Kein Platz an der Sonne
Basel, 05.11.2012, akte/ Etwa 430’000 Schwedinnen und Schweden besuchten letztes Jahr Thailand. Die thailändischen Hotelangestellten sind durch das geltende Arbeitsgesetz relativ gut geschützt. Anders sind die Bedingungen für ausländische Arbeitskräfte, oft MigrantInnen aus Burma, die in einigen Ferienresorts rund die Hälfte der Hotelmitarbeitenden ausmachen. Für sie scheinen die Mindestlöhne und Arbeitszeitgesetze nicht zu gelten. Sie leisten unbezahlte Überstunden, haben keine Ferien oder Krankheitsentschädigungen und sind nicht unfallversichert. Auch Kinder packen mit an und leisten zu noch geringeren Löhnen härteste Arbeit.
Noch nie sind so viele SchwedInnen in die Türkei gereist wie letztes Jahr: Das Land verzeichnete 524’000 schwedische BesucherInnen. Auch hier gibt es gute Gesetze zum Schutz der Arbeitnehmenden – die oft und gern missachtet werden. Die meisten Angestellten arbeiten in prekären Verhältnissen: Als Zeit- und SaisonarbeiterInnen, oft illegal, ohne Arbeitsvertrag, ohne Versicherungen, schutzlos der Ausbeutung ausgeliefert. Arbeitnehmende aus Ländern wie Russland, der Ukraine und Indonesien ebenso wie Kurdinnen und Kurden aus der Osttürkei werden diskriminiert. Ein weiteres Problem ist die Ausbeutung junger Menschen in sogenannten Praktikumsstellen: "Wir arbeiten zehn Stunden pro Tag ohne Kompensation für die Überzeit, während ein normaler Angestellter acht Stunden arbeitet. Wir dürfen nicht einmal für das Mittagessen eine Pause machen, und unser Chef sagt, dass wir nicht frei nehmen dürfen, ausser wenn wir sterben. Hätte ich gewusst, dass der Job so hart ist, hätte ich ihn niemals angenommen", sagt eine junge Person im Interview, die in einem Partner-Hotel von einem der grössten Reiseveranstalter Schwedens ein Praktikum absolviert.
Schon vor vier Jahren publizierte Schyst Resande eine Studie zu den Arbeitsbedingungen in den Partnerhotels der wichtigsten Reiseveranstalter Schwedens sowie in deren Zulieferbetrieben. Damals wurden miserable Arbeitsbedingungen in Thailand und Brasilien festgestellt. In der Zwischenzeit haben einige Hotels das Travelife-System eingeführt, ein brancheninternes System zur Überprüfung der Partner-Hotels auf die Einhaltung grundlegender Sozial- und Umweltstandards sowie deren Zertifizierung in drei Stufen (Bronze, Silber und Gold). Doch es ist offensichtlich: Die Reiseveranstalter sind noch weit davon entfernt, für akzeptable Arbeitsbedingungen entlang der ganzen Wertschöpfungskette zu sorgen. Schlimmer noch: Während der Studie wurden übelste Menschenrechtsverletzungen aufgedeckt. Wichtiger Teil der Studie sind die Interviews mit 83 Angestellten in 37 verschiedenen Hotels sowie mit Angestellten von Zulieferern wie Bauunternehmen oder Wäschereien sowie von Nichtregierungsorganisationen und Behörden. Die aktuelle Studie setzt die kritische Begleitung von Reiseveranstaltern in ihren Bemühungen fort, sozialverantwortlicher zu wirtschaften, und unterstützt sie mit Empfehlungen.