2017 wurde von der UNO Generalversammlung zum "International Year of Sustainable Tourism" deklariert. Seltsamerweise liest man darüber kaum irgendwo etwas. "Ökotourismus" wird vielfach noch als Nische belächelt, es ist schnell die Rede von "Freaks".
Dabei ist doch "Sustainability", also Nachhaltigkeit, eines der wichtigsten Themen unserer Zeit. Seit Jahren gibt es viele Diskussionen rund um Schadstoff-Emissionen und Klimaveränderungen, und zahllose Reisende geben an, dass Umwelt und Ethik eine wichtige Rolle in ihrem Buchungsverhalten spielen. Die Realität ist allerdings eine andere: Gerade mal 4 Prozent – wenn überhaupt – der Flüge weltweit werden mit Klimakompensationszuschlägen verkauft. Im Massentourismus ist der tiefe Preis wichtiger als der hohe CO2-Ausstoss. Wobei das Dilemma der nachhaltigen Mobilität auch umweltbewusste Reisende trifft: Die Reise zum Ökohotel am Ende der Welt erfolgt in der Regel mit Flugzeug und Auto.
Trotz all dem macht sich Nachhaltigkeit in unserem Alltag breit. Wir hören auf, Plastiksäcke beim Einkauf zu benutzen, wir rezyklieren alles und fahren Hybrid-Autos. Warum dieses Verhalten nicht auch auf unser Reiseverhalten übertragen? Der Mehrfachgebrauch der Frottéetücher im Hotel-Badezimmer ist längst selbstverständlich. Doch gibt es wirklich nachhaltige Reisemöglichkeiten?

Etikettenschwindel statt echtem Engagement

Bei vielen Reiseveranstaltern, Airlines oder Mietwagenfirmen sind in Zeiten knapper Margen und brutaler Konkurrenz ökologische Aspekte ein Nebenschauplatz. Da aber ein Trend zu nachhaltigem Reisen ausgemacht werden kann, wird gerne etwas Etikettenschwindel betrieben. Es gibt eine Vielzahl irgendwelcher Öko-Labels und (oft kostspieliger) Zertifizierungen, die zwar gut klingen, aber kein derartiges Vertrauen beim Konsumenten geniessen, dass sie auf breiter Basis als entscheidendes Buchungskriterium hinhalten könnten. Oder wir hören von Airlines, welche mit alternativen Treibstoffen Flugtests betreiben. Eines Tages werden fossile Brennstoffe nicht mehr primärer Energielieferant in der Fortbewegung sein. Bis zu jenem Tag sind Meldungen über einen geglückten Flug mit Treibstoff aus Rapsöl aber nur PR.
Eine echte Lösung wäre, eine Art Fairtrade-Label im Tourismus zu haben, welches analog dem Fairtrade bei Konsumgütern wirklich garantiert, dass die gesamte Wertschöpfungskette vom Produzenten über den Vermittler bis zum Verkäufer nachhaltig, fair und ökologisch arbeitet. Das ist aber noch in weiter Ferne.

Nachhaltiger Tourismus lohnt sich aus Unternehmersicht

Wenn der Dienstleistungssektor sich nicht hinter diesem Ziel einen kann, obliegt es also einzelnen Unternehmen, ihren Beitrag zum nachhaltigen Reisen zu leisten. Besonders im Hotelsektor hat sich bereits vieles getan – es gibt immer mehr Hotels und Lodges, welche nachvollziehbar nachhaltig wirtschaften.
Das Wichtigste ist aber, den nachhaltigen Tourismus aus der belächelten Ecke zu holen. Nachhaltiger Tourismus ist ein gewichtiger Player der Branchenzukunft. Die Nische wächst. "Digital Detox", naturnahe Erlebnisse und Authentizität sind echte Buchungstreiber, dafür wird immer mehr Geld ausgegeben. Mit dem Wachstum der Nachhaltigkeits-Efforts bei Migros oder Coop sowie in zahlreichen anderen Konsumgüterbranchen wird die Frage, ob man bei seinen Ferien auch einen Beitrag für eine gesündere Welt leisten kann, immer öfter gestellt werden. Es wäre gut, wenn die Reisebranche dafür gewappnet ist und es schafft, dass "nachhaltig" nicht zwingend mit "teuer" gleichzusetzen ist. Und vor allem, dass die Branche merkt, dass mit nachhaltigem Tourismus gutes Geld verdient werden kann. It pays to be green.