Nach der langen Leidensgeschichte der Alpenkonvention kommt der Entscheid nicht wirklich überraschend. Trotzdem ist kaum zu verstehen, weshalb sich die Schweiz so vehement dagegen wehrt, sich für eine gemeinsame Entwicklung im Alpenbogen einzusetzen. Das Nicht-Eintreten auf die Behandlung eines überfälligen fast zehnjährigen politischen Geschäfts kommt damit einer Arbeitsverweigerung gleich. Denn mit den von der Gegnerschaft vorgetragenen Argumenten lässt sich nicht rational begründen, weshalb die Schweiz ihre Kernkompetenzen und guten Kontakte nicht nutzen und in eigenem Interesse Wissen und Erfahrungen verbreiten will. Unser Land stellt sich so ins Abseits.
Zum Schaden der Randregionen
Ganz offensichtlich sind die Werte, die der alpine Tourismus pflegt, das Marketing für den Alpenraum braucht und die Bewohner des Alpenraums auch mehrheitlich leben nicht im Parlament angekommen: Während Nachhaltigkeit aktiv gesucht, gelebt und teilweise auch erfolgreich verkauft wird, verharrt die Mehrheit des Parlaments in der Ideologie einer Trennung von Ökonomie und Ökologie. Diese Haltung einer Mehrheit der Parlamentarierinnen und Parlamentarier ist ein Votum gegen die Menschen im Berggebiet: Den heuchlerischen und mutmassenden Argumenten von Wirtschaftsverbänden folgend soll auf Kosten der wirtschaftlich bereits benachteiligten Randregionen erneut gespart werden. Dies widerspricht klar den Zielsetzungen des Vertragswerks der Alpenkonvention, welches für die lokale Bevölkerung nachhaltige Entwicklungsmöglichkeiten in einer intakten Umwelt fordert. 
Schweiz muss Farbe bekennen
Der Entscheid ist äusserst ärgerlich und kann im Ausland nur Unverständnis hervorrufen. Der durch die sture Haltung des Nationalrats verursachte Imageschaden ist beträchtlich. Für die CIPRA bedeutet dies: Ihre Stimme ist nötiger denn je. Basierend auf der Rahmenkonvention ist die Umsetzung der gemeinsamen, alpenweiten Ziele voranzutreiben. Wir fordern den Bundesrat daher auf, während des Alpenkonventions-Präsidiums der Schweiz in den Jahren 2011-2013 aktiv die Umsetzung einer nachhaltigen Alpenpolitik zu prägen. Die Alpenkonvention bietet eine ideale Plattform, um alpenweite politische Geschäfte aufzugleisen: Zum Beispiel die Umsetzung des Klima-Aktionsplans, eine Offensive zur Erhebung der ökologischen Qualität der Gewässer und der Sanierungspotenziale von Wasserkraftwerken, ein länderübergreifendes Verkehrsmanagementsystem (wie die Alpentransitbörse) oder eine gemeinsame Strategie zur Förderung schonender Tourismusangebote. Sonst bringt sich unser Land um jede Legitimation, in einer alpenweiten Politik Forderungen stellen zu können.

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Commission Internationale pour la Protection des Alpes CIPRA
Die CIPRA Schweiz wurde Ende 1997 als gemeinnütziger Verein gegründet. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf dem Schutz der alpinen Natur und Landschaft und darauf, zukunftsweisende Gesellschaftsstrukturen sowie eine nachhaltige Wirtschaftsweise in den Alpen zu fördern. Dank des Meinungsspektrums der einzelnen Vertreterinnen und Vertreter der Mitgliedsorganisationen vereinigt sich in der CIPRA Schweiz ein breitgefächertes alpenpolitisches Know-how. Die Bearbeitung von Querschnittsthemen wie Alpenkonvention, Tourismus und
Regionalpolitik gehört deshalb zu den Kernkompetenzen.
Folgende Organisationen sind Mitglied der CIPRA Schweiz: Alpen-Initiative; GrimselvereinNaturfreunde Schweiz (NFS), Mountain Wilderness Schweiz, Pro Natura, Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Natur und Heimat (Rheinaubund); Schweizerische Greina-Stiftung, Schweizerischer Alpenclub SAC, Schweizer Heimatschutz, Schweizer Vogelschutz(SVS), Stiftung Landschaftsschutz Schweiz SL, Verkehrsclub der Schweiz (VCS), WWF Schweiz, Fondazione Uomonatura