO-Forums über Entwicklung in Indonesien, das vom 22. -24. April 1994 in Paris stattfand, stellte die indonesische Nicht-Regierungs-Organisation Koslata (Area Study and Environmental Tourism Group) die Ergebnisse einer Untersuchung über die Auswirkungen der Tourismusentwicklung auf Lombok vor. Gemäss des Berichts entzünden sich die Mehrheit der Konflikte an Landrechtsfragen. Zwangsumsiedlungen sind gang und gäbe, Bauern und Fischer verlieren ihre Subsistenzgrundlage, werden, wenn überhaupt, für den Verlust nur minimal entschädigt. Entgegen den Behauptungen der Tourismuspromotoren finden Einheimische kaum eine Anstellung im Tourismus. Eine Befragung im wichtigsten Tourismuszentrum von Lombok, in Senggigi, zeigt: In den über zehn Hotels arbeiten nur gerade zwei Einheimische als Hotelgärtner.
Andernorts ist die lokale Bevölkerung der Konkurrenz kapitalkräftiger Investoren hoffnungslos ausgeliefert. um Beispiel auf der kleinen Insel Gili Terawangan, wo rund 150 Familien kleine Gästehäuser gebaut und von einem bescheidenen Tourismus gelebt haben. Sie wurden im Herbst 1993 von einem Grossinvestor brutal vertrieben.
Koslata versucht immer wieder mit Hilfe der Anwaltsgemeinschaft LBH (The Legal Aid Foundation) die Interessen und Rechte der betroffenen Bevölkerung zu verteidigen. Manchmal, wie im Fall von Sekaroh gelingt dies: Die Betreiber des Tourismuskomplexes der vertriebenen Bevölkerung zumindest eine Ausbildung und Anstellung im Feriendorf versprechen.
Angesichts der ehrgeizigen Ausbaupläne der indonesischen Regierung und den lukrativen Investitionsschancen für in- und ausländische Tourismusunternehmen befürchten kritische NGOs, dass Landrechtskonflikte künftig zunehmen.
Far Eastern Economic Review, April 28, 1994; May 26, 1994; June 16, 1994; Iwan Mucipto, Development for whom? The Tourism Industry in Lombok, Indonesia, International NGO Forum on Indonesia Development, 22-24 April 1994, Paris/gf