Ende Januar erliess das kambodschanische Tourismusministerium ein Verbot, in Bars oder in der Öffentlichkeit nackt und halbnackt zu tanzen. Immer mehr Nachtclubs boten in der Hauptstadt Phnom Penh Stripteasevorführungen mehrheitlich von thailändischen und vietnamesischen Tänzerinnen an, die – so fürchteten die Behörden – Kambodschas Ruf festigten, ein zweites „Sexparadies Thailand“ zu werden. Anlässlich des internationalen Frauentages vom 8. März veranstalteten Frauengruppen einen Protestmarsch durch Bars und Bordelle des Vergnügungsviertels, um Prostituierte aufzufordern, für diesen Tag die Arbeit niederzulegen. Unterstützt wurde die Aktion auch vom Staatssekretariat für Frauenfragen, dem ironischerweise ein Mann vorsitzt. Der besorgniserregende Anstieg der Prostitution in Kambodscha steht im direkten Zusammenhang mit der Präsenz der Untac-Truppen (United Nations Transitional Authority in Cambodia): Die Ankunft der 20’000 UNO-Blauhelme ab Mai 92 löste eine Migrationswelle von thailändischen, vietnamesischen aber auch Khmer-Frauen aus ländlichen Gebieten in die Militärstützpunkte aus. Auf eine Klage von offizieller Seite liess der Untac-Befehlshaber Akashi Yasushi lapidar verlauten: „Boys will be boys“ – es sei völlig natürlich, dass die heissblütigen jungen Soldaten den schönen Frauen nachstellten. Regierungskreise und NGOs zeigen sich nicht nur über den Zerfall der traditionellen Werte und der Würde des Landes besorgt; alarmierend sind vielmehr auch die jüngst veröffentlichten Aidszahlen. Noch weiss die Bevölkerung kaum etwas über Aidsrisiken und -prävention; Kondome sind kaum erhältlich und ihr Gebrauch gerade auch bei Prostituierten völlig unüblich. Die rapide steigenden Aidsinfektionsraten bewirken auch in Kambodscha eine Verlagerung auf die Kinderprostitution bzw. die zunehmende Nachfrage nach jungen, möglichst noch jungfräulichen Mädchen.

The Nation Bangkok 23.11.93, The Economist 5.2.94, 15.1.94, Phnom Penh Post 11.-24.2.94, Phnom Penh Post 25.2.-10.3.94/cp