Die aussergewöhnlichen schwimmenden Dörfer sowie das der Natur angepasste Leben faszinieren und stimmen anderseits auch nachdenklich. Der Tonle Sap ist der grösste See Südostasiens und liegt zwischen Siem Reap und Phnom Penh. Einmal pro Jahr ist ein einzigartiges Naturphänomen zu beobachten. Während des Monsunregens führt der Mekong viel mehr Wasser als in trockenen Monaten. Das Wasser des Mekong drängt in den Tonle Sap Fluss und dieser wechselt die Fliessrichtung. Das Becken des Tonle Sap füllt sich. Im November dreht der Wasserlauf erneut und das Wasser fliesst ab. Zurück bleibt fruchtbarer Schlamm auf den Feldern, welcher grossflächig den Anbau von Reis ermöglicht. Die heimische Bevölkerung hat sich dem Naturphänomen angepasst und eine einzigartige Lebensweise entstand.
Von lebenswichtiger Frischwasserzufuhr abgeschnitten
Trotz schönen Beschreibungen in Reiseführern über eine faszinierende Lebensweise, sind auch immer wieder Umweltverschmutzung, Überfischung, Massentourismus und Einflüsse von Nachbarländern ein Thema. Herr Michael Scholten, General Manager von Lolei Travel meint zur touristischen Übernutzung, dass für die Bevölkerung das Überleben zählt. So ist es ihnen zu gönnen, wenn sie einige Dollars durch den Tourismus verdienen können. Düsterer sieht Herr Chim Sopheap, Ecotourism Manager von Osmose (siehe Anmerkung am Ende des Texts) die Zukunft. Ihre Bemühungen zum Umweltschutz durch die Bevölkerung sieht er als kurzfristige Investition. Ihr Bestreben besteht darin, der armen Bevölkerung auf dem See ein gesünderes Leben zu verschaffen, indem Wasserfilter verteilt werden. Das Problem des Sees ist vor allem die industrielle Überfischung, sowie die Staudämmen im Oberlauf des Mekongs. Diese werden von China und den Nachbarstaaten Laos, Thailand und Vietnam gebaut und so verringert sich die Wasserzufuhr des Sees. Die natürliche Umkehrung des Wasserlaufes und die lebenswichtige Zufuhr von Frischwasser vom Mekong werden nicht mehr möglich sein, ein Sinken des Wasserstandes ist unaufhaltsam.
Augenschein von zwei gegensätzlichen Dörfern
Der erste Tag auf dem See führt uns zum Dorf Chong Kneas, welches als Tourismusmagnet angepriesen wird. Ein Boot bringt uns mit vielen weiteren Touristen auf den See. Je länger die Flussfahrt dauert, desto mehr kleine Boote mit Einheimischen und Kindern fahren uns nach. Die Kinder versuchen mit allen Mitteln einige Dollars von den Touristen zu ergattern und so auch noch ihren Anteil am Massentourismus ab zu bekommen. Im ganzen Trubel gehen die schwimmenden Häuser, die sich um uns befinden, unter. Auch von der faszinierenden Lebensweise ist nichts zu spüren. Die Fahrt ist einfach nur zermürbend und die Armut ist allgegenwärtig. Wir sind froh, als die Rückfahrt angetreten wird. Leider hat sich auf dem Fluss aber ein regelrechter Verkehrsstau gebildet und flussauf- und abwärts fahrende Boote geraten ins Stocken bis der Verkehr ganz zum erliegen kommt. Gefühlte Stunden später erreichen wir wieder den Bootspier.
Der zweite Tag führt uns ins Dorf Kampong Khleang, eine Alternative zum touristisch stark geprägten Dorf Chong Kneas. Wieder bringt uns ein Boot auf den See. Rechts und links stehen Pfahlbauten, die während des ganzen Jahres bewohnt werden. In aller Ruhe fahren wir auf dem See um die schwimmenden Häuser, ab und zu kreuzen wir Fischer, welche ihren Fang vom Morgen nach Hause bringen. Bettelnde Menschen sind keine da. Auf dem Rückweg besuchen wir eine Familie in einer einfachen Hütte direkt am Wasser. Die Leute arbeiteten fleissig, sie verdienen ihr Geld mit dem Fischfang, wie der grösste Teil der Bewohner am See. Der frisch gefangene Fisch wird verarbeitet und anschliessend für den Verkauf in Siem Reap abgepackt. Nach dem Besuch tuckern wir mit vielen beeindruckenden Erinnerungen zurück zum Bootssteg.
Ökologischer Kollaps droht
Eine Übernutzung ist vorhanden, jedoch ist nicht die touristische vordergründig. Ein Dorf wie Chong Kneas wurde dem Massentourismus geopfert und die Authentizität zerstört. Die Lebensader Tonle Sap ist jedoch trotzdem bedroht, der See ist verschmutzt und stark überfischt. Staudämme, die im Oberlauf des Mekongs gebaut werden durch die Nachbarstaaten, bedeuten den ökologischen Kollaps für den Tonle Sap. Das ökologische Gleichgewicht wird zerstört, die Umkehrung des Wasserlaufes wird einst unmöglich sein und der Wasserpegel sinkt stark. So geht der Arbeits- und Wohnraum der Dorfbewohner kaputt, Flora und Fauna verlieren die Lebensgrundlage und Kambodschas Lebensader und Speisekammer wird zerstört.
Die Nichtregierungsorganisation Osmose setzt sich für die Erhaltung und den Schutz des Lebensraumes um und auf dem Tonle Sap See ein. Sie fördert humanitäre Projekte, die einen Nutzen für die Umwelt bringen, und bietet ökologische Ausflüge an. Mehr Informationen unter www.osmosetonlesap.net.


Studierende der Höheren Fachschule Tourismus Luzern recherchierten in Kambodscha
Im Rahmen ihrer zweijährigen Ausbildung absolvieren die Studierenden der Höheren Fachschule Tourismus (HFT) Luzern vier Intensivseminare an touristischen Destinationen. Ziel dieser Veranstaltungen ist Vertiefung des Unterrichtsstoffs und dessen Verknüpfung mit der Praxis des internationalen Reisegeschäfts. Im April/Mai 2011 nahmen 60 AbsolventInnen der beiden HFT-Abschlussklassen das kambodschanische Tourismuszentrum Siem Reap mit den berühmten Tempelanlagen von Angkor, den Tonle Sap und die Hauptstadt Phnom Penh in Augenschein. Während des Intensivseminars erarbeiteten sie in Zweier- oder Dreierteams Medienartikel zu vorher gewählten touristischen Themen.
Die Herausforderungen an die TeilnehmerInnen waren vielfältig: Binnen kurzer Zeit mussten sie in einer ungewohnten, anderssprachigen Umgebung und Kultur komplexe Themen recherchieren. Nicht zu unterschätzen waren die emotional aufwühlenden Eindrücke aufgrund der teils erschreckenden Armut und der sichtbaren Wunden eines von Krieg und Völkermord geschundenen Landes.
Herausgekommen ist eine Reihe unterschiedlicher Beiträge über Kambodscha, welche sowohl für Tourismusfachleute als auch für alle interessant sind, die eine Reise nach Kambodscha planen oder die dieses faszinierende Land bereits kennen. Der obige Beitrag ist die Kurzversion einer der während des Kambodscha-Intensivseminars der HFT entstandenen Arbeiten. Weitere Artikel können hier abgerufen werden.