Rezension und Empfehlung von Literatur glObal, Arbeitsgruppe Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika - EvB

(Dime algo sobre Cuba, 1998. Aus dem Spanischen von Klaus Laabs)
Piper Verlag, München 2001
301 S., Fr. 36.-
ISBN 3-492-04208-2

Sechs Tage lang sitzt Stalin Martinez auf der Dachterrasse seines Bruders in Miami. Der Sonne, dem Wetter und dem Hunger ausgesetzt soll er das Aussehen eines Flüchtlings erlangen, der sich auf einem Floss von Kuba über das Meer in die USA hat treiben lassen, damit er eine Flucht als Bootsflüchtling vortäuschen kann. In Wahrheit ist er über Mexiko in die Staaten geflogen.
Nein, ein Held ist Martinez wirklich nicht. Während der sechs Tage auf dem Dach erinnert er sich an sein bisheriges Leben in Kuba. So vieles ist schief gelaufen. Schon immer war er ein mittelmässiger Zahnarzt, der sich gegenüber seiner Chefin nicht durchsetzen konnte. Seine Frau fand einen Liebhaber. In Folge einer Bootsentführung, in die er versehentlich geraten war, gelangte er schon früher einmal nach Miami. Stolz kehrte er freiwillig nach Kuba zurück und brachte im Fluggepäck ein Fahrrad mit. Dieses wurde ihm aber bald gestohlen. Beim Versuch, sich zu wehren, brach er sich die Hand. Irgendwie ist er schon immer handicapiert gewesen.
Gelingt ihm die vorgespielte Flucht? Kann er endlich auf eigenen Füssen stehen? Das Ende bleibt offen, ebenso die Frage, wohin er eigentlich gehört. Vieles bindet ihn an Kuba und an die Menschen seiner dortigen Umwelt. Gleichzeitig träumt er von einem phantastischen Le-ben in den USA.
Eindrücklich ist die Schilderung, wie sich einer im alltäglichen Kram durchschlägt und immer von anderen abhängig ist. Das Buch ist ein Genuss, leicht und spannend zu lesen und bietet ein farbiges Bild des kubanischen Lebens.

Michael Schwarz

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